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Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)

Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechthild Lanfermann
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noch dürfen, oder?«
    »Nach links, die dritte Tür. Und dann raus hier.«
    Emma zog die Tür zum Sekretariat hinter sich zu und ging langsam den Gang hinunter. Die Klingel schrillte zum zweiten Mal und läutete das Ende der kleinen Pause ein. Die Schüler liefen in die Klassenräume, sie lachten und redeten lebhaft miteinander, sie machten auf Emma keinen verstörten Eindruck. Ein Mann um die dreißig in Jeans und Wollpulli überholte sie mit großen Schritten. Emma beschleunigte und stellte ihn kurz vor dem Klassenraum.
    »Entschuldigung, Herr …?«
    Der Mann sah sie zerstreut an und lächelte dann.
    »Henke. Suchen Sie jemanden?«
    Emma lächelte ihn strahlend an.
    »Ich möchte gerne mit Ihnen über Ihren Kollegen Lukas Brinkmann reden. Sicher haben Sie ja mitbekommen, dass Brinkmann Mitglied der Rechten Liga war und …« Der Mann wandte sich ab und fasste nach der Türklinke.
    »Dazu möchte ich nichts sagen, ich …«
    Emma trat schnell noch einen Schritt näher an ihn heran.
    »Ich darf Sie hier sowieso nicht interviewen, ich verstehe natürlich auch, dass Sie jetzt in den Unterricht müssen. Aber vielleicht könnten Sie mir Ihre Handynummer geben, und wir könnten dann …«
    »Auf Wiedersehen.«
    Der Mann öffnete die Tür. Emma schaute in neugierige Kinderaugen und trat einen Schritt zurück. Die Tür schloss sich leise, dann stand sie allein im Flur.
    Sie seufzte und ging langsam weiter. Aus den Klassenzimmern hörte sie leises Gemurmel, irgendwo sang ein Chor. Eine große Freitreppe führte in den ersten Stock des Gebäudes.
    Sie drehte sich um und sah zögernd den Gang hinunter. Niemand war da, auch die Tür zum Sekretariat blieb zu. Mit schnellen Schritten lief sie die ausgetretenen Stufen hoch. Oben öffnete sich die Treppe zu einem halbrunden Saal, von dem verschiedene Türen ausgingen. In Glasvitrinen standen Pokale und Kunstwerke, ein schwarzes Brett war voll mit kleinen Zetteln. Emma trat einen Schritt näher, um sie zu lesen, als sie ein Geräusch in den linken Gang schauen ließ. Dort waren die Klassenfotos ausgestellt. Vor einem Bild stand eine Frau.
    Sie trug ein braunes Wollkleid und hochhackige Schuhe. Emma sah ihr Profil. Versteinerte, rotgeweinte Augen, der hellbraune Pony hing strähnig im Gesicht. Trotzdem war die Schönheit der Frau nicht zu übersehen.
    Emma kam näher und fragte leise, um sie nicht zu erschrecken:
    »Kann ich Ihnen helfen?«
    Die Frau wandte ihr ruckartig den Kopf zu. Sie wischte sich mit den Händen über die Wangen und schüttelte den Kopf.
    »Es geht schon, danke.«
    Emma warf einen Blick auf das Klassenfoto. Eine schwarze Schärpe war seitlich über den Rahmen gehängt worden und bedeckte das halbe Bild. Über dem Foto hing ein DIN-A4-Zettel mit schwarzem Rand: Wir sind so traurig.
    Die Frau ging an ihr vorbei in Richtung Treppe. Emma drehte sich um und blieb an ihrer Seite.
    »Kannten Sie Lukas Brinkmann näher? Können wir darüber reden?«
    Die Frau antwortete nicht. Sie putzte sich die Nase und steckte das Tuch wieder in die Tasche. Emma verfolgte ihre Bewegungen. Als die Lehrerin ihren Blick bemerkte, schob sie den rechten Ärmel ihres Kleides über das Handgelenk. Aber Emma hatte es bereits gesehen. Eine kunstvolle Tä towierung an der Innnenseite des Arms, ein verflochtenes schwarzes Band, darin zwei ineinander verschlungene Initialen: F und K. Die Frau presste den Arm eng an ihr Kleid und ging schneller.
    An der Treppe drehte sie sich zu Emma und sagte:
    »Ich muss jetzt in die Klasse. Bitte gehen Sie.«
    Emma blieb stehen und sah zu, wie die Frau mit harten Absätzen die Treppe herunterlief. Sie hielt den Kopf gesenkt, die langen Wimpern bedeckten fast die Augen, das hellbraune Haar achtlos im Nacken zusammengebunden. Sie hatte die Haltung schöner Menschen, denen die Blicke, die sie überall auf sich zogen, unangenehm war. Emma wartete, bis sie verschwunden war, dann ging sie langsam die Stufen hinunter.
    Unten im ersten Flur folgte sie der Beschreibung der Sekretärin und fand in einem Nebentrakt die Mädchentoilette. Sie warf einen Blick in die Kabinen und beschloss dann doch, es bis in die Redaktion auszuhalten.

Berlin, Niederkirchner Straße, Mitte
    D as Abgeordnetenhaus um die Ecke vom Potsdamer Platz war schon im 19.Jahrhundert der Sitz des Preußischen Land tages gewesen. Edgar Blume parkte gegenüber auf dem Grundstück des Martin-Gropius-Baus. Eine lange Schlange Bildungshungriger wartete geduldig auf den Einlass. Blume warf einen Blick auf

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