Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)
ihr schon bieten?«
Weiß bückte sich und hob das Bild von sich auf. Während er es ansah, schien er den lächelnden Ausdruck darauf imitieren zu wollen. »Sie sind ihr einfach nicht gewachsen.« Blume sah ihn an und dachte, er habe selten so einen Widerwillen gegen einen Menschen gehabt. »Sie sind ein Arschloch, Weiß. Und Emma wird Sie schnell durchschauen.« Dann drehte er sich zur Tür. »Ich finde den Weg allein. Sortieren Sie ruhig weiter Ihre Fotos.«
Samstag, 29. März.
Berlin, Alexanderplatz, Mitte
E s klingelte. Ein paar Mal kurz, dann Sturm. Emma rollte sich in ihrem Bett zusammen und zog das Kissen über die Ohren. Als es nicht aufhörte, strampelte sie sich aus der Decke und ging langsam zur Tür. Sie lehnte ihren Kopf an den Rahmen und drückte den Knopf der Gegensprechanlage.
»Was ist denn?«
»Emma, das Auto!« Khoys Stimme klang genervt. »Du wolltest es abholen! Um zehn kommt deine Familie am Bahnhof an!«
Emma öffnete die Haustür mit dem Summer, schob ihre Wohnungstür einen Spalt weit auf und ging zurück ins Bett. Bis Khoy bei ihr war, war sie schon wieder eingeschlafen.
»Emma!« Sie schlug gehorsam die Augen auf und gähnte. Khoy verzog das Gesicht.
»Komm, du musst dich waschen. Hier muffelt’s vielleicht!«
Er riss das Fenster auf, kalte Luft wehte herein. Emma zitterte und versuchte, sich wieder in die Decke zu wickeln, aber Khoy riss sie weg und schob Emma ins Bad.
Eine Viertelstunde später kam sie gewaschen und angezogen in das große Zimmer. Hier gab es eine Kochnische, einen Tisch am Fenster und ein braun gestreiftes Sofa vom Vormieter. Khoy hatte Kaffee aufgesetzt und war dabei aufzuräumen. Emma benutzte die Wohnung als Schlafstätte, ihre Sachen ließ sie einfach stehen und fallen. Zum Glück besaß sie kaum etwas.
Der Kaffee in der Espressokanne blubberte. Emma goss sich etwas in eine kleine Tasse mit Goldrand, Teil des Services, das Khoys Mutter ihr zu Weihnachten geschenkt hatte. Sie schloss die Hände wärmend um die Tasse, es war kalt im Raum. Wortlos sah sie Khoy bei seinen Bemühungen zu. Ich bin die einzige Frau in Berlin, die einen Punk zur Putzfrau hat, dachte sie und lächelte. Khoy kam zu ihr, nahm ihr die Tasse aus der Hand und trank einen Schluck.
»Warum gehst du eigentlich nicht mehr ans Telefon?« Sie zuckte mit den Schultern und sah zu, wie er einen Teelöffel Zucker in die kleine Tasse tat.
»Hier, trink mal, du brauchst jetzt ein bisschen Energie. Kommt am besten gleich zu uns rüber, dann mach ich euch was zum Frühstück.«
Emma nickte und trank den süßen heißen Kaffee. Khoy sah sie an und lächelte.
»Jetzt kriegst du ein bisschen Farbe. Du musst dich beeilen.«
Emma sah auf die Uhr. »Ich schaff es schon noch.«
Er hielt ihr den Schlüssel hin. »Ja, aber der Wagen steht im Halteverbot.«
Sie nahm den Schlüssel und küsste Khoy auf die Wange. Er nahm ihr Gesicht in beide Hände und sah sie an. »Alles okay mit dir?«
»Na klar.«
»Bist du nervös wegen deiner Mutter?«
»Nee, wieso denn?«
Khoy ließ sie los. »Keine Ahnung, du bist so komisch.«
Emma zog ihre Jacke an. »Quatsch.«
Khoy warf ein paar alte Zeitungen weg.
»Fahr schon mal los, ich mach hier noch weiter. Ich warte mit dem Frühstück drüben auf euch.«
»Danke Khoy.«
Er nickte, und sie ging zur Tür.
Berlin, Charlottenburg. Redaktion BerlinDirekt
B ente tippte die Themenliste in das Formular für die Schaltkonferenz. Noch während sie schrieb, ärgerte sie sich darüber. Sie machte doch schon die Leitung und hatte den Ü-Wagen-Dienst übernommen. Warum konnte niemand den Schreibkram erledigen?
Das Programm war gut, sie hatten gestern noch bis neun Uhr abends daran gesessen. Martin war wütend gewesen. Soll das jetzt immer so laufen, hatte er gefragt. Anna war mit einer Fünf in Französisch nach Hause gekommen, und Miriam hatte gestern Abend nach Alkohol gerochen. Und er musste alles alleine regeln. Sie war müde gewesen und hatte gesagt, ich verstehe dich, aber im Grunde war sie enttäuscht. Konnte er ihr nicht einmal nur eine Woche den Rücken freihalten?
Ihr Blick fiel auf Emmas Schreibtisch. Nach der Frühkonferenz am letzten Dienstag war sie einfach verschwunden und bisher nicht wieder aufgetaucht. Schulenburg hatte sie vor der versammelten Mannschaft gelobt, und sie hatte nur still dagesessen und kaum hochgeschaut.
Bente seufzte. Vier Tage, so lange war sie noch nie weggeblieben.
Kalle, der Ü-Wagen-Techniker, kam rein. Wortlos nickte er Bente
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