Wer sagt, dass Kinder gluecklich machen
etwas an?‹ Leider hatte er seine beiden sich überlappenden
Liebschaften sehr ungünstig gewählt, sie gingen nämlich beide auf seine Schule, er sah sie täglich. Es gab Tränendramen im Unterricht und viel Frust und schlechte Laune zu Hause. Mein Gott, fand ich das alles anstrengend, zumal mein eigenes Liebesleben schon seit ein paar Jahren auf Nullniveau vor sich hin dümpelte.
Tief erschöpft, verwünschte ich die Pubertät im Allgemeinen und das Überangebot an jungen weiblichen Reizen in unserem Leben im Besonderen. Wochenlang war unsere Wohnung eine dampfende Hormonhölle – heulende Mädchen und ein Sohn, der mit der Situation völlig überfordert war. Ich tröstete, schlichtete, schimpfte und versuchte vergeblich, mich ab und zu auch mal auf mein Sofa zurückzuziehen. Ständig schmiss sich ein aufgelöster Teenie neben mich und wollte beachtet werden. War ich früher auch so? Ich glaube nicht. Meine Eltern hätten sich bedankt!
Nach drei Wochen entschied er sich für seine Ursprungsfreundin, Ruhe kehrte ein. Doch dann kündigte die letztjährige Sommerferienliebe aus Portugal ihren Gegenbesuch in Deutschland an und ich hatte plötzlich ihren sehr strengen, sehr katholischen Vater am Telefon. ›Ich erwarte eine lückenlose Beaufsichtigung meiner Tochter, sie ist noch minderjährig‹, sagte er. ›Selbstverständlich getrennte Schlafzimmer und spätestens um einundzwanzig Uhr muss sie zu Hause sein.‹ Die Freundin meines Sohnes verkündete sofort, sie werde in den betreffenden Nächten bei uns schlafen – und ich entkam dem Drama nur mit der Drohung, dass mein Sohn ALLEIN in seinem Bett schlafen würde und beide Mädels sich das Wohnzimmersofa teilen müssten. Bin gespannt, was noch kommt. Ein frühes Enkelkind vielleicht?«
»Hört dieser Streit denn nie auf?« – Kinder plus Karriere, Kinder oder Karriere
Es gibt viele Konflikte auf dieser Welt. Israel und Palästina haben einen, die Grünen haben einen mit Umweltverschmutzern und ganz Europa hat einen mit dem Euro. Den albernsten aller Konflikte haben wir Mütter. Er heißt: Karrierefrauen mit Kindern gegen Vollzeitmütter.
Es ist etwas an einer Frau, die scheinbar mühelos zwischen Küche und Konferenz pendelt, die auf High Heels zum Elternabend erscheint, deren Smartphone ständig wichtig piept, das eine Vollzeitmami innerlich auf die Palme bringt und Sätze sagen lässt wie »Oh, Sie schaffen es nicht zum Elternbastelabend nächste Woche? Ich gebe Ihnen mal die Telefonnummer von Dr. Schöller, einem Spezialisten für wohlstandsverwahrloste Kinder, von dem ich natürlich nur gehört habe«.
Und es ist etwas an einer gut versorgten Gattin mit Kindern, die ihre Marmelade selbst einkocht – selbstverständlich mit Biofrüchten aus dem eigenen Garten –, die danach ihre Kinder zum Flöten-, Judo- oder Chinesischunterricht bringt, das einer abgehetzten, berufstätigen Mutter, die zwischen Büro, Supermarkt und Kindergarten oder Schule hin-und herhetzt, ganz schlechte Laune macht.
Warum ist das noch immer so? Warum gönnen wir anderen Müttern nicht das ganz andere Leben? Weil jede die andere einerseits beneidet und sich ihr andererseits überlegen fühlt. Und aus dieser Gemengelage die allerschönsten und überflüssigsten Minderwertigkeits- und Schuldgefühle entstehen. Das hat die Autorin Anna Katharina Hahn in ihrem Roman Kürzere Tage wunderbar beschrieben: »Auch von der Kontaktbörse Kindergarten hat sie sich mehr versprochen. Wenn sie die anderen Mütter im Hof des Kindergartens zusammenstehen sieht und Gesprächsfetzen auffängt, die von Hilfeleistungen aller Art, gemeinsam verbrachten Nachmittagen und sogar Wochenenden zeugen, wird sie neidisch. Sie hat keine Zeit, bleibt die Neue, die Eilige, die sich mit Nadelstreifenkostüm und Make-up vorkommt wie [Ref27]
ein Raubtier, das eine Kolonie kuscheliger Pinguine umkreist. So gerne sie sie würgen und rupfen möchte, diese Jeans- und Pulli-Trägerinnen, deren Watschelfüße Turnschuhsohlen sind und aus deren Schnäbeln es über Biogemüse und Triple-P-Elterntraining quakt, so gerne möchte sie auch dazugehören, sich zum innersten Punkt der Herde vordrängen.«
Wir wollen alles – Luxusprobleme für Luxusmütter
Das, was wir wollen, bekommen wir meistens nicht. Weil »das Leben« – und das mit Kindern ganz besonders – »das ist, was passiert, wenn du gerade andere Pläne machst«, wie John Lennon in seinem Lied Beautiful Boy so richtig singt: »Life is what happens
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