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Wer schön sein will, muss sterben

Wer schön sein will, muss sterben

Titel: Wer schön sein will, muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Jaffe
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wie eine klaffende Wunde. Und die Unfähigkeit, sie zu schließen, ist so frustrierend, macht zornig und zutiefst einsam.
    Jetzt richtete meine Mutter die Augen auf die Polizeibeamtin, und als sie sprach, war ihre Stimme ruhig, aber ich konnte sehen, dass ihre Hände geballt und die Knöchel weiß waren. »Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie unterbrochen habe«, sagte sie zu der Polizeibeamtin. »Wir stehen alle ziemlich unter Schock. Bitte machen Sie weiter.«
    Die Polizeibeamtin warf ihr ein mildes Lächeln zu und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf mich. »Der Abend, an dem die Party war. Sie sind nach draußen gegangen. Vielleicht wollten Sie einfach nur frische Luft schnappen? Oder jemanden treffen?«
    Jemanden treffen? Hatte ich das? Plötzlich erinnerte ich mich blitzartig daran, wie ich auf der Straße stand und telefonierte. »Wo ist mein Handy?«
    »Es wurde kein Handy bei Ihnen gefunden. Könnten Sie es bei der Party vergessen haben?«
    »Gerade … mir fällt ein, dass ich damit mit jemandem gesprochen habe. Als ich draußen war.«
    »Ihr Handy ist noch nicht wieder aufgetaucht, und auch in der Umgebung des Unfallortes ist keines gefunden worden. Erinnern Sie sich an noch etwas? Irgendetwas, was das Auto betrifft, das Sie angefahren hat?«
    »Nein.«
    »Müsste es nicht Kratzer oder Dellen an dem Auto geben?« Joe sagte das, als hätte er gerade die Kernfusion entdeckt. »Sollten Sie dem nicht nachgehen?«
    »Häufig ist an dem fraglichen Auto ein Schaden, und wir werden das mit Sicherheit überprüfen, wenn wir einen Verdacht haben.« Die Polizeibeamtin wandte ihre Aufmerksamkeit wieder mir zu. »Gibt es vielleicht irgendjemanden, der Ihnen etwas antun will?«
    Bevor ich antworten konnte, sagte meine Mutter: »Niemand würde Jane verletzen wollen, sie ist sehr beliebt.«
    »Ich muss danach fragen, Ma’am.« Die Polizeibeamtin richtete den Blick jetzt auf meine Mutter. »Was ist mit Ihnen? Haben Sie oder Ihr Mann …«
    »Ich habe noch nicht die Ehre, diesen Titel zu führen«, sagte Joe mit einem besitzergreifenden Grinsen. Ich wünschte, ich könnte ihn ohrfeigen.
    »Dann eben Verlobter. Hat einer von Ihnen Feinde?«
    Meine Mutter verdrehte die Augen. »Ich bin Politikberaterin, natürlich habe ich Feinde, aber keiner von ihnen würde Körperverletzung begehen, besonders nicht an einem Kind.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ziemlich sicher.«
    »Es wäre schlecht fürs Geschäft«, warf ich ein.
    Meine Mutter presste die Lippen zusammen, widerstand mühsam dem Impuls, mich zu tadeln.
    Es interessierte mich zu hören, was Joe über Feinde zu sagen hatte, aber er sagte nur: »Das ist irrelevant.« Ausweichmanöver. Dann ging er in die Offensive. »Ist das hier ein Angelausflug, oder haben Sie irgendeine Spur, Officer?«
    »Wir untersuchen eine Vielzahl von Möglichkeiten.«
    »Das heißt?«, fragte Joe herausfordernd.
    Die Polizeibeamtin schien ihn ebenso wenig zu mögen wie ich. »Das heißt, dass wir unseren Job machen.«
    Joe stand auf. »Kann ich draußen mit Ihnen sprechen, Officer?«
    »Ja, wenn ich hier fertig bin, vorher würde ich noch gern …«
    »Sie sind hier fertig«, antwortete Joe der Frau und wies mit dem Kopf zur Tür.
    Sie blickte ihn fest an. »Ich würde gerne kurz allein mit Jane sprechen.«
    »Sie ist minderjährig«, sagte meine Mutter. »Ich habe das Recht, dabei zu sein.«
    »Jane ist keine Verdächtige, sie ist ein Opfer, und ich habe einige Fragen, die sie vielleicht lieber beantwortet, wenn keiner der Familie dabei ist.«
    »Ich fordere …«
    »Ist schon okay, Mom«, unterbrach ich sie. »Ich spreche allein mit Officer Rowley.«
    Meine Mutter presste die Lippen wütend aufeinander, aber sie ging und nahm Annie und Joe mit.
    Officer Rowley zog einen Stuhl neben das Bett und setzte sich. Aus der Nähe sah ich, dass ihre Nägel nicht einfach kurz, sondern abgekaut waren. Vielleicht war sie doch nicht so perfekt. »Nun, Jane, als ich Sie gefragt habe, ob Sie Feinde haben, hatte ich das Gefühl, dass Sie etwas sagen wollten, bevor Ihre Mutter eingriff. Woran dachten Sie?«
    Ich hatte daran gedacht, dass ich das Gefühl gehabt hatte, dass mich jemand beobachtete, jemand, der mich hasste. Es war nur ein zarter Erinnerungsfetzen an die Party, mehr ein Eindruck als eine Tatsache. Wie sollte ich das erklären: »Ich dachte, jemand würde mich anstarren«? Zusammen mit der Drohbotschaft, die ich auf dem Spiegel gesehen hatte, würde das gar nicht so aussehen, als wäre ich

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