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Wer sagt, dass Kinder gluecklich machen

Wer sagt, dass Kinder gluecklich machen

Titel: Wer sagt, dass Kinder gluecklich machen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Gerberding , Evelyn Holst
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Wo zwei waren, sind jetzt drei – und zwei kommen zu kurz.
    »Uns wuchs alles über den Kopf«, sagt Hanna. »Wir haben nur noch aufgerechnet, ich hab die Kinder zur Schule gebracht, du holst sie ab. Ich hab Getränke besorgt, du gehst zum Supermarkt. Ich hab die Wäsche gemacht, du bist mit Staubsaugen dran. Das hat sich auch nicht geändert, als die Kinder in die Pubertät kamen. Allein dieser Stress mit der Hausaufgabenbetreuung ist eine Superbelastung und keiner von uns hat nach dem Job noch Lust dazu.«
    »Lange habe ich gezögert, ob wir ein Kind haben sollten oder nicht«, seufzt Jan, 41. »Denn eigentlich ging es uns gut: tolle Jobs, nette Freunde, schöne Wohnung und interessante Reisen. Doch Mona wollte eine Familie.

    Kurz vor der Geburt habe ich schon geahnt, dass von nun an jemand zwischen uns stehen wird. Und so war es auch: Mona war für unsere Tochter rund um die Uhr verfügbar, wollte sie auch nicht betreuen lassen, war deshalb total überfordert. Ich bekam zwar Aufgaben zugeteilt, aber letztlich wusste sie alles besser. Ich hab das einfach auf Dauer nicht ausgehalten, mich zu Hause immer wie das dritte Rad am Wagen zu fühlen.« Kurz vor dem vierten Geburtstag trennten sich Jan und Mona.
    Psychologen sprechen von einem regelrechten »Zuwendungsterror«, den hauptsächlich junge, unerfahrene Mütter über ihre Babys ausschütten, wobei dieser umso intensiver
ist, je weniger Kinder sie haben. Einzelkinder und ihre Väter werden deshalb besonders terrorisiert.
    »Meine Frau war so fanatisch mit dem Baby, dass ich es nur küssen durfte, wenn ich mir vorher die Lippen mit einem Desinfektionstuch abgewischt hatte«, sagt Eberhard, 38, ein Kind, geschieden. »Lukas war ein völlig gesundes [Ref17]

    Kind, aber sie hat sein Kinderzimmer zum Hochsicherheitstrakt gemacht, alles musste steril sein. Jedes kleine Hüsterchen war eine Lungenentzündung, jeder Schnaufer ein Atemstillstand. Ich glaube, dass manche Mütter in der Schwangerschaft und nach der Geburt einfach durchdrehen.«
    »Dieser durchaus landestypische Mittelschichtsalbtraum zwischen dreißig und vierzig verläuft ungefähr so: erst große Liebe, Party, zwei Jobs. Dann Kind, Haus am Stadtrand, pendeln, zweites Kind«, stand im stern , »dann Teilzeit für die Frau, finanziell am Anschlag, Hobbys weg, Freunde weg, endlose Fahrdienste, alles, wirklich alles für die optimale Entwicklung des Nachwuchses tun. Schließlich Liebe weg. Scheidung. Finanziell am Ende.« Wenn Menschen Eltern werden, passieren oft seltsame Dinge. Aus ganz normalen Mitbürgern werden über Nacht verkniffene, humorfreie Extremisten. Stets im Dienste ihres Kindes, über das sie wachen wie über eine Kiste Rohdiamanten. Jedes zahnlose Lächeln – ein kleines Wunder. Jedes Entwicklungsschrittchen  – ein Nobelpreis! Und für alles hauptverantwortlich? Die superstolze Mami! Der stolzgeschwellte Papi!
    Dürfen wir an dieser Stelle noch einmal ganz offen sagen, wie schrecklich wir ganz besonders diese Mütter finden? Wie sehr wir darauf hoffen, dass aus ihrem Superbaby ein Teeniemonster wird, das mit dreizehn kifft, mit fünfzehn den ersten Sex hat und mit siebzehn von der Schule fliegt? Die bewusst kinderlose Entertainerin Ina Müller, 46, sieht es in einem Interview, das sie der Frankfurter Allgemeinen
Zeitung gab, ähnlich: »Die jungen Frauen wirken auf mich irgendwie verkrampft in ihrer Lockerheit: Immer so tun, als wäre alles ganz easy, tolle Kinder, tolle Erziehung, super Mann, heißer Sex. Und ein bisschen Kohle und Status wuppen wir auch noch. Ich nehme das vielen Frauen nicht ab.« Ja, wir lieben unsere Kinder, den Wunsch, »sie einfach zurückzustopfen«, den eine Mutter auf einem Spielplatz einmal äußerte, hatten wir nur sehr selten. Aber wir hatten ihn. [Ref18]
    Aber manchmal ist es auch verflucht anstrengend. Mütter und Väter rackern sich ab, um das Glück ihrer Kinder zu sichern. Das ist ihre Pflicht und Schuldigkeit. Aber wo bleiben sie selbst dabei? Verzicht auf das eigene Glück für das vermeintliche Glück des Kindes? »Wir lieben unsere Kinder, wir lieben uns, aber wir hassen unser Leben«, schreibt dazu passend die Schriftstellerin Jana Hensel im ZEITMAGAZIN . »(…) Alle Gesetze, die das Leben in der Vor-Elternzeit bestimmten, widersprechen den Gesetzen der Kinder. Früher war man jung und schön, cool und lässig, spontan und unabhängig. Mit großer Mühe schuf man sich ein Leben, in dem man sich treiben lassen und unterwegs sein konnte, in dem

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