Wer schön sein will, muss sterben

hatte.
    Er machte einen Schritt auf mich zu, hielt dann aber inne und blickte von den Scherben zu mir. »Officer Rowley bat mich herzukommen. Was ist passiert?«
    »Die Vase mit deinen Blumen ist kaputtgegangen.« Loretta warf mir mit dem Kehrblech in der Hand einen schnellen Blick zu.
    »Oh, dann muss sie wohl schon von Anfang an fehlerhaft gewesen sein. Tut mir leid! Vor allem wegen der Schweinerei, die es gemacht hat.«
    Er schien nicht übermäßig bekümmert, dass die Vase zerbrochen war. Er wäre es bestimmt gewesen, wenn es irgendein ausgeklügeltes Abhörgerät gewesen wäre, überlegte ich. Aber das bedeutete trotzdem nicht, dass ich verrückt gewesen war, weil ich gedacht hatte, er würde mich abhören.
    Er ging auf die Knie und begann, beim Saubermachen zu helfen. Es war Sonntag, aber er trug ein Hemd, für das man Manschettenknöpfe brauchte. Einen konnte ich sehen, darauf stand
Law
. Ich fragte mich, ob auf dem anderen
Order
stand. Passte perfekt zu einem Überwachungsjunkie. Als ich mich vorbeugte, ertappte ich mich dabei, dass ich einen prüfenden Blick auf seinen Hintern warf und nach Unterwäschekonturen suchte, die erkennen ließen, dass er Mädchenunterwäsche trug.
    Vielleicht war ich wirklich verrückt.
    »Danke, mein Lieber«, sagte Loretta zu ihm und nahm den Mülleimer mit hinaus, als wir endlich fertig waren. Sie warf mir einen bösen Blick zu. »Ich schicke jemanden mit einem Mob, um das restliche Wasser aufzuwischen.«
    Officer Rowley kam herein und schloss die Tür hinter Loretta.
    »Mr Montero, bitte erzählen Sie Jane, was Sie mir vorhin erzählt haben. Beginnen Sie an der Stelle, wo Jane die Party verlässt.«
    »Ich habe gesehen, wie Jane aus dem Haus stolperte, und bin ihr nachgegangen.«
    Ich versuchte, mich in Gedanken dorthin zurückzuversetzen.
    Der Flur vor mir wellt sich, der Teppich bewegt sich. Ich strecke die Hände aus wie ein Schlafwandler. Wenn ich bloß die Treppe hinunter könnte, denke ich. Wenn ich hier nur rauskomme, bin ich in Sicherheit.
    Warum?
    Gesichter verschwimmen vor mir, bekannte Gesichter, die jetzt in die Länge gezogen und verzerrt sind, lachende Münder haben. Ich habe Angst, in ihre Augen zu sehen, Angst vor dem Hass, der darin zu sehen sein wird.
    Geh weiter!
    Ich schaffe es die Treppe hinunter ins Wohnzimmer. Es ist überfüllt mit schwitzenden Körpern. Leute stoßen gegen mich, aber ich muss weiter, so wie ein Lachs, der flussaufwärts schwimmt, um zu überleben. Ich schiebe und schlängele mich und –
    Ich bin draußen.
    Draußen ist es nicht kühl, wie ich erwartet hatte. Die Luft ist heiß und schwer wie eine Decke.
    »Ich rief ihren Namen«, sagte Ollie zu Officer Rowley und mir.
    In meiner Erinnerung höre ich jemanden hinter mir her schreien: »Jane, warte!« Aber es klang nicht wie Ollie.
    »Als ich dich endlich eingeholt hatte, bist du geschwankt und sahst komisch aus. Ich habe dich zur Treppe gebracht und versucht, in deine Augen zu gucken … Ich wollte nachsehen, ob du eine Gehirnerschütterung hattest.«
    »Woher denn?«
    »Bevor du die Treppe heruntergelaufen warst, hatte dich irgendwas am Kopf getroffen und dann warst du kurz bewusstlos.«
    »Wovon wurde ich getroffen?«
    »Ich weiß es nicht, ich hab nur gesehen, wie du auf den Boden gesunken bist. Ich hab mir also deine Augen angeguckt, und für mich sahst du okay aus.«
    Ich spüre die warmen Steine der Stufe durch den dünnen Rock und an meinen nackten Oberschenkeln. Ich sitze da, fassungslos, überlege …
    Plötzlich ist Ollie da, beugt sich über mein Gesicht. Er sieht besorgt aus und nüchtern. Er fasst mich ans Kinn, dreht mein Gesicht von einer Seite zur anderen.
    »Was machst du?« Ich ziehe den Kopf weg.
    »Du hast dich am Kopf gestoßen.«
    »Mir geht’s gut, lass mich.«
    »Warte hier, ich fahr dich nach Hause.«
    »Nein.«
    »Ich komm gleich wieder.« Er geht hinein. Ich schaffe es, aufzustehen.
    Ollie schüttelte den Kopf, als ich ihm erzählte, woran ich mich erinnerte. »Du hast einen Teil ausgelassen«, sagte er fast entschuldigend. Er trat von einem Fuß auf den anderen, als fühlte er sich unbehaglich.
    »Welchen Teil?«
    »Der Teil, als du gesagt hast: ›Du deckst doch nur deinen Freund, dieses Arschloch. Es ist nichts los mit mir. Ich weiß, was ich gesehen habe.‹ Und ich sagte: ›David verdient dich nicht.‹ Und dann – das ist peinlich – habe ich versucht, dich zu küssen.«
    Daran konnte ich mich überhaupt nicht erinnern. Nichts davon schien zu