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Wer regiert die Welt? – Warum Zivilisationen herrschen oder beherrscht werden

Wer regiert die Welt? – Warum Zivilisationen herrschen oder beherrscht werden

Titel: Wer regiert die Welt? – Warum Zivilisationen herrschen oder beherrscht werden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Morris
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etwa hat gezeigt, dass die Reallöhne (sie sind ein ziemlich genaues Maß dafür, wie viel Energie die meisten Armen der vorneuzeitlichen Epochen aufgenommen haben) im westlichen Kerngebiet um 300 u. Z. denen vergleichbar waren, die in Südeuropa im 18. Jahrhundert gezahlt wurden. Die Löhne zur Römerzeit wiederum, das hat Walter Scheidel (2008) herausgearbeitet, lagen deutlich über denen, die während langer Perioden des europäischen Mittelalters gezahlt wurden. Daten, die Geof Kron (2005) sowie Nikola Koepke und Joerg Baten (2005, 2008) gesammelt haben, zeigen, dass sich die Körpergröße der Menschen zwischen dem 1. und dem 18. Jahrhundert kaum verändert hat; Kron (im Erscheinen) belegt, dass der antike Wohnungsbau in der Regel besser war als der in den reichsten Gebieten Europas während des 18. Jahrhunderts. Ich habe die Energieausbeute für die Jahre um die Zeitenwende auf etwa 31   000 kcal pro Kopf und Tag geschätzt, gehe bis 500 u. Z. von einem langsamen, bis 700 dann von einem rascheren Rückgang aus.

    [Tabelle vergrößern]
    Tabelle A.1: Die Entwicklung der Energieausbeute
    Energieausbeute in Kilokalorien pro Kopf und Tag, ausgewählte Daten
    |600| Die Energieausbeute muss im westlichen Kerngebiet um 1000 v. u. Z. niedriger gewesen sein – nicht nur verglichen mit den Hochzeiten des Römischen Reichs, sondern auch mit dem 8. Jahrhundert u. Z. Zur deutlichsten Zunahme kam es nach 300 v. u. Z., als der Mittelmeerraum in die größeren politischen und wirtschaftlichen Einheiten einbezogen wurde und die römische Wärmeperiode Wirkung zeigte. Doch spricht die große Masse der archäologischen Befunde dafür, dass es nach 600 v. u. Z. zu einer früheren Periode der Beschleunigung kam. Aus Vorsicht gehe ich davon aus, dass die Energieausbeute um 1000 v. u. Z. sogar bei einem so niedrigen Wert wie 20   000 kcal pro Kopf und Tag gelegen haben könnte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Ende des 2. Jahrtausends v. u. Z. bedeuten würde, aber immer noch über den Werten des 3. Jahrtausends läge.
    Gehen wir weiter zurück in der Vorgeschichte, sind die Werte noch niedriger. Gegen Ende des Jüngeren Dryas erreichten die Wildbeuter vermutlich um die 5000 kcal pro Kopf und Tag, doch wird dieser Wert deutlich gestiegen sein, als das Klima wärmer wurde, als Pflanzen und Tiere domestiziert und als Nahrungsmittel genutzt sowie Tiere ins Geschirr genommen und zu Zugtieren wurden. Um 5000 v. u. Z. werden Menschen in den Siedlungen des Fruchtbaren Halbmonds um die 12   000 kcal pro Kopf und Tag für Kleidung, Brennstoff, Hoftiere, Häuser und Hausrat sowie Monumentalbauten verausgabt haben, selbst wenn ihre Ernährung keineswegs besser war als 4000 Jahre zuvor.
    Werte für den Osten zu berechnen ist noch schwieriger, auch weil Wissenschaftler wie Cook und Smil sich nur mit den Regionen der Welt beschäftigt haben, die auch die höchste Energieausbeute verzeichneten, aber nicht mit regionalen Vergleichen. Doch können wir mit der Schätzung der Vereinten Nationen (2006) beginnen, |601| der zufolge ein Durchschnittsjapaner im Jahr 2000 täglich 104   000 Kilokalorien verbraucht hat (weniger als die Hälfte des westlichen Niveaus). Um 1900 war das östliche Kerngebiet noch überwiegend agrarisch, der industrielle Einsatz von Öl und selbst von Kohle steckte noch in den Kinderschuhen. Die Energieausbeute in Japan lag vielleicht bei rund 49   000 kcal pro Kopf und Tag (wieder weniger als die Hälfte des Verbrauchs im Westen). Während der letzten fünf Jahrhunderte wuchsen Kohleverbrauch und landwirtschaftlicher Ertrag stetig. Um 1600 war die Produktivität im Jangtse-Delta höher als in irgendeiner Region des Westens, bis 1750 aber holten die holländische und die englische Landwirtschaft auf, und die Reallöhne im Osten entsprachen eher denen in Südeuropa als denen im reichen Nordeuropa. Ich habe die Energieausbeute im östlichen Kerngebiet auf rund 29   000 kcal pro Kopf und Tag im Jahr 1400 geschätzt, auf 36   000 im Jahr 1800, wobei der größte Teil der Erhöhung im 18. Jahrhundert stattfand.
    Es wird darüber debattiert, wie sehr die Krise nach 1200 den Energieverbrauch in China beeinflusst hat; zu vermuten ist, dass es gegenüber den Höchstwerten in der Song-Ära, in der der Verbrauch 30   000 kcal pro Kopf und Tag vermutlich überstieg, zu einer leichten Absenkung kam.
    Wie im Westen belegen archäologische Befunde, dass die Energieausbeute Mitte des 1. Jahrtausends u. Z. einen Tiefpunkt

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