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Wer schlafende Hunde weckt

Wer schlafende Hunde weckt

Titel: Wer schlafende Hunde weckt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Brookmyre
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war.
    Wahrscheinlich sprach es für sein Geschick im Beschaffen von Alkohol während der Untersuchungshaft, dass er immer noch auf nicht schuldig plädierte. Wenn Catherine später anderen davon erzählte, lachten sie oft, aber sie selbst machte es stinksauer. Sie wusste, dass rechtsstaatliche Verfahren eingehalten werden mussten, aber gleichzeitig fragte sie sich, wie viel es den Staat wohl kostete, zu diesem vorbestimmten Schuldspruch zu kommen. Garantiert mehr als der Penner in seinem ganzen Leben verdient hatte. Der Scheißkerl wusste, dass er schuldig war, er wusste, dass er in den Knast kommen würde, aber er ließ sich von der Allgemeinheit das volle Programm bezahlen.
    Vor ihr standen Leute in einem Pulk und sahen sich die Verhandlungsdaten an. Wie immer erinnerten Catherine die Hängemonitore stark an die auf dem Flughafen. Sammy konnte sich schon mal auf einen verdammt langen Urlaub einstellen. Als sie über die Köpfe hinweg die Augen von Monitor zu Monitor wandern ließ, sah sie eine vertraute Gestalt mit einem Aktenstapel unter dem Arm über den Flur laufen. Es war Dominic Wilson, der junge Star der Staatsanwaltschaft und Sohn des Erzfeindes genau dieser Institution, Ruaraidh Wilson, Queen’s Counsel. Er trug einen leicht silbrigen, anthrazitfarbenen Dreiteiler, der ihn gleichzeitig ein bisschen extravagant aber auch älter wirken ließ. An irgendetwas erinnerte er sie, und sie hätte sich in den Arsch beißen können, dass es ihr nicht sofort einfiel. Er ahmte den Stil seines alten Herrn nach. War es ein Witz, eine kalkulierte Beleidigung, oder deutete es vielleicht doch an, dass er seinem Vater näherstand, als viele Leute glauben wollten? Vielleicht ein bisschen von beidem. Hatte es eine Annäherung gegeben? Oder kann doch niemand jemals seinem Elternhaus entfliehen?
    Er hielt den Blick gesenkt und hatte sie wohl nicht gesehen; oder vielleicht hatte er sie zuerst gesehen und absichtlich weggeschaut. Das hieße, dass er nicht mit ihr reden wollte, was sie wiederum in ihrem Verdacht bestärkte, dass es etwas Besonderes gab, worüber er nicht reden wollte.
    »Guten Morgen, Dominic«, sagte sie und stellte sich ihm in den Weg.
    Er tat überrascht.
    »Ach, hi, Catherine. Wie geht’s Ihnen? Sind Sie wegen dem unglaublichen, schwimmenden Alki hier?«
    »Genau, ich …«
    »Hals- und Beinbruch«, unterbrach er sie. »Tut mir leid, keine Zeit. Hab selber gleich ’ne Verhandlung.«
    »Okay, aber zu den Sälen geht’s da lang«, erinnerte sie ihn und warf einen kurzen Blick über die Schulter. »Wenn Sie noch Zeit für ’ne Kippe haben, haben Sie bestimmt auch Zeit für mich. Gehen wir!«
    »Scheiße«, seufzte er und setzte beleidigt seinen Weg zum Haupteingang fort.
    Sie wartete, bis er sich eine angezündet und daran gezogen hatte, denn sie wusste, dass sie vor seiner Nikotindosis nichts aus ihm herausbekommen würde.
    »Wissen Sie, mit wem ich gestern geredet hab?«, fragte sie. »Mit Gary Fleeting.«
    Er rollte die Augen, was bestätigte, dass er wusste, was kam.

    »Und, wie geht’s ihm so?«, fragte er durch zusammengebissene Zähne.
    »Na ja, für einen, der gerade mit so einer Menge Heroin erwischt wurde, sah er mir ehrlich gesagt ein bisschen zu frei aus. Was ist passiert, Dom?«
    »Die Wege der schottischen Justiz sind unergründlich«, erwiderte er müde. Er ballte die Faust und öffnete sie wieder mit der Handfläche nach oben, als wäre etwas weggezaubert worden oder entflogen. Catherine kannte die Geste von Ruaraidh Wilson, der sie manchmal in Verhandlungen einsetzte, wenn er ein wichtiges Beweisstück plötzlich nebensächlich oder völlig irrelevant erscheinen ließ. Für einen, der angeblich das absolute Gegenteil seines Vaters sein wollte, ähnelte er ihm doch verdammt stark. Der Apfel war eindeutig nicht weit vom Stamm gefallen, was die Witze und Andeutungen Lügen strafte, seine hingebungsvolle Arbeit als Staatsanwalt sei ein Beweis für eine Affäre seiner Mutter. Solche Sachen erzählten sich die Polizisten, wenn sie sich über die okkulte Macht Ruaraidh Wilsons hinwegtrösten mussten, die immer wieder ihre stärksten Anstrengungen zunichtemachte.
    Bezeichnenderweise hatten genau diese verbitterten Polizisten Dominic in schwierigeren Zeiten immer als Sohn seines Vaters akzeptiert. In seiner Jugend und Studienzeit hatte er, angeblich aufgrund seines schwierigen Verhältnisses zu Wilson père , gedroht, auf die schiefe Bahn zu geraten. Es gab ein paar Probleme mit Alkohol und harten

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