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Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)

Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechthild Lanfermann
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bei ihnen zuhause.«
    Sie stellte die Tasse nachdenklich wieder ab und sah zu Bente rüber.
    »Weißt du was über einen Todesfall in der Gegend? Der Bruder von dem Jungen soll vor ein paar Wochen umgekommen sein.«
    Bente schüttelte langsam den Kopf.
    »Woran ist er denn gestorben?«
    »Keine Ahnung«, murmelte Emma, »ich weiß nur, dass er Marlon hieß.« Sie ärgerte sich, dass sie den Pastor nicht danach gefragt hatte. Dann zuckte sie mit den Schultern.
    »Ich geh der Sache morgen noch mal nach. Ist vielleicht nur ein blöder Zufall.«
    »Willst du da noch mal hin?«
    Emma nickte.
    »Scharf drauf bin ich nicht, das kann ich dir sagen. Aber vor Montag komm ich nicht an die Schule ran. Und das Dorf haben wir, soviel ich weiß, noch exklusiv.«
    Bente stand auf, ging zum Küchenregal und legte den Schlüssel vom Dienstwagen auf den Tisch.
    »Na, dann schönen Sonntagsausflug.«
    Emma nahm den Schlüssel und ließ ihn durch die Finger gleiten. Sie sah zu Bente hoch, die an die Spüle gelehnt stehen geblieben war.
    »Ist das okay für dich? Ist ja eigentlich dein Spezialgebiet.«
    »Kein Problem. Ich bin nächste Woche eh in der LaPo.«
    Erstaunt sah Emma sie an. Die Landespolitik, kurz LaPo, sorgte für die Berichterstattung aus dem Berliner Senat. Die Kollegen saßen nicht im Funkhaus, sondern sendeten direkt aus einem kleinen Studio im Parlament.
    »Was verschlägt dich denn da hin?«
    Für manche war die LaPo ein Sprungbrett ins Hauptstadtstudio, andere ließen sich als Pressesprecher von den Abgeordneten ködern. Emma hatte der LaPo bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Lieber machte sie Umfragen im strömenden Regen als den Tag bei Sitzungen und Ausschussvorträgen zu verbringen. Bente nahm die Tassen und stellte sie in die Spülmaschine. Sie sagte leise:
    »Ich kann nicht ewig Reporterin bleiben.«
    Emma schwieg überrascht. Sie stand auf und steckte den Autoschlüssel in ihre Tasche. Sie machte einen Schritt auf Bente zu, die ihr immer noch den Rücken zukehrte.
    »Na dann …«
    Bente drehte sich um und umarmte Emma. Die war davon so überrumpelt, dass sie steif stehenblieb. Nach einer Weile strich sie ihr vorsichtig über den Rücken.
    »Hey, Bente, was ist denn …«
    Da löste sich die Kollegin wieder von ihr. Sie hatte rote Flecken im Gesicht, aber sie weinte nicht.
    »Schon wieder gut. Kennst du manchmal das Gefühl, alles wird dir zu viel?«
    Emma lächelte unsicher.
    »Machst du Witze? Das hab ich erfunden!«
    Bente lachte. Der ernste Zug um den Mund verflog.
    »Warte, ich bring dich noch raus.«
    Sie schnappte sich eine wollene Strickjacke und zog sie sich über. Dann öffnete sie die Küchentür, die direkt in den Garten führte. Kalte Luft schlug ihnen entgegen. Schwei gend gingen sie den Pfad um das Haus.
    Am Gartentor blieb Emma stehen.
    »Bist du morgen im Sender?«
    Bente sagte: »Ich denke nicht.«
    Sie öffnete das Tor.
    »Nur wenn sich da noch was Neues ergibt.«
    »Mama?«
    Die fünfzehnjährige Miriam, Bentes ältere Tochter, stand am offenen Fenster im ersten Stock und sah zu ihnen hinunter. Bei ihr war es umgekehrt: die offenen warmherzigen Züge des Vaters, das dunkle Haar der Mutter. Sie war eine Schönheit. Bente winkte ihr zu.
    »Ich komme gleich!«
    Miriam nickte und schloss das Fenster. Emma sah noch einen Augenblick in ihre Richtung.
    »Stell dir mal vor…«
    Bente wickelte sich eng in ihre Strickjacke.
    »Was denn?«
    »Die kommen eines Tages mit Springerstiefeln von der Schule. Na gut, denkst du, wir haben früher die Jeans zerrissen. Dann liegen so Flyer rum. Von Konzerten.«
    Bente sah die Kollegin jetzt aufmerksam an. Emma schaute immer noch hoch zum Fenster.
    »Und dann, mitten im Gespräch, fallen so Sätze wie: Die Ausländer sind schuld.«
    Sie löste den Blick vom Haus und drehte sich zu Bente um.
    »Was machst du dann?«
    Bente schwieg einen Moment. Dann lachte sie und schüttelte den Kopf.
    »Komm gut nach Hause. Und grüß mir deinen Polizisten!«

Berlin, Schöneberg
    D ie Spüle war voller Scherben. Die Lehrerin sammelte sie heraus und warf sie in den Mülleimer. Dabei schnitt sie sich tief. Sie wickelte mechanisch ein Geschirrtuch um den Finger, das sich langsam dunkelrot färbte.
    Nach der Radiomeldung setzte sie sich mit der eingewickelten Hand auf das Sofa. Langsam wurde es dunkel. Irgendwann fuhr sie ihren Computer hoch und las die Mails im Blog. Klingsor, wie lange hatte sie den Namen nicht mehr benutzt. Klingsor und Frid, das waren sie einmal gewesen.

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