Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)

Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechthild Lanfermann
Vom Netzwerk:
Bürgermeister sah der jungen Frau nach, und Emma folgte seinem Blick. Heike stand hinter der Theke und rauchte. Ihre Hand, die die Zigarette zum Mund führte, zitterte. Sie stand abseits von den übrigen Frauen, die sie offensichtlich ignorierten. Eine Gruppe älterer Besucher riefen nach ihr und hoben ihre leeren Kaffeetassen. Heike klemmte sich die Zigarette zwischen die Lippen, nahm die leeren Thermoskannen in die Hand und drehte sie um. Die Angesprochenen protestierten lautstark, aber sie zuckte nur mit den Schultern. Eichwald sagte:
    »Heike arbeitet als Altenpflegerin hier in der Gegend, deshalb kennen sie alle. Ich hab ihr den Job hier vermittelt. Sie kann jeden Pfennig brauchen.«
    Ein paar Jugendliche sammelten die benutzten Plastikschüsseln in Müllbeutel und räumten die Tische zur Seite. Am DJ-Pult war ein Streit um die Musiktitel entbrannt. Nach einer Weile dröhnte lautstark und verzerrt Lady Gaga aus den Boxen. Eine Unterhaltung war damit nicht mehr möglich, und die Alten verließen rasch das Zelt. Die Trinker wandten sich wieder ihrem Bier zu und warfen nur noch hin und wieder einen Blick auf Emma.
    Das Lied war zu Ende, ein 80er-Jahre-Hit fing an. Schmusetanz. Emma sah aus den Augenwinkeln, wie die Mädchen die Jungs auf die Tanzfläche zerrten. Die wehrten sich eine Weile pro forma, bis sie sich endlich eng an ihre Tanzpartnerinnen schmiegen konnten. Heike stand noch immer hinter der provisorischen Kaffeetheke und spülte jetzt die letzten Kannen aus. Emma drehte sich wieder zu Eichwald und sagte laut in sein Ohr:
    »Gestern war ich in der Kirche. Das ist ja ein kurioser Anblick.«
    Er lächelte und winkte einer Seniorin zu, die sich gerade an ihnen auf der Tanzfläche vorbeischob.
    »Ja, das war auch für mich gewöhnungsbedürftig, das können Sie mir glauben. Aber warum sollten wir den einzigen öffentlichen Raum, den die Gemeinde hat, ein paar alten Frauen überlassen? Zumal der Pfarrer nur noch sonntags morgens Andacht hielt.«
    »Und was findet dort jetzt statt?«
    »Konzerte, Versammlungen. Wissen Sie, wo sich die Jugendlichen vorher getroffen haben?«
    Emma zuckte mit den Schultern.
    »An der Bushaltestelle!«
    Eichwald sah zufrieden in die Runde und zog den Teller mit den Schnittchen näher an sie heran.
    »Mögen Sie?«
    »Nein danke.«
    »Stimmt, ich hatte Ihnen ja Kuchen versprochen. Dann müssen Sie noch bis heute Nachmittag bleiben. Aber das lohnt sich!«
    »Herr Eichwald«, Emma beobachtete Heike, die sich langsam in Richtung Zeltausgang schob, »was ist mit dem Pfarrhaus? Der Pastor scheint ja dort auszuziehen!«
    »Natürlich. Das ist schließlich eine Dienstwohnung.«
    »Was soll damit geschehen?«
    »Wieso, wollen Sie aufs Land ziehen?«
    Der Bürgermeister lachte über seinen eigenen Scherz und stand auf.
    »Schenken Sie mir den Tanz!«
    Emma schüttelte den Kopf.
    »Sie feiern hier, Herr Eichwald. Ich bin hier zum Arbeiten.«
    Der Mann vor ihr versuchte, sie am Arm zu ziehen, wie vorhin die Mädchen es bei den Jungen gemacht hatten.
    »Nun kommen Sie schon!«
    Freundlich lächelnd, aber nachdrücklich befreite Emma sich aus der Umklammerung.
    »Wirklich nicht. Ich geh mal kurz nach draußen.«
    Am Zeltausgang blieb sie stehen. Sie hielt Ausschau nach Heike, konnte sie aber nirgendwo entdecken. Die junge Frau rührte sie. Sie schien sich einen Panzer angelegt zu haben, um niemanden hinter die Fassade blicken zu lassen.
    Neben dem Zelt roch es nach Erbrochenem, ein Hund schnüffelte an einer Lache, die dunkel an Erbsensuppe erinnerte. Nur wenige Schritte weiter war die Hüpfburg in Betrieb genommen worden. Am Eingang stapelten sich die Stiefel. Die Kinder tobten auf Socken über die Fläche, sie schrien und lachten, und die luftgefüllten Plastiktore am Eingang wackelten hin und her. Ein paar größere Jungs warfen sich mit Schwung in die Mitte auf die anderen Kinder. Kleinere klammerten sich an die Haltegriffe und weinten. Eltern standen am Rand, rauchten, fotografierten ihre Kinder oder unterhielten sich. Rocco Schmitz hatte auf dem Grillplatz das Schwein angestochen und verteilte große Stücke davon auf Pappteller. Der Mann im Imbisswagen beobachtete ihn mit verschränkten Armen.
    Neben dem Parkplatz war die Kleintierschau aufgebaut. Auf Tapeziertischen standen Kisten, Kartons und Transportkäfige, in denen sich Kaninchen und Hasen verschreckt vom Lärm aus dem Zelt ins Stroh drückten. Emma entdeckte August, der hinter seinem Kasten stand, während er die Tiere der anderen

Weitere Kostenlose Bücher