Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses
Informationen besitzt, der so regelmäßig wie ein Uhrwerk zur Arbeit erschienen ist und der mit seiner Miete nie im Rückstand war, eines Abends ausgeht und nicht wieder nach Hause zurückkehrt. Wir müssen schon rechtes Glück haben, wenn wir jetzt noch etwas von ihm erfahren wollen, und das gilt für alle anderen auch!«
Ich holte das Rasiermesser aus seiner Lederscheide hervor und legte es auf den Tisch. »Er hätte dieses Gerät nicht zurückgelassen, Morris, wenn er aus freien Stücken geflüchtet wäre. Außerdem ist heute Zahltag, wie Mr Fletcher mich informiert hat, und Adams muss schon einen triftigen Grund haben, um sein Geld nicht abholen zu gehen. Setzen Sie sich mit der Flusspolizei in Wapping in Verbindung. Schicken Sie eine Beschreibung des Mannes mit. Ich habe das ungute Gefühl, dass wir Mr Adams aus dem Fluss ziehen werden.«
KAPITEL VIERZEHN
Elizabeth Martin
Ich war nicht sicher, was Tante Parry im Hinblick auf ihre neuen Informationen zu unternehmen gedachte, doch ich spürte in meinen Knochen, dass sie irgendetwas vorhatte. Das Erste jedoch, was sie tat, überraschte mich dann doch vollkommen.
Am folgenden Morgen, einem Samstag, war ich in meinem Zimmer, als ein Klopfen an der Tür Nugent ankündigte. Sie trat ein, auf den ausgestreckten Armen ein glänzendes Stück feinster indischer Tussahseide in einem blassen Goldton, der an eine reife exotische Frucht erinnerte.
»Mylady lässt fragen, ob Sie vielleicht Verwendung für diesen Hausmantel hätten, Miss Martin? Er wurde für Mylady angefertigt, als sie und der verstorbene gnädige Herr auf ihrer Hochzeitsreise waren. Er müsste ein wenig geändert werden, um der modernen Mode zu entsprechen, doch Mrs Parrys Schneiderin könnte das erledigen.« Nugent schüttelte den Mantel aus und hielt ihn vor sich. Die Falten aus Seide flatterten mit einem verführerisch klingenden leisen Rascheln zu Boden. »Oder, falls nicht allzu viel zu ändern ist, könnte ich es auch machen, Miss. Ich bin gut mit Nadel und Faden.«
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, doch Nugent stand dort, hielt mir den Hausmantel hin und wartete auf eine Antwort.
»Das ist sehr freundlich von Mrs Parry«, brachte ich zu guter Letzt hervor. »Ich werde gleich zu ihr gehen und mich bei ihr bedanken, wenn sie imstande ist, mich zu empfangen.«
Der Mantel sah aus, als hätte er ungefähr meine Größe. Tante Parry war früher einmal beträchtlich schlanker gewesen! Die größte Änderung wäre bei den Ärmeln erforderlich, die recht tief angesetzt waren gemäß der früheren Mode.
Ich nahm den Hausmantel von Nugent entgegen. Er wog so gut wie nichts im Vergleich zu meinen übrigen Kleidern. Die feine Wildseide fiel in meiner Hand zusammen wie hauchdünnes Papier. »Ich nähe selbst ein wenig«, sagte ich zu Nugent. »Wenn Sie mir helfen könnten, bin ich sicher, dass wir etwas zustande bringen, ohne die Schneiderin zu bemühen.«
Ich konnte das Geschenk nicht ablehnen, doch ich war entschlossen, mich nicht dem leicht mitleidigen Blick der Näherin auszusetzen, die herbeigerufen werden würde, um den aus zweiter Hand stammenden Hausmantel der mittellosen Gesellschafterin einer reichen Frau zu ändern.
»Ganz recht, Miss!«, sagte Nugent fröhlich. Mir dämmerte, dass sie sich darauf freute, das wunderbare Material in die Finger zu bekommen. »Ich sage Mylady sogleich Bescheid. Ich habe es mir bereits genauer angesehen, Miss. Es dauert sicherlich nicht lange. Wir trennen die Ärmel auf, sehen Sie, hier an den Passen, wo sie an den Rumpf angenäht sind. Dann nehmen wir ein kleines Stück aus dem Saum – es ist reichlich vorhanden – und benutzen es dazu, Puffärmel zu nähen, die wir über die Nähte platzieren, bevor wir das Ganze wieder befestigen, nachdem wir die Armlöcher vorher passend gemacht haben.«
»Sind Sie sicher, Nugent?«, fragte ich zweifelnd.
»Absolut sicher, Miss. Ich habe schon schwierigere Dinge genäht. Als die Mylady – ich sollte das nicht sagen –, aber als Mylady anfing, ein wenig an Gewicht zuzulegen, ließ ich all ihre Mäntel heraus, und bei einigen war das gar nicht einfach. Am Ende ließ sie sich eine Menge Sachen neu machen, weil sich die Mode verändert hatte und so.« Nugent tätschelte den Seidenstoff liebevoll. »Diesen Mantel hier habe ich immer gemocht. Das Geschäft des gnädigen Herrn hat alle möglichen wunderbaren Stoffe aus dem Osten importiert, und das war einer davon. Das einzige Problem ist, dass ich keine passende
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