Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses
Gepäck zu meinen Füßen gestanden und gewartet hatte, während Simms Wally Slater bezahlt hatte, vor so kurzer und doch auch vor so langer Zeit.
Obwohl Simms nirgends zu sehen war, konnte man nie wissen, ob er nicht unvermittelt und lautlos irgendwo auftauchte. Ich öffnete die Tür zur Bibliothek, und Ross und ich gingen ohne ein Wort hinein. Ich schloss die Tür hinter mir. Dr. Tibbett würde sicherlich seine eigene Interpretation dieses Verhaltens zum Besten geben. Doch ich hatte den alten Schulmeister als das durchschaut, was er war. Tibbett hatte kein Recht, mich zu kritisieren, und sollte er es je wieder versuchen, würde ich ihn das in aller Deutlichkeit wissen lassen.
Ich drehte mich zu Ross um. »Ich wollte Ihnen noch einmal persönlich danken«, sagte ich. »Nicht nur dafür, dass Sie mich gerettet haben, sondern auch, weil Sie dafür Sorge getragen haben, dass der armen Madeleine Hexham nun endlich Gerechtigkeit widerfahren kann. Ich möchte mich außerdem dafür entschuldigen, weil alle oben so unhöflich zu Ihnen waren.« Meine Empörung darüber ließ meine Stimme zittern.
Er sah mich gelinde amüsiert an. »Ich bin es gewöhnt, dass man mich auf diese Weise attackiert. Die Geringschätzung durch Dr. Tibbett und die anderen lässt mich völlig unbeeindruckt.« Ross zuckte mit den Schultern.
»Sie mögen ja so großzügig sein, ihnen zu vergeben, ich bin es nicht!«, platzte ich heraus. »Sie sind scheinheilige Heuchler, alle zusammen, außer vielleicht Frank, und Frank ist nur deswegen nicht unter ihnen, weil er sich damit zufriedengibt zu glauben, dass alle ihn genauso lieben, wie er sich selbst liebt, und dass er es nicht nötig hat, sich um ihre Zuneigung zu bemühen! Mrs Parry wusste, dass Madeleine in London eine Fremde war. Sie war verantwortlich für sie! Sie hat kein Recht, mit derartiger Verachtung über Madeleine zu richten! Sie war selbst die Tochter eines Landgeistlichen, genau wie Madeleine. Wenn nicht mein Patenonkel Josiah, dort oben in diesem Porträt …« Ich streckte die Hand aus und zeigte auf das Bild. »Wenn nicht mein Patenonkel gewesen wäre und sie geheiratet hätte, wäre sie wahrscheinlich in der gleichen Position gelandet wie Madeleine, als Gesellschafterin oder Gouvernante. Da reißt mir der Geduldsfaden!«
Ich war so ungehalten beim Gedanken an die anderen oben, dass ich wütend mit dem Fuß aufstampfte, was Ross noch mehr zu amüsieren schien. Doch dann wurde er unvermittelt ernst.
»Sie sind nicht die Einzigen mit einer großen Verantwortung auf den Schultern. Vielleicht hat Mr Carterton ja Recht, und ich hätte mir diesen Fletcher schon viel früher ansehen sollen. Dann wären Sie erst gar nicht in so große Gefahr geraten. Ich mache mir die größten Vorwürfe deswegen. Ja, ja, es ist meine Schuld. Ich weiß nicht, wie ich so dumm sein konnte, Fletcher nicht sogleich als das zu durchschauen, was er war. Meine liebe Lizzie, wenn ich daran denke, was er hätte tun können … ich meine natürlich, liebe Miss Martin … ich …« Er geriet ins Stammeln und verstummte.
»Warum hätten Sie ihn verdächtigen sollen?«, tröstete ich ihn. »Sie wussten schließlich nicht, dass Fletcher schon häufiger in diesem Haus gewesen ist. Es ist keine Überraschung, dass er es Ihnen nicht gesagt hat, aber einer von den anderen, entweder Tante Parry oder Frank, hätte es tun müssen. Einer von beiden hätte merken müssen, dass Fletcher ein falsches Spiel spielt.«
»Ich nehme an, Mrs Parry spricht nicht mit der Polizei über ihre geschäftlichen Angelegenheiten. Was Mr Carterton angeht, so ist es ihm wahrscheinlich gar nicht in den Sinn gekommen.« Ross gestattete sich ein leichtes Lächeln.
Ich fühlte mich veranlasst, Frank zu verteidigen, auch wenn ich selbst ihn vorhin kritisiert hatte. »Sie dürfen nicht meinen, dass Frank Carterton ein Dummkopf ist«, sagte ich. »Er kann recht vernünftig sein, und ich hoffe, dass er sich einen achtbaren Ruf erwirbt, wenn er erst in St. Petersburg ist.«
»Werden Sie ihn vermissen, Lizzie?«, fragte Ross und beobachtete mich genau.
»Nein«, antwortete ich leise. »Ich werde ihn nicht vermissen. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich habe keinerlei persönliches Interesse an Mr Frank Carterton.«
Ein leises, erleichtertes Seufzen entwich Ross. »Werden Sie in diesem Haus bleiben, Lizzie?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Für den Augenblick bleibt mir nichts anderes übrig, doch ich habe vor, nach einer Alternative zu
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