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Wer nie die Wahrheit sagt

Wer nie die Wahrheit sagt

Titel: Wer nie die Wahrheit sagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Woche Zeit, sich zu erholen.‹
    ›Nein, Russell. Ach, da ist ja Dr. Larch. Hallo, Doktor, kommen Sie nur herein. Dr. Rossetti wollte gerade gehen.‹
    Savich war fuchsteufelswild, als Lily ihre Geschichte beendete, aber sie lachte bloß. »Kein Grund, ihm das Fell über die Ohren zu ziehen, Dillon. Er ist ohne ein weiteres Wort gegangen. Dr. Larch hat sich nicht gerührt, bis er verschwunden war.«
    »Was ich nicht begreife«, sagte Sherlock nachdenklich, »ist, wieso sowohl Tennyson als auch Dr. Rossetti so unbedingt wollen, dass du seine Patientin wirst. Ist das nicht seltsam? Du machst Rossetti nichts als Ärger, und er will dich trotzdem?«
    »Ja«, sagte Savich langsam, »das ist wirklich seltsam. Mal sehen, was MAX zu Russell Rossetti zu sagen hat. Er wollte dir also gleich, auf der Stelle, ein Antidepressivum geben?«
    »Scheint so.«
    Als Lily im Auto saß, ein Kissen über Bauch und Rippen, den Gurt so lose wie möglich darüber, sagte Savich: »Ich habe jemanden für dich gefunden, Lily. Nein, kein Quacksalber, der dich mit Medikamenten voll pumpt, sondern eine Frau, die sehr viel Erfahrung mit Hypnose hat. Was hältst du davon?«
    »Hypnose? Ach Gott, sag bloß, sie kann mir helfen, mich an den Unfall zu erinnern?«
    »Ich hoffe es. Wäre zumindest ein Anfang. Vielleicht springt dein Gedächtnis dann ja sozusagen an. Da heute Sonntag ist, kommt sie eigens wegen dir in ihre Praxis.«
    »Dillon, ich glaube, ich habe gerade einen gewaltigen Energieschub gekriegt.«
    Sherlock hörte, wie sie leise zu sich selbst sagte: »Und jetzt erfahre ich endlich, ob ich wirklich verrückt bin oder nicht«.
    »O ja, ist das nicht toll?«, sagte Sherlock und tätschelte ihr die Schulter.
    »Na, dann auf nach Eureka.«
     
    Dr. Marlena Chu war eine zierliche kleine Eurasierin, die kaum alt genug aussah, um Alkohol trinken zu dürfen. Lily dagegen maß in ihren flachen Schuhen fast eins sechsundsiebzig, und sie fragte sich, wie sie jemandem vertrauen sollte, der ihr nicht mal bis zur Achsel reichte.
    Dr. Chu selbst öffnete ihnen die Tür, da am Sonntag sonst niemand da war. »Ihr Bruder hat mir erzählt, was passiert ist«, sagte sie. »Das alles muss sehr schlimm für Sie sein, Mrs. Frasier.« Sie nahm Lilys Hände in ihre viel kleineren und fügte hinzu: »Sie sollten sich setzen. Wie ich sehe, sind Sie noch sehr geschwächt. Möchten Sie ein Glas Wasser?«
    Ihre Hände fühlen sich warm an, dachte Lily; sie wollte sie gar nicht loslassen. Und ihre Stimme klang so herrlich beruhigend. Auf einmal war Lily viel ruhiger, und das kam ihr schon komisch vor. Auch schienen die hämmernden Schmerzen in ihren Rippen nachzulassen. Sie lächelte Dr. Chu an und klammerte sich an ihre Hände, als wären sie eine Rettungsleine.
    »Nein, danke, es geht mir gut. Na ja, ein bisschen müde bin ich schon.«
    »Also gut. Dann kommen Sie jetzt in mein Sprechzimmer und setzen Sie sich. Ich habe einen sehr bequemen Sessel und einen hohen Fußschemel, da wird bestimmt nichts ziepen. So, da wären wir.«
    Das Zimmer war quadratisch, die Möbel in sanften Blautönen gehalten, und der Boden bestand aus glänzendem goldbraunem Parkett. Abermals spürte Lily, wie sie von einer Welle der Ruhe und Gelassenheit erfasst wurde.
    »Kommen Sie, ich helfe Ihnen, Mrs. Frasier.«
    »Bitte nennen Sie mich Lily.«
    »Danke, das freut mich.« Sobald Lily im Sessel untergebracht war, zog sich Dr. Chu ihren eigenen Stuhl heran und ergriff Lilys linke Hand. Dr. Chu sah, wie Lily die Lider zufallen wollten, während sie sich sichtlich entspannte, und war zufrieden. Savich schob behutsam den Fußschemel unter die Füße seiner Schwester, und Dr. Chu merkte an Lilys Gesichtsausdruck, dass das Ziehen in ihrer Narbe nachgelassen haben musste. Sie musterte ihre Patientin. Zwar war sie blass, doch ihre Augen waren klar. Hübsche Augen, von einem sanften Blau, das gut zu ihren blonden Haaren passte. Eine bezaubernde junge Frau, aber das war im Moment unwichtig. Wichtig war, dass sie Probleme hatte. Und noch wichtiger: Sie saugte förmlich die Kraft in sich auf, die Dr. Chu ihr gab. »Lily ist so ein romantischer Name. Klingt wie leise Musik; man gerät dabei unwillkürlich ins Träumen.«
    Lily lächelte. »Er stammt von meiner Großmutter. Vielleicht bloß ein Zufall, aber sie hat die schönsten Lilien gezüchtet.«
    »Schon interessant, wie sich manche Dinge entwickeln, nicht?«
    »Ja, interessant, manchmal aber auch schrecklich.«
    »Das stimmt, aber hier

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