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Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)

Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechthild Lanfermann
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steckten kichernd ihre Köpfe zusammen. Die Männer gingen vor die Tür und rauchten. Die Frau im roten Kleid hob den Kopf, sie begegnete Emmas Blick und musterte sie leicht überheblich. Emma bemerkte sie gar nicht. Sie drehte den Kopf zu Blume.
    »Ein toter Jugendlicher, ein rechtsradikaler Lehrer. Sein Lehrer?«
    Blume schüttelte den Kopf.
    »Brinkmann war Grundschullehrer. Immerhin an der gleichen Gesamtschule. Aber Marlon ist erst nach der 7. Klasse dahin gewechselt.«
    »Auf eine Schule nach Berlin Zehlendorf? Warum so weit weg?«
    »Das haben wir uns auch gefragt. Er hat eine größere Schwester, die für ihn und den kleinen Bruder sorgt …«
    »Ich hab sie heute gesehen. Sie heißt Heike.«
    »Heike, genau. Sie sagte, Marlon wollte so weit weg von dem Dorf wie möglich. Anderthalb Stunden Schulweg hätte er mit Freuden auf sich genommen, um möglichst wenig bei ihr sein zu müssen. Übrigens schwört sie, dass Marlon nie Drogen genommen hat.«
    Emma spielte mit einem Bierdeckel auf dem Tisch vor ihr. Nachdenklich sagte sie:
    »Ist das glaubwürdig? Vielleicht will sie sich nur selbst schützen. Schließlich hatte sie doch die Verantwortung für ihre Brüder.«
    Blume antwortete nicht. Emma sah ihn von der Seite an und meinte: »Er will zu einer Schule, die so weit weg wie möglich ist von zuhause. Klingt ganz schön hart, oder? Auch für die Schwester. Heike ist doch auch noch total jung.«
    Blume zuckte mit den Schultern. »Diese Jugendlichen auf dem Land wollen doch alle raus und in die Stadt. Die Schwester ist doch genauso drauf. Kann man ihr ja auch nicht verübeln, wer will schon in dem Kaff versauern. Du musst das doch kennen.«
    Emma kniff ihn in die Seite.
    »Bremen ist eine Stadt! Eine Stadt, du Angeber.«
    Blume lachte wieder und zog sie in die Arme. Sie befreite sich schnell.
    »Ich muss noch zahlen.«
    »Ich warte draußen.«
    Blume ging raus. Emma schlüpfte aus der Nische und stellte sich an die Kasse. Khoy ging mit dem leeren Teller an ihr vorbei in die Küche. Als er zurückkam, hielt sie ihn am T-Shirt fest.
    »Hier, du kriegst noch die drei Euro. Mach nicht immer so ein Theater.«
    Khoy tat, als hätte er sie nicht gehört, und wischte den Tisch ab. Sie legte das Geld neben die Kasse.
    »Tschüss, Sturkopp.«
    Sie legte ihre Hand auf seine Schulter und drückte ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange. Er roch nach Gras.
    »Hast du eigentlich schon mal Ärger gekriegt?«
    »Wegen Kiffen?«
    Emma lachte.
    »Nee, ich mein mit Rechten.«
    Jetzt lachte auch Khoy, aber es klang anders als sonst.
    »Na klar, Landei. Ich komm schließlich aus dem Weitlingkiez.«
    »Ich denk aus Lichtenberg?«
    Khoy sah durch das Schaufenster auf Blume, der auf dem Bürgersteig eine Zigarette rauchte.
    »Das lass dir mal von deinem Superbullen erklären.«
    »Blödmann.«

B lume und Emma gingen nebeneinander die Rosa-Luxemburg-Straße hoch. Es war viel los, Samstagabend. Paare gingen an den Schaufenstern vorbei, eine Gruppe Jugendlicher drängte sich in eine neue orange-grün angestrichene Bar an der Ecke, Theaterbesucher liefen im Eilschritt die Stufen zur Volksbühne hoch, und am Babylon standen schwarzbebrillte Cineasten frierend in der Schlange und warteten auf Einlass. Emma seufzte zufrieden. Blume sah sie von der Seite an und fragte:
    »Willst du ins Kino? Doch nicht etwa Theater?«
    Emma grinste und schüttelte den Kopf. Sie wickelte ihren Schal fest um den Hals.
    »Am liebsten würde ich noch ein bisschen rumlaufen.«
    »Mir soll’s recht sein.«
    Die Schönhauser hoch wurde es noch voller. Im White Trash lärmte das Publikum, und aus dem Due Forni roch es nach Knoblauch.
    »Manchmal«, Emma wich einem Kinderwagen aus und sprach etwas lauter, um den Mann mit der Gitarre über dem warmen U-Bahn-Luftschacht zu übertönen, »manchmal muss man wegfahren, um zu wissen, wo man sein will.«
    Blume lachte leise und legte den Arm um sie.
    »Wo jetzt genau? Vor den hupenden Autos oder zwischen den Schülern auf Klassenfahrt?«
    Emma sah auf das Muster der Pflastersteine.
    »Neben dir reicht schon.«
    Blume reagierte nicht, aber Emma spürte, dass er lächelte.
    Es wurde dann noch ein schöner Abend.

Sonntag, 23. März.
Berlin, Alexanderplatz, Mitte
    A m Morgen weckte sie ein Anruf von Helene. Emma lag allein in ihrem Bett, Blume war später noch nach Kreuzberg in seine Wohnung gefahren. Die Sonntage verbrachte er meist mit seinem Sohn. Ohne dass sie darüber gesprochen hatten, versuchten sie zu vermeiden, dass

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