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Wer sagt, dass Kinder gluecklich machen

Wer sagt, dass Kinder gluecklich machen

Titel: Wer sagt, dass Kinder gluecklich machen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Gerberding , Evelyn Holst
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»Fernwehvirus« möglichst schnell hinter sich bringt und nicht erst mit Ende dreißig, denn dann sind wir alt und haben unsere Kinder lieber in der Nähe. Während der Ausbildung lernt es einen Partner kennen, den wir mögen, mit dem bleibt es zusammen und beschert uns mindestens zwei Enkelkinder, die ihre Großeltern über alles lieben. Dazu mehr in dem Kapitel »Wenn aus Kindern Eltern werden«.
    Wenn Sie so ein Kind haben, dann lesen Sie bitte nicht weiter, denn dieses Kapitel ist ausschließlich für Eltern bestimmt, denen es nicht so gut geht wie Ihnen. Er stimmt nämlich leider wirklich, dieser blöde Spruch, der Ihnen in der Kleinkindphase so oft auf den Senkel ging: »Kleine Kinder, kleine Sorgen, große Kinder, große Sorgen.« Sie haben diesen Satz immer dann gehört, wenn Klein-Sophie im Lokal die Windel knallvoll hatte und Sie natürlich keine Ersatzwindel
dabeihatten. Oder Klein-Johann die doppelverglaste Wohnzimmerscheibe mit dem Fußball in tausend Scherben schoss und Sie die Haftpflichtversicherung nicht rechtzeitig erneuert hatten. Alles reparierbar, alles nicht so schlimm. Wirklich schlimm ist dagegen die Erkenntnis, dass es Probleme gibt, die nicht so schnell zu reparieren sind. Vielleicht überhaupt nicht. Schlimm ist es, wenn Kinder Entscheidungen für ihr Leben treffen, die wir für falsch halten. Wenn sie völlig anders leben, als wir es ihnen vorgelebt haben. Das mag enttäuschend sein, ist aber nicht zu ändern. Finden wir uns einfach damit ab. Auch wenn es schwerfällt.
    »Mein Sohn Nico hat mir eine Woche vor dem Abitur gesagt, dass er lieber Musik machen als studieren will«, sagt Britta, 49. »Es wäre sowieso lausig ausgefallen, aber er hätte immerhin einen Abschluss gehabt. Da er

    volljährig war, konnte ich nichts machen. Er hat tatsächlich die Schule verlassen. Er ist jetzt fünfundzwanzig und verdient sein Geld als Straßenmusikant. Ich könnte heulen, aber das verkneife ich mir. Jedenfalls wenn wir uns Geschafft! sehen, was selten genug ist, vermutlich weil er weiß, wie sehr ich unter seinem Leben leide.«
     
    Was brauchen unsere Kinder? Zuerst Wurzeln, später Flüüügel!
    Es gibt viele Nicos und Nicolas in Deutschland, Kinder, die keine mehr sind und aus Sicht der Eltern die falsche Entscheidung getroffen haben, wenn sie ihre Banklehre hinschmeißen und auf Jamaica eine Bar aufmachen, einer Sekte beitreten oder nach der Schule vor sich hindümpeln, nicht in die Gänge kommen und ihnen jeglicher Antrieb fehlt. Für viele Eltern und ihre Kinder ist die Phase nach dem Schulabschluss eine ganz besonders schwierige. Die Struktur der Schule fällt weg und wenn kein Studien- oder Ausbildungsplatz
gefunden wurde, »hat man plötzlich das Gefühl, einen jungen Arbeitslosen oder Rentner zu Hause zu haben«, beschreibt es eine Mutter. »Man weiß nicht, wie man den Tag organisieren soll. Ganz schrecklich fand ich diese Phase.«
    »Der Anblick meines bis mittags im Bett liegenden Sohnes hat mich schier wahnsinnig gemacht«, bestätigt Jutta, 59. »Die Schulzeit war zwar auch stressig, aber da war er wenigstens jeden Morgen aus dem Haus und bis nachmittags sinnvoll beschäftigt.«
    Die besondere Belastung für Eltern von Kindern, die, was Lebenstüchtigkeit angeht, keine Selbstgänger sind, ist die Unsicherheit: eingreifen oder laufen lassen? Und die Ungewissheit, ob sich diese Situation jemals ändert. Ob sie ein vorübergehender Zustand ist oder der Anfang vom Ende. Wir wissen natürlich, dass wir zu anderen Zeiten jung waren als unsere Kinder, dass wir es vermutlich leichter hatten. Trotzdem vergleichen wir, benutzen so blöde Elternsätze wie »Also, als ich so alt war wie du, war ich schon …« und »… hatte ich bereits …«. Wir drängeln, nerven, ermahnen und erreichen gar nichts. Jeder Mensch hat sein

    ureigenes Lebenstempo, Kinder oft ein ganz anderes als Eltern. Das ist schwer auszuhalten, für beide Seiten.
    Das gilt auch für das Liebesleben unserer Kinder, in das uns nicht einzumischen oft wahnsinnig schwerfällt. »Meine Tochter hat leider einen Hang zu Bad Boys«, seufzt eine Mutter. »Bushido ist ihr Traummann. Da sie eigentlich eine Brave ist, wird sie von diesen bösen Buben natürlich ständig ausgenutzt. Der Vorvorletzte hat ihr Konto geräumt, der Vorletzte ihr Auto zu Schrott gefahren und der Letzte mit ihr ein Doppelbett für seine neue Wohnung gekauft, in dem drei Tage später ihre Nachfolgerin übernachtete. Dann ist wieder die Mutti gefragt, die

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