Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)
es doch selbst gehört. Er war high. Er hat doch gar nicht mehr mitbekommen, was da los war.«
Er drehte den Kopf wieder nach vorn und sah durch die Scheibe.
»Er wollte abnehmen. Deswegen hat er das Zeug genommen. Er musste nichts mehr essen. Hatte zum ersten Mal in seinem Leben keinen Appetit mehr. Das war so wichtig für ihn, dass er drogensüchtig wurde. Ist das zu glauben?« Er sah Emma an, als stecke ihm ein Lachen im Hals, aber sie erwiderte nur ernst seinen Blick. Dann sagte er:
»Ich kenne ihn schon ewig. Er war immer der Dicke, alle haben ihn verarscht. Er ist meinetwegen zurückgekommen. Wenn ich nicht wäre, dann säße er immer noch im Ruhrpott und würde Fahrstunden geben.«
Emma rückte näher an ihn und sagte:
»Glaubst du, du kannst mich einlullen mit deinen sentimentalen Erinnerungen? Ich bin nicht blöd, Blume! Dein Mann ist ein Mörder! Du kannst ihn jetzt nicht mehr decken!«
Er sah sie an und strich mit den Fingern über ihre Zornesfalte auf der Stirn.
»Marlon ist tot, Emma, und nichts macht ihn wieder lebendig. Aber wenn wir es schaffen, die Partei zu verbieten, dann können wir sehr vielen Jugendlichen in diesem Land helfen.« Er machte eine Pause, dann sprach er leise weiter: »Ich brauche Achim noch.«
Emma seufzte und fuhr sich mit den Händen über das Gesicht. Sie sah sich im Senderauto um und fragte Blume dann:
»Hast du was zu trinken?«
Er sah sie an und lächelte.
»Ich hol dir was.«
Blume stieg aus und ging zu einem Streifenwagen. Die meisten Beamten waren bereits weg, nur die Männer der Spurensicherung taten noch ihre Arbeit. Sie drehte ihren Kopf wieder in Blumes Richtung. Er sprach gerade mit einem Beamten, dann zog er eine Flasche Wasser aus dem Kofferraum und kam rasch wieder auf sie zu. Er sah müde aus, sein Haar hing ihm über den Hemdkragen. Das Hemd, das er heute Nachmittag in aller Eile angezogen und dabei falsch zugeknöpft hatte.
»Danke.«
Sie trank in großen Schlucken. Als sie absetzte, wischte er ihr zart einen Tropfen von den Lippen. Sie wich aus. Auf einmal konnte sie die Berührung seiner Finger nicht mehr ertragen. Er lehnte sich zurück und betrachtete sie nachdenklich. Es schien, als schob sich eine unsichtbare Wand zwischen sie. Dann räusperte er sich und sagte:
»Emma, ich muss wissen, wie du zu der Sache stehst.«
Sie trank noch einmal, um Zeit zu gewinnen. Dann sagte sie:
»Was ist, wenn ich es trotzdem bringe?«
Er sah sie an. Dann zuckte er mit den Schultern.
»Ich kann dich nicht über Wochen mundtot machen. Ich kann dich nur bitten.«
Sie spielte mit dem Deckel der Wasserflasche und sagte leise:
»Wie soll ich denn August noch ins Gesicht sehen können?«
Blume legte seine Hand auf die Ablage und beugte sich zur ihr rüber.
»Gerade um solche wie August geht’s mir, verstehst du das nicht?«
Sie schwieg lange. Dann nickte sie.
»In Ordnung. Marlons Tod wird in dem Zusammenhang nicht erwähnt. Bis das Verbot durch ist.«
Er sah sie an, nickte zögernd. »Kein Wort on air. Und … auch kein Wort zu deinem neuen Freund.«
»Was? Wen meinst du damit?«
Statt einer Antwort zog Blume sein Smartphone heraus und zeigte ihr das Foto, das Hirsch ihm geschickt hatte. Weiß hatte den Arm um sie gelegt und die Augen geschlossen. Von Emma sah man nur das kurze schwarze Haar und die schmalen Schultern. Emma betrachtete es lange. Dann sah sie hoch und fragte leise: »Du lässt mich bewachen?«
»Ich nicht.« Er nahm das Telefon und steckte es in seine Tasche. »Hirsch hat das angeordnet. Ich wusste davon nichts.«
Sie spürte, wie die Wut in ihr hochkochte. Sie holte tief Luft und schluckte sie hinunter. Dann steckte sie den Zündschlüssel ins Schloss. »Ich werde jetzt fahren.«
Er sah sie besorgt an. »Wenn du ein paar Minuten wartest, dann komme ich mit. Ich kann auch fahren. Du bist doch völlig kaputt.«
Sie ließ den Motor an. »Es geht schon. Ich möchte jetzt gerne allein sein.«
Blume stieg aus, und sie drehte auf dem Platz. Dann kam er noch mal an ihr Fenster. Sie wartete ab bei laufendem Motor. Er sagte: »Ich weiß, dafür ist jetzt eigentlich kein Raum, aber … das mit Karin …«
Sie unterbrach ihn: »Du hast Recht. Dafür ist jetzt wirklich kein Raum.« Sie wollte losfahren, aber dann zögerte sie doch noch und sagte: »Und weißt du, Blume – im Grunde ist es egal, was zwischen mir und Weiß oder zwischen dir und Karin läuft – hier geht es jetzt um etwas ganz anderes. Und das weißt du genauso gut wie
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