Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)
wahrscheinlich wegen der Mädchen nicht gehört.«
Martin arbeitete als Theatermaler am Berliner Ensemble. Emma hatte ihn bei einer Premierenfeier kennengelernt, zu der Bente sie mitgenommen hatte. Er war lustig und offen, Emma mochte ihn.
Bente rief etwas von innen und tauchte an der Hintertür auf. Sie war jünger als ihr Mann, aber ihre schmale Gestalt und die glatten brauen Haare gaben ihr eine Strenge, die sie älter erscheinen ließ. Sie wirkten beide gegensätzlich, und am Anfang hatte sich Emma gewundert, dass ihre ernste Kollegin mit so einem impulsiven Mann zusammen war. Bente lächelte sie an und winkte mit Spülhandschuhen.
»Komm rein.«
Martin grinste kurz, tippte sich an sein Drahthaar und verschwand wieder in der Garage. Emma ging in die warme Küche. Bente schloss schnell die Tür hinter ihr.
»Ist das kalt. Trinkst du noch einen Tee? Du hast be stimmt geklingelt, oder? Die ist kaputt.«
Emma nickte und trat den Schmutz von ihren Stiefeln sorgfältig an der Matte ab. Bente ging in den Flur und schloss die Verbindungstür zum Wohnzimmer. Die Musik wurde leiser.
Emma setzte sich dicht an die Heizung, die leise brummte. Sie nieste und bewegte vorsichtig ihre Zehen in den Stiefeln.
Bente stellte eine Tasse mit dampfendem Tee vor sie hin und schob das Glas mit Honig über den Tisch.
»Das mit der Autoheizung hab ich ganz vergessen, tut mir leid.«
Emma winkte ab und schloss die Finger um die heiße Tasse. Dann holte sie den Schlüssel vom Peugeot aus ihrer Hosentasche und legte ihn auf den Küchentisch.
»Was macht der Blog? Hast du das noch im Auge?«
»Nichts Gravierendes mehr. Die Szene scheint informiert. Auch nichts mehr von Frid. Wie war’s beim Vater?«
»Ehrlich gesagt hab ich’s mir schlimmer vorgestellt.«
Emma nahm einen Schluck vom Tee. Heiß rann er ihr durch die Kehle.
»Ich mein, im Dorf selber war es schon schlimm. Rechtsradikale Typen, die das ganz offen zeigen. Aber beim Vater – er ist der Pastor im Ort. Ich fand, der war jetzt nicht völlig am Boden.«
»Wie meinst du das?«
Emma dachte nach.
»Er wirkte irgendwie gefasst. Als ob er mit so etwas gerechnet hätte.«
Bente zuckte mit den Schultern. Sie stand auf und goss sich frischen Tee in eine benutzte Tasse.
»Wer weiß. Aber was war das mit den Rechten im Dorf?«
»Die waren krass. Einer, so ein Fußball-Hooligan, hat ein Nazilied gesungen. Auf einem Dorffest, ganz offen, vor allen Leuten! Und keiner hat sich aufgeregt. Im Gegenteil, ich hatte eher den Eindruck, die stimmen gleich alle mit ein!«
»Hast du ihn gefragt, ob der Tote auch rechtsradikal war?«
Die Tür ging auf, die Musik wurde lauter. Anna, Bentes 13-jährige Tochter kam herein. Sie hatte das dicke blonde Haar vom Vater und die leicht herben Gesichtszüge der Mutter geerbt. Angestrengt lauschte sie in den Hörer des Telefons, das sie zwischen Kopf und Schulter geklemmt hatte, lächelte den beiden Frauen zu und ging zum Kühlschrank. Bente und Emma beobachteten sie.
»Mmh. Mmh. Mmh. Nee. Glaub ich nicht. Ach Mensch. Mmh.«
Anna nahm sich einen Trinkjoghurt heraus, schüttelte ihn im Vorbeigehen und schloss leise wieder die Tür hinter sich. Bente und Emma grinsten sich an. Emma sagte:
»Dieser Hooligan, Rocco Schmitz hieß der, hat angedeutet, dass Brinkmann auf den Parteisitzungen war. Mann, der hat so getan, als ob das ganze Dorf da mitmacht.«
Bei dem Gedanken an die Situation im Festzelt kroch in ihr wieder die Gänsehaut hoch. Sie umschloss die Teetasse mit beiden Händen und verdrängte die Bilder im Kopf. Sie fragte:
»Hast du noch was gehört von deinem Mann beim BND ?«
»Nein. Ich hab einen Aufsager mit Sperrvermerk gemacht. Wenn ich die Bestätigung kriege, dass er bei den Rechten war, geb ich ihn frei.«
»Ich hab noch einen Ton vom Bürgermeister geholt. War aber nicht sehr ergiebig, der Typ kannte ihn kaum.«
»Egal, die Nachrichten können das brauchen. Hast du sonst noch was?«
Emma zog den Honigtopf näher zu sich heran und nahm einen Löffel voll heraus. Langsam rührte sie den Honig in den Tee.
»Später hab ich dann noch mit seinem Ziehsohn gesprochen. Oder der mit mir, besser gesagt.«
»Moment, welchen Sohn jetzt von wem? Von dem toten Lehrer?«
»Nee, von dem Rocco Schmitz. Ist nicht sein richtiger Sohn, aber er lebt mit der großen Schwester zusammen.«
Emma trank noch einen Schluck Tee.
»Dieser Junge, August heißt der, meinte, Rocco und Lukas Brinkmann seien Freunde gewesen. Zumindest war Lukas öfter
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