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Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)

Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wer ohne Liebe ist: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechthild Lanfermann
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abgegriffene Ledertasche, die sie halb unter ihrem Mantel verbarg. Sie sah aus wie jemand, der sich schick gemacht hatte, aber unwohl in den Sachen fühlte. Sie nickte Blume zu und ließ ihren Blick einen Moment prüfend auf dem Staatssekretär ruhen. Dann bog sie nach links ab zum Pressecenter. Hirsch sah ihr hinterher.
    »Wer war das?«
    »Bente Fügemann, eine Kollegin meiner Freundin. Sie berichtet hier über den Senatsausschuss.«
    An der großen Glastür blieb Blume stehen. Sie schüttelten sich die Hände, dann trat er auf den großen Vorplatz hinaus. Mit langsamen Schritten ging er über die Straße auf den Museumsparkplatz zu. Diesmal sah er weder die Menschenschlangen noch die Plakate. Das Gespräch mit dem Staatssekretär hing ihm wie ein schwerer Klumpen im Magen. Er fragte sich, ob er dieser Sache gewachsen war. Bisher war es ihm nie schwergefallen, zwischen Richtig und Falsch zu unterscheiden. Wenn ein Unrecht geschah, war es seine Aufgabe, den Schuldigen aufzuspüren und seiner gerechten Strafe zuzuführen. Das war sein Job, und es war mehr als das. Es war sein Leben.
    Eine ältere Frau auf dem Bürgersteig lächelte ihn an, und er lächelte instinktiv zurück. Sie hielt einen Stadtplan in ihren Händen und fragte ihn nach dem Weg zum Potsdamer Platz. Blume wies ihr die Richtung, sie bedankte sich und setzte ihren Weg fort. Solche Situationen erlebte er häufig. Obwohl er keine Uniform trug, wandten sich die Menschen an ihn und baten um seine Hilfe. Schon als Jugendlicher war es ihm so ergangen. Seine Berufswahl erschien ihm damals das einzig Naheliegende.
    Es gab sicher viele Gründe, heutzutage zur Polizei zu gehen. Er kannte Kollegen, die vom ersten Tag an auf die Pension hinarbeiteten. Manche genossen das Gefühl, eine Uniform und eine Waffe tragen zu dürfen. All das interessierte ihn nicht. Auch wenn er es nicht sagte, weil es altmodisch klang: Er hatte immer nur zu den Guten gehören wollen.
    Auf dem Parkplatz schloss er die Tür von seinem Wagen auf und setzte sich hinein. Als er minutenlang durch die Windschutzscheibe starrte, entdeckte er einen kleinen Zettel hinter den Scheibenwischern. Er stieg wieder aus, nahm den Strafzettel und warf ihn achtlos auf den Nebensitz. Dann steckte er den Schlüssel ins Zündloch. Doch anstatt ihn umzudrehen, krampfte er die Finger so hart um das Metall, bis die Knöchel weiß hervortraten und der Rand des Schlüssels schmerzhaft in seine Handfläche schnitt.
    Bisher war er immer davon überzeugt gewesen, dass kein Zweck die falschen Mittel rechtfertigte. In seinem Beruf sollte man sich nicht auf juristische Spitzfindigkeiten einlassen, sonst landete man ganz schnell auf der falschen Seite. Doch genau das war ihm jetzt passiert. Er wusste von einer schweren Straftat, und zum ersten Mal in seinem Leben schwieg er darüber.
    Er rieb sich die schmerzende Hand, dann nahm sein Gesicht einen entschlossenen Ausdruck an, und er startete den Wagen.
    Er sagte sich, dass es richtig war, was er tat. Der Wagen machte einen Satz, als er das Gaspedal durchdrückte. Und wenn dieser Fall ihn zerreißen sollte, dann war er das wert.
    Bente saß auf der Pressetribüne im Ausschuss und beobachtete Staatssekretär Hirsch. Er sah konzentriert auf den Redner vorne am Pult, trotzdem hatte sie den Eindruck, dass er mit den Gedanken woanders war. Hirsch war ein alter Freund ihres Chefs Gregor Schulenburg. Bente hatte die beiden schon oft bei gesellschaftlichen Anlässen zusammen gesehen. Sie fragte sich, was Hirsch mit dem Polizeibeamten Edgar Blume zu besprechen hatte.
    Als hätte der Staatssekretär ihren Blick gespürt, drehte er den Kopf und sah sie lächelnd an. Sie erwiderte ernst den Blick, bis er sich erneut zu dem Redner drehte.
    Der hatte vermutlich gerade einen Witz gemacht, die Anwesenden schmunzelten, manche lachten laut. Auch Hirsch verzog das Gesicht. Bente spielte nachdenklich mit ihrem Kugelschreiber. Sie ärgerte sich jetzt, dass sie vorhin in der Eingangshalle nicht auf Blume zugegangen war. Es wäre eine gute Gelegenheit gewesen, sich persönlich bei Hirsch vorzustellen.
    Seufzend legte sie den Kugelschreiber beiseite und konzentrierte sich auf den Redner. Über verpasste Chancen zu grübeln brachte sie nicht weiter. Sie nahm sich vor, das nächste Mal schneller zu reagieren.

Berlin, Charlottenburg. Redaktion BerlinDirekt
    D er Regieraum war voll. Emma stellte sich mit ihrem Manuskript neben Susanne vorne ans Pult und nickte einem muskulösen Mann und einer Frau

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