Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses
eine sehr direkte Art, eine solch schockierende Neuigkeit zu verkünden.« Ihr Gesicht hatte sich besorgniserregend gerötet, und ihre plumpen Finger packten die Armlehnen so fest, dass die Knöchel weiß durch die Haut schimmerten.
»Bitte entschuldigen Sie, Ma’am«, sagte unser Besucher. »Ich fürchte, es liegt in der Natur meiner Pflichten, dass ich häufig der Überbringer schlimmer Nachrichten bin. Glauben Sie mir, es gibt keinen anderen Weg, als es unverblümt und direkt zu sagen.«
Tante Parry zog ihr Taschentuch hervor und wedelte das kleine spitzenbesetzte Stück Stoff vor ihrem Gesicht auf und ab als Ersatz für einen Fächer. In mir stieg der Verdacht auf, dass ihr Verhalten mehr von Irritation als von Kummer geprägt war und dass das flatternde Taschentuch ausgezeichnete Dienste bei dem Versuch leistete, ihre Gesichtszüge zu verbergen, bis sie sich wieder im Griff hatte.
Schließlich ließ sie die Hand wieder in den Schoß sinken; offensichtlich hatte sie ihre Selbstbeherrschung wiedererlangt. »Wann … Wo … Wie …?«, fragte sie schließlich und fügte gereizt hinzu: »Du lieber Himmel, wenn doch nur Frank da wäre oder wenigstens Dr. Tibbett. Ich wiederhole, Inspector, Sie hätten ruhig bis heute Abend warten können, wenn ein Mann im Hause ist.«
»Wenn ich Sie nun zuerst bitten dürfte, mir die genaueren Umstände des Verschwindens von Miss Hexham zu schildern?«, bat Ross entschieden.
Er hatte offensichtlich keine Geduld mehr mit Tante Parrys Protesten und betrachtete sie als durchaus vernehmungsfähig. Ich denke, sie erkannte das auch, denn sie blinzelte einmal und starrte ihn dann hart an.
»Am achten März wurde der Polizeiwache von Marylebone gemeldet, dass Madeleine Hexham am Tag zuvor Ihr Haus verlassen hätte und am Abend nicht zurückgekehrt sei. Sie wurde damals beschrieben als von leichter Statur, nicht groß, blondhaarig und mit einem lavendelfarben gestreiften Kleid aus Popeline bekleidet. Außerdem wurde gemeldet, dass sie wahrscheinlich einen Paisley-Umhang und eine kleine Haube getragen hätte, doch diese Gegenstände sind verschwunden – oder genauer gesagt, wir haben sie bisher noch nicht wiedergefunden.«
Tante Parry hob abwehrend die Hände, um dem Inspector Einhalt zu gebieten. Ihr plumpes Kinn war störrisch vorgestreckt, und ich vermutete, dass sie innerlich schon wieder wütend wurde. »Das ist ganz unmöglich! Zugegeben, sie ist auf sehr eigenartige Art und Weise von hier fortgegangen, einfach so eines Morgens aus dem Haus spaziert, ohne jemandem ein Wort zu sagen, und sie hat überhaupt nichts mitgenommen. Doch wir haben … das heißt, ich habe einen Brief von ihr erhalten, ungefähr eine Woche später. Ich bin sicher, es muss sich um eine Verwechslung handeln, Inspector, und die unglückliche Frau, von der Sie sprechen, ist nicht unsere Madeleine.«
»Einen Brief?« Inspector Ross klang aufgeregt. »Haben Sie diesen Brief noch? Dürfte ich ihn sehen?«
Doch Tante Parry schüttelte den Kopf. »Nein, ich habe ihn nicht mehr. Ich war so böse auf sie. Sie schrieb, sie sei durchgebrannt! Wir hatten ja nicht die geringste Ahnung! Wir hatten nie auch nur einen Hauch von Verdacht! Ich habe den Brief zerrissen.«
Ross schaute sie bestürzt an, doch dann fasste er sich wieder. »Und es besteht kein Zweifel, Ma’am, dass der Brief in Madeleines Handschrift verfasst war?«
»Warum sollte er das nicht gewesen sein?« Sie starrte ihn verblüfft an. »Es sah jedenfalls nach ihrer Schrift aus. Ich habe ihn Mrs Belling gezeigt, einer Freundin, die Madeleine zu uns gebracht hat. Sie hatte einige ältere Briefe von Madeleine. Sie stammt aus dem Norden. Sie war Mrs Belling nicht persönlich bekannt, sondern einer Freundin in Durham, wenn Sie mir folgen können. Doch Mrs Belling hat nicht daran gezweifelt, dass es Madeleines Handschrift war!« Tante Parry schüttelte den Kopf. »Ich kann das einfach nicht glauben!«
»Das tut mir ausgesprochen leid«, sagte Inspector Ross. »Können Sie mir dann bitte verraten, so genau wie möglich, was Madeleine Hexham Ihnen geschrieben hat? Wenn es geht, den exakten Wortlaut.«
Mit einem Geschick, das an einen Zauberkünstler erinnerte, zückte er, noch während er sprach, ein kleines Notizbuch zusammen mit einem Stift und machte sich bereit, Tante Parrys Antwort zu notieren. Ich war sehr erstaunt darüber, und ich denke, Tante Parry ging es nicht anders.
Ich öffnete den Mund, um ihm zu sagen, wie sehr ich von seiner
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