Wer schlafende Hunde weckt
Kollegen mal von Iain Fallan gesprochen haben. Wurde der nicht ermordet?«
»Iain Fallan war in den Siebzigern und Achtzigern CID – Polizist in Gallowhaugh. Eines Abends wurde er tot in seinem Auto aufgefunden. Einzelne Stichwunde im Hinterkopf. Der Mörder wurde nie gefasst. Keine Einbruchsspuren, also wurde angenommen, dass er seinem Mörder genug vertraut hatte, ihn hinter sich im Auto sitzen zu lassen.«
»Ein anderer Polizist?«
»Fallan war korrupt, das wusste jeder. Er hatte Feinde und Verbündete zu beiden Seiten des Gesetzes. Sein Sohn folgte seinem Vorbild nur zur Hälfte. Er arbeitete als Schuldeneintreiber, Handlanger und Killer für Tony McGill und später für Stevie Fullerton, als Tony ins Gefängnis kam. Es gibt keine großartige Akte über ihn. Er war kein Glasgower Durchschnittskrimineller. Er war vorsichtig und diskret und kanntesich mit der Polizei gut genug aus, um sich nie erwischen zu lassen. Er hinterließ so gut wie nie eine Leiche, sondern ließ die Leute einfach verschwinden. Viele Leute.«
»Das hört sich alles so nach Vergangenheit an. Wenn er so gut war, was ist dann aus ihm geworden?«
»Interessanterweise ist er dann eines Tages selbst verschwunden. Vor einundzwanzig Jahren, im Sommer 1989. Es hieß, er sei zu Hause auf dem Land in Lanarkshire ermordet worden. Der Sage nach waren es Stevie Fullerton und seine Leute aus Rache dafür, dass Fallan Stevies Cousin wegen einer Frau umgebracht hat. Ganz normaler Verbrecher-Hickhack.«
Catherine wusste nicht, wohin das führen sollte. Fullerton war heutzutage ein ziemlich großer Fisch, aber sie hatte keinerlei Anzeichen gesehen, dass er sich im Krieg mit Frankie Callahan oder sogar Paddy Steel befinden könnte.
»Und was hat diese faszinierende Anekdote aus der Regionalgeschichte mit meiner Ermittlung zu tun?«
»Verlässlichen Quellen nach sieht Glen Fallan ziemlich gut in Form aus für einen Toten. Er ist gestern bei einem Exknacki und gelegentlichen Informanten namens William Bain aufgekreuzt.«
»Gelegentlicher Informant? Wollte der nicht bloß mal wieder die Hand aufhalten?«
»Mein Kontakt berichtet, dass Bain völlig eingeschüchtert war. Fallan soll aus seiner Identität kein Geheimnis gemacht haben, aber Bain hat nicht rausgerückt, was er wollte. Fallan hatte eine junge Frau um die zwanzig dabei und war mit einem roten Honda Civic da. Bain hat sich das Nummernschild aufgeschrieben. Der Wagen gehört einer Jasmine Sharp, die übrigens Montag auf der Wache in Partick eine Vermisstenmeldung aufgegeben hat: ihr Onkel, Jim Sharp, Privatdetektiv und Polizist im Ruhestand.«
Die Entschlossenheit und Klarsichtigkeit, mit der Catherine Abercorns Büro betreten hatte, waren nur noch Erinnerungen, als sie es wieder verließ. Sie war verwirrt, frustriert und verdammt wütend. Sie wusste nicht genau, was da drinnen passiert war, hatte aber das Gefühl, dass sie hinterher weniger wusste als vorher. Klassischer Abercorn. Zwar hatte er ihr eigentlich neue Informationen gegeben, aber trotzdem war ihr, als hätte sie ein Taschendieb ausgenommen. Sie hätte es vorher wissen sollen, aber das machte es nur noch schlimmer.
Psychospielchen waren das, sonst gar nichts. Abercorn war nicht auf Callahans Mord vorbereitet gewesen, und jetzt wollte er für Ablenkung sorgen, bis er selbst wieder auf dem Laufenden war.
Der große Dealer, den er überwachte – und für den er im Hintergrund die Fäden gezogen hatte, damit er im Geschäft blieb – war vor seiner Nase erschossen worden, und jetzt hatte er keine Spuren mehr. Hatte Abercorn Angst, dass sein Job am seidenen Faden hing? Meinte er, dass seine Vorgesetzten sich vielleicht Gedanken machen könnten, ob er wirklich besser für den Posten bei Locust war als sie, wenn sie diese Mordfälle löste und den vorangegangenen an McDiarmid? War er so paranoid? So kleinlich? Oder verbarg er in purer Abercorn-Art irgendeine andere Absicht, von der sie nichts wusste?
Auf jeden Fall würde sie sich nicht von ihm sabotieren lassen. Denn dieser ganze Glen-Fallan-Quark war doch ganz offensichtlich nur ein Versuch, sie auf die falsche Fährte zu locken.
Clarks Gesetz galt nach wie vor. Die Laboranalyse von Cairns’ Heroinfang warf ein paar schwierige Fragen auf, aber die Personenkonstellation blieb doch dieselbe. Alles drehte sich um Gary Fleeting und Jai McDiarmid, Frankie Callahan und Paddy Steel, Liam Whitaker und Tommy Miller.
Sie spazierte langsam über den Parkplatz, um wieder einen klaren Kopf
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