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Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)

Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechthild Lanfermann
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Jetzt war er tot, und sie horchte in sich hinein. Sie fühlte nichts.
    Nihil fit sine causa , schrieb sie im Blog, nichts geschieht ohne Grund, das sagt euch Frid.
    Das Licht aus dem Monitor ließ den dunklen Raum bläulich schimmern. Ihr Finger tat weh. Sie faltete das blutige Geschirrtuch auseinander und roch daran. Dieser Kult ums Blut, den die anderen machten, das hatte sie nie verstanden. Sie fuhr sich mit den Fingernägeln über die Tätowierung am Handgelenk. K und F. Lukas hatte sie dazu überredet, Klingsor und Frid. Als er ihr damals seine rechtsradikalen Freunde vorstellte, war sie nicht schockiert gewesen, im Gegenteil. Aber sie war nicht so dumm, wie sie dachten. Sie wusste, dass es ihnen auch nur um den eigenen Vorteil ging.
    Sie stand auf, machte Licht und suchte sich ein Pflaster aus dem Badezimmerschrank. Sie sah sich selbst im Spiegel – etwas war verändert. Ihre Haut war noch genauso fahl, ihre Wangen eingefallen. Wenn sie keinen Appetit hatte, nahm sie immer zuerst im Gesicht ab. Aber ihre Augen leuchteten. Ein neuer Wille schien aus ihnen herauszustrahlen.
    Natürlich hatte sie mit dem Gedanken gespielt, dass ihr Verrat Lukas das Leben kosten würde. Es war ein verführerischer Gedanke gewesen, ein Spiel, dessen Konsequenzen ihr jederzeit bewusst gewesen waren.
    Sie nahm ihre Bürste und strich sich mit langsamen Bewegungen über das dunkle Haar.
    Sie wusste, dass jetzt alle hinter den Drogen her waren.
    Sie legte die Bürste behutsam auf die Ablage und lächelte sich im Spiegel an. Sie musste gar nichts tun. Nur Lukas’ Geheimnis noch ein bisschen für sich behalten. Und sollte das nicht reichen, würde sie noch ein wenig nachhelfen. Sie würden sich gegenseitig zerfleischen, und sie könnte in aller Ruhe dabei zusehen.

Berlin, Mitte. Imbiss Sampeah
    E mma saß wie immer vorne in der Nische neben dem Ver kaufstresen. Hungrig löffelte sie ihren Eierreis. Im Hintergrund dudelte das Radio. Seit Khoy wusste, wo sie arbeitete, war er nicht davon abzubringen, ihren Sender zu spielen. Immerhin drehte er es leiser, wenn sie ihn darum bat.
    Im Imbiss herrschte Hochbetrieb, und Emma sah zu, wie Khoy, seine Mutter und seine ältere Schwester schnell und fast wortlos die Kunden bedienten. Khoys Vater saß nebenan in ihrem kleinen asiatischen Supermarkt an der Kasse. Khoy lief mit drei Tellern im Arm an ihr vorbei.
    »Willst du Kaffee?«
    Sie nickte mit vollem Mund. Bei seinem nächsten Gang stellte er eine Tasse vor ihr ab. Es war Filterkaffee, der seit Stunden auf der Warmhalteplatte gestanden hatte. Emma lächelte dankbar und häufte Zucker in die Tasse.
    Blume kam herein und sah sich suchend um. Emma bemerkte es und ärgerte sich auf der Stelle. Es schien, als wollte er nicht akzeptieren, dass sie hier einen Stammplatz hatte. Blume verstand nicht, warum sie immer in diesen Imbiss ging. Der Alexanderplatz war keine Gourmetadresse, aber die Straße hoch Richtung Volksbühne gab es ein paar gute Lokale. Emma wollte immer zu Khoy.
    »Hallo.«
    Edgar Blume stand vor ihr, strahlte sie an und küsste sie heftig. Emmas Ärger verflog. Sie lächelte und wischte ihm ein Reiskorn vom Mund, das bei dem Kuss an ihm haften geblieben war. Blume quetschte sich zu ihr in die Nische, zog eine Speisekarte aus dem Ständer und überflog sie stirnrunzelnd.
    Khoy raste mit einem Stapel schmutziger Teller in Richtung Küche und kam schwungvoll vor ihnen zum Stehen.
    »Hallo Edgar, willst du was essen?«
    Wie immer in Khoys Nähe versteifte sich Blume leicht. Von Emma darauf angesprochen, leugnete er das entschieden. Aber sie hatte nicht lockergelassen und auf sein Schweigen hin die Vermutung gewagt, der zarte Asiate Khoy mit seinen Kajalaugen wecke in ihm eine versteckte schwule Seite. Blume hatte daraufhin einen ganzen Tag lang nicht mehr mit ihr gesprochen.
    Er klappte die Karte zu und bestellte lächelnd ein Glas Wasser.
    Khoy grinste, wechselte einen Blick mit Emma, die mit den Augen rollte, und verschwand in der Küche. Emma löffelte weiter ihren Eierreis. Im Laden war es jetzt etwas ruhiger geworden, ein Trupp Schüler auf Klassenreise, die vor einer halben Stunde in den Imbiss gestürmt waren, bezahlten und gingen. Khoys Vater, ein schmaler Mann mit grauem Haar, kam durch die Verbindungstür aus dem Supermarkt in den Imbiss. Er zwinkerte Emma zu und sagte etwas auf Kambodschanisch zu seiner Ehefrau. Er war mit 17 Jahren nach Deutschland gekommen und hatte schnell gelernt, sich anzupassen. Seine Frau war

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