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Wer regiert die Welt? – Warum Zivilisationen herrschen oder beherrscht werden

Wer regiert die Welt? – Warum Zivilisationen herrschen oder beherrscht werden

Titel: Wer regiert die Welt? – Warum Zivilisationen herrschen oder beherrscht werden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Morris
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Erst nach 14   000 v. u. Z., als kein eisiges Gletscherwasser mehr in die Meere strömte, machte die Welt für jeden Schritt, der zurück in die Kälte führte, spürbare zwei hin zur Wärme. Um 12   700 v. u. Z. wurde daraus ein Galopp: In nur einer Generation erwärmte sich die Erde um etwa drei Grad Celsius und war damit nur mehr um ein, zwei Grad von den Temperaturen entfernt, die wir aus unserer jüngeren Vergangenheit kennen.

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    Abbildung 2.1: Das Gesamtbild
    Die Veränderungen, die dieses Kapitel thematisiert, im globalen Überblick.

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    Abbildung 2.2: Ins Eis geschriebene Geschichte
Das Verhältnis zwischen Sauerstoffisotopen in den Luftblasen, die im arktischen Eis eingeschlossen wurden. Sie zeigen, wie das Klima in den letzten 20   000 Jahren zwischen warm & feucht und kalt & trocken schwankte.
    Die Christen des Mittelalters haben sich das Universum gerne als »Große Kette des Seins« vorgestellt, als eine Hierarchie, von Gott herab bis zum geringsten Wurm. Der reiche Mann in seinem Schloss, der Arme vor dessen Tor – alle hatten ihren vorbestimmten Platz in einer zeitlos-unwandelbaren Ordnung. Wir können uns eine »Große Kette der Energien« vorstellen, sollten uns allerdings hüten, auch diese als zeitlos und unwandelbar zu denken. Gravitationsenergie strukturiert den Kosmos; sie war es, die die kosmische Ursuppe in Wasserstoff und Helium umgewandelt hat – und diese einfachen Elemente schließlich zu Sternen. Unsere Sonne arbeitet wie ein riesiger Fusionsreaktor, der Gravitationsenergie in elektromagnetische Energie umwandelt. Aus einem kleinen Teil davon machen die Pflanzen auf der Erde durch Photosynthese chemische Energie. Tiere fressen die Pflanzen, ihr Stoffwechsel wandelt chemische um in kinetische Energie. Das Zusammenspiel zwischen den Schwerkräften von Sonne und Planeten formt die Umlaufbahn der Erde und entscheidet darüber, wie viel elektromagnetische Energie wir auf der Erde empfangen, wie viel chemische Energie die Pflanzen produzieren und wie viel kinetische Energie die Tiere daraus machen. Und daraus folgt alles andere.
    Um 12   700 v. u. Z. vollführte die Erde einen Sprung hinauf in der Großen Kette der Energie. Mehr Sonnenlicht bedeutete mehr Pflanzen, mehr Tiere, mehr Auswahl |91| und Möglichkeiten für die Menschen, was ihre Nahrung, ihre Arbeit und ihre Reproduktion anbelangte. Jedes Individuum und jede kleine Gruppe – alle werden ihre Möglichkeiten auf eigene Weise kombiniert und genutzt haben. Insgesamt gesehen jedoch reagierten die Menschen auf den Aufwärtssprung in der Großen Energiekette nicht viel anders als die Pflanzen und Tiere, von denen sie lebten: Sie vermehrten sich. Auf jedes Menschenwesen, das um 18   000 v. u. Z. gelebt hatte (möglicherweise eine halbe Million), kam um 10   000 v. u. Z. ein ganzes Dutzend.
    Welche Wirkung die globale Erwärmung auf die Menschen hatte, war abhängig davon, wo sie lebten. In der südlichen Hemisphäre milderten die großen Meere die Folgen des Klimawandels, doch im Norden kam es zu heftigen Gegensätzen. Für die Sammler in der Tiefebene, die dem Schwarzen Meer vorausging, war die Erwärmung eine Katastrophe; nicht viel besser erging es den Menschen in den Küstenebenen. Während der Eiszeit hatten sie in den reichsten Vorratskammern der damaligen Welt gelebt, doch eine wärmere Welt bedeutete einen steigenden Meeresspiegel. Jedes Jahr mussten sie sich weiter vor den Wellen zurückziehen, die ihre alten Jagdgründe überfluteten, bis diese schließlich völlig versunken waren. 2* Für die meisten Menschen der nördlichen Halbkugel jedoch war der Aufwärtssprung in der Energiekette ungetrübtes Glück. Sie konnten den Pflanzen und Tieren nach Norden folgen, in Regionen, die zuvor zu kalt gewesen waren, um sie zu ernähren. Gegen 13   000 v. u. Z. (der genaue Zeitpunkt ist umstritten) hatten sich die Menschen in Amerika verbreitet, wohin bislang noch kein Affenmensch den Fuß gesetzt hatte. Um 11   500 v. u. Z. erreichten sie die Südspitze des Kontinents, kletterten dessen Berge hinauf, drangen in die Regenwälder vor. Die Erde stand der Menschheit offen.
    Der Garten Eden
    Die größten Nutznießer der globalen Erwärmung lebten in einem Band, das »Glückliche Breiten« genannt wird; gemeint ist in der Alten Welt der Streifen zwischen dem 20. und 35. Grad nördlicher Breite, in der Neuen Welt zwischen |92| dem 15. Grad südlicher und 20. Grad nördlicher Breite. Pflanzen und

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