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Wer schlafende Hunde weckt

Wer schlafende Hunde weckt

Titel: Wer schlafende Hunde weckt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Brookmyre
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fähigere Kräfte sich der Sache annahmen, in die Jasmine hineingezogen worden war.
    Stattdessen machte die Welt anscheinend völlig gleichgültig so weiter wie vorher. Besonders Ingrams war wohl gerade nichts wichtiger, als den Wagen aus der Hecke zu befreien. Irgendetwas an seinem Pragmatismus kränkte sie zutiefst.
    Verschiedene Autos fuhren in beiden Richtungen vorbei. Alle bremsten und sahen sich die Szene an, manche Leute ließen sogar das Fenster herunter und wollten helfen, doch Ingrams winkte alle schweigend weiter. Er wollte eindeutig niemandem etwas erklären müssen, woraus Jasmine Schlimmes schloss.
    »Wollen Sie denn nicht die Polizei rufen?«, fragte sie ungläubig, als er die Fahrertür aufhielt und ihr bedeutete, wieder einzusteigen.
    »Eigentlich nicht, nein. Es wäre ziemlich schwierig, denen zu erklären, was hier passiert ist, ohne zu erwähnen, dass ich eine Pistole dabeihatte, was mir einige Komplikationen bereiten würde.«
    »Komplikationen? Männer mit Schrotflinten zum Beispiel? Ich würd sagen, wenn die mir den Kopf wegpusten, wird’s ziemlich kompliziert. Ist doch nicht mein Problem, dass Sie in Sachen verwickelt sind, für die Sie ’ne Pistole unterm Auto brauchen. Doch, heute war es ja mein Problem, und deshalb hab ich allen Grund, die Polizei zu rufen.«
    Ingrams ließ sie eine Weile schnattern und verwarf dann ihre Einwände, indem er den Motor startete. Sein Blick ließ sie wieder erstarren.
    »Zuallererst, noch einmal: Pistole, eine, Singular. Zweitens, auch schon gesagt: Sie sind hier in irgendetwas verwickelt.Und drittens, wenn ich keine Pistole gehabt hätte, würden wir jetzt beide an unseren Schussverletzungen sterben. Also fände ich es nur höflich, wenn Sie mich aus Dankbarkeit, dass ich Ihnen zweimal das Leben gerettet habe, nicht bei den Bullen verpfeifen würden.«
    Jasmine schwieg eine Weile wütend. Dankbar war sie ganz und gar nicht, weil sie ihm immer noch nicht abkaufte, dass ihr das alles passiert war und nicht ihm. Der Kerl kann einem ein Gewehr aus der Hand schießen, wurde ihr klar. Das hieß, dass er sich bewusst dazu entschieden hatte, den Angreifer nicht zu töten oder auch nur zu verwunden, sondern ihn nur zu verjagen. Warum?
    Komplikationen. Hinterher zu viel aufzuräumen. Schwierige Gespräche mit der Polizei. Wer würde selbst in so einer Situation nicht die Polizei einschalten? Und was würde er sagen, wenn sie darauf bestand? Sie musste wissen, an wen sie geraten war, vor allem, ob er der Schlimmste war, den man sich vorstellen konnte.
    Er deutete ihr Schweigen als Ende der Diskussion und manövrierte den Landrover aus der Hecke heraus und vom Seitenstreifen herunter.
    »Das muss aufgeklärt werden«, sagte sie so ruhig und nachdrücklich wie möglich. »Wenn Sie recht haben, und die hinter mir her waren, muss ich mich schützen. Tut mir leid, dass ich Ihnen Schwierigkeiten mache, aber ich muss zur Polizei.«
    Ihr Herz hatte wieder angefangen zu rasen, fast so schnell wie bei dem Angriff, und es würde sich erst wieder beruhigen, wenn sie seine Antwort hörte, die leider auf sich warten ließ.
    Jetzt schwieg Ingrams. Er fuhr den Wagen langsam auf den Asphalt, und als er behutsam beschleunigte, blies warme Luft durch die zerschmetterten Hinterfenster. Da er sich nicht weiter äußerte, machte sie sich Gedanken, wie er sie wohl am Reden hindern wollte.
    »Ich kann Sie beschützen«, sagte er schließlich. »Besser alsdie Polizei. Ich komme mit Ihnen zurück nach Glasgow und gehe mit Ihnen der Sache auf den Grund.«
    Ja, klar, war ihre erste Reaktion. Doch dann dachte sie an DS McDade und Sergeant Collins, daran, wie sehr sie sich gewünscht hatte, ernst genommen zu werden, und an die spätere Einsicht, dass sie ihr nur so weit helfen würden, wie es in ihrem eigenen Interesse lag. Ingrams dagegen bot ihr seine persönliche Hilfe an. Aber wer sagte eigentlich, dass es nicht auch nur in Ingrams’ Interesse lag, ihr zu helfen? Welche Motivation hatte er, sich so einzumischen, außer der, die Polizei aus der Sache herauszuhalten?
    »Ich dachte, das Ganze hat nichts mit Ihnen zu tun. Sie haben doch angeblich keine Ahnung, was los ist. Erinnern Sie sich noch dran?«
    »Ich weiß wirklich nicht, was los ist, aber jetzt hat die Sache auf jeden Fall was mit mir zu tun. Ihr Chef verschwindet, und auf seinem Schreibtisch liegt offen eine Akte mit meinem Namen und der Anschrift des Zufluchtsorts. Sie kommen vorbei und wollen nachforschen, und plötzlich werden wir

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