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Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)

Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechthild Lanfermann
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Lernwerkstatt, und Emma gab sich Mühe, alles mitzubekommen. Einmal warf sie einen Blick über die Schulter auf die anderen. Helene betrachtete mit großen Augen den riesigen Hauptbahnhof. Heike hatte die alte Reisetasche von Helene vor sich auf die Stufen gestellt. August kam als Letzter und verschwand fast hinter seiner Schwester.
    Am Parkplatz wuchtete Emma den Rucksack in den Kofferraum und öffnete die Tür zur Rückbank. Ida wollte schon reinklettern, als sie bemerkte, dass ihr niemand folgte.
    Heike zögerte, dann streckte sie Helene die Hand entgegen. »Danke. Wir werden jetzt gehen.«
    Helene betrachtete sie nachdenklich, dann nickte sie und drückte ihr die Hand. August sah zur Seite. Ida kletterte zurück auf den Bürgersteig und fragte:
    »Kommt ihr nicht mit?«
    Keiner sagte ein Wort, bis Helene ihr über das Haar strich und meinte:
    »Sie wollen zu einer Beerdigung, Süße. Wir müssen jetzt tschüss sagen.«
    Ida nickte. Sie ging auf August zu und umarmte ihn. Nach einer Weile strich er ihr vorsichtig über den Rücken. Er sah Helene an und sagte leise: »Wiedersehen.« Dann löste er sich vorsichtig von Ida und trat auf Emma zu.
    »Heike hat mir erzählt, dass der Bürgermeister Lukas umgebracht hat.«
    Emma nickte. Sie sah ihn an, sein Haar wuchs schon in ersten Stoppeln nach. Er meinte: »Bestimmt kommen heute viele zu der Beerdigung. Bei Marlon waren auch viele da.«
    Es war, als suchte er noch nach den richtigen Worten für das, was ihn beschäftigte, aber Heike zog ihn mit sich. Über die Schulter sagte sie zu Helene:
    »Ich schick dir die Tasche zurück. Und die anderen Sachen.«
    Helene sagte: »Schon gut. Nicht nötig.«
    Heike und August gingen in Richtung Busbahnhof. Emma, Helene und Ida sahen ihnen nach, bis sie im Gewühl der Leute verschwunden waren. Emma schluckte. »Ihr seid wohl nicht Freunde fürs Leben geworden, was?«
    Helene öffnete die Tür und scheuchte ihre kleine Tochter hinein. »Ida fand August prima. Jedenfalls nachdem er aufgehört hatte, sie Spasti zu nennen.«
    Emma wurde blass. Sie drehte sich zu Ida um, aber das Mädchen hatte gerade die kambodschanischen Sitzdecken im Wagen entdeckt und strich bewundernd über den bunten Stoff. »Guck mal, Mama.«
    Helene lächelte sie an und nickte. Emma sagte leise: »Daran habe ich nicht gedacht. Ich hab ihn nie … so war er nicht für mich. Ich wusste nicht …«
    »Man kann nicht nur den Netten helfen.« Helene setzte sich auf den Beifahrersitz und schnallte sich an. Emma ging um den Wagen herum und stieg auf der anderen Seite ein. Sie startete den Motor, fuhr aus der Parklücke und reihte sich in den Verkehr ein. Ida drehte hinten im Wagen den Kopf in alle Richtungen und kommentierte, was sie zu sehen bekam. Emma war froh über das Geplapper der kleinen Schwester.

Berlin, Mitte. Dorotheenstädtischer Friedhof
    W ürden Sie bitte Ihre Tasche von der Bank nehmen?«
    Gesine Lorenz drehte erschrocken den Kopf und sah in das lächelnde Gesicht eines älteren Mannes. Dann verzog sie ihre Mundwinkel nach oben und nahm ihre Tasche auf den Schoß. Der Mann nickte dankend und setzte sich neben sie auf die Bank. Im Innern der Kapelle war es voll, die Luft wurde langsam unerträglich. Der Mann schwitzte in seinem dunkelgrauen Mantel. Er musterte die Frau an seiner Seite und beugte sich vertraulich zu ihr rüber.
    »Kannten Sie den Verstorbenen gut?«
    Sie packte ihre Tasche fester und schüttelte den Kopf. Durch das dünne Leder fühlte sie den Rand der Glasflasche.
    »Ich auch nicht.« Der Mann lächelte wieder. »Ich kannte nur seinen Vater, der war hier mal Pastor.« Er sah sich in der Kapelle um. »Der Tote soll ja bei den Rechten gewesen sein. Hab ich gelesen. Und wenn man sich so das Volk hier anguckt.« Er schien auf eine Reaktion von ihr zu warten. Als nichts kam, redete er weiter. »Dabei war der Lehrer. Das ist doch nicht zu glauben!«
    Die Lehrerin rückte etwas von ihm ab und sah suchend durch den Raum. Weiter vorne standen Kollegen von ihr, die Rektorin und die Schulsekretärin. Ein paar Schüler langweilten sich in der Bank hinter ihr, sie raschelten mit den Gesangbüchern und ignorierten die leisen Ermahnungen ihrer Eltern. An der Tür versammelten sich die Männer der Liga. Der alte Blattner stand schwer auf seinen Stock ge stützt, ein Junge neben ihm hielt die Fahne, hier in der Kapelle ließ er sie aufgerollt. Die Lehrerin drehte den Oberkörper noch ein wenig weiter. Achim war nirgends zu sehen, aber sie entdeckte den

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