Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses

Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses

Titel: Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Granger
Vom Netzwerk:
gekommen war. In diesem Augenblick näherte sich eines der Kindermädchen, von denen Bessie erzählt hatte, und eröffnete mir die passende Gelegenheit. Es war ein hübsch zurechtgemachtes junges Mädchen mit einer gestärkten Haube mit Spitzenbändern, die einen Korbwagen mit einem sehr kleinen Säugling darin schob.
    »Das ist aber ein hübsches Baby!«, sagte ich zu Bessie, als das Kindermädchen mit seinem Wagen vorbei war.
    »Ich hätte nichts dagegen, als Kindermädchen zu arbeiten«, vertraute mir Bessie an. »Im Waisenhaus hab ich mich auch immer um die Kleinen gekümmert. Ich hab ihnen ihren Brei gefüttert und ihre Windeln gewechselt. Das hat mir Spaß gemacht. Ich hab immer furchtbar geweint, wenn eins von den Babys gestorben ist.«
    Ihr Ton war philosophisch; nichtsdestotrotz nahm ich an, dass ihre Zuneigung für kleine Kinder aufrichtig war und von Herzen kam.
    »Sind viele Babys gestorben, Bessie?«
    Sie ließ die mageren Schultern hängen. »Eine ganze Reihe, ja. Wenn sich eins von ihnen irgendetwas fängt, steckt es alle anderen an. Obwohl, wenn ein Kind krank war, hat das Waisenhaus sich geweigert, es bei sich aufzunehmen, aus Angst vor Infektionen. Einige von ihnen waren wie ich, als ich dorthin gebracht wurde. Nichts als kleine Babys, und sie hatten keine echte Chance. Die meisten wurden von ihren Müttern ausgesetzt. Sie konnten sie nicht behalten, waren höchstwahrscheinlich nicht verheiratet oder hatten bereits mehr Kinder, als sie satt kriegen konnten. Sie ließen die Babys irgendwo zurück, genauso, wie meine Mutter mich in der Kirche gelassen hat. Sie hat sich Mühe gemacht, meine Mutter. Sie hat mich an einem trockenen, sicheren Ort zurückgelassen, von dem sie wusste, dass man mich dort finden würde. Ich hatte einen kleinen gestrickten Mantel an und war in ein Stück Decke gewickelt, hat man mir erzählt, und bei mir fand man einen Zettel, auf dem meine Mutter darum bat, dass man sich um mich kümmerte und mich nicht an die Wohlfahrt übergab. Also brachte mich der Pfarrer, der mich gefunden hat, zu dem Waisenhaus, das die Kirche unterhält. Manche Babys werden einfach auf der Straße ausgesetzt. Häufig werden sie auf der Schwelle des Waisenhauses gefunden. Manchmal sind sie so frisch, dass sie noch nicht mal ordentlich sauber gemacht worden sind und noch die Nabelschnur an ihren Bäuchen haben. Das Waisenhaus nimmt solche Kinder nicht auf, sondern übergibt sie an die Wohlfahrt. Die Wohlfahrt gibt sie zu Ammen, wenn sie noch nicht entwöhnt sind, und das ist ein verdammtes Pech, ist es. Manche haben Glück und werden gut versorgt, andere nicht. Ich war ungefähr vier Monate alt, als sie mich in dieser Kirche gefunden haben; also hat meine Mutter schätzungsweise versucht, mich zu behalten, und konnte es dann doch nicht.«
    Das war eine raue Bekanntschaft mit Leben und Tod gewesen, doch ich schätzte, Bessie war sich dieser sogenannten ›Fakten des Lebens‹ klar bewusst. Ich sinnierte über Bessies Mutter, die gebildet genug gewesen war, um einen Brief bei ihrem Baby zu hinterlassen, in dem sie darum bettelte, dass sich jemand um das Kind kümmerte. Sie hatte außerdem gewusst, dass das Wohlfahrtssystem seine Mängel hatte, und gebeten, ihr Kind nicht seinem spartanischen Regime zu überantworten. Vielleicht war sie ein ›Mädchen aus gutem Hause‹ gewesen, das von seinem Freund sitzen gelassen worden war. Oder vielleicht war sie eine junge Bedienstete in einem gehobenen Haushalt gewesen, die verführt worden war. Falls ja, dann hatte sie womöglich jemanden bezahlt, der sich die ersten vier Monate um das Kind gekümmert hatte, und war mit ihrem mageren Lohn nicht imstande gewesen, die finanziellen Belastungen weiter zu tragen.
    »Bessie …«, begann ich vorsichtig. »War Miss Hexham in den Wochen vor ihrem Verschwinden morgens krank, wenn du ihr das heiße Wasser gebracht hast?«
    Sie antwortete nicht darauf. Ich schaute sie von der Seite her an. Sie starrte auf das Pflaster zu ihren Füßen, und der Hut verbarg ihr Gesicht.
    »Litt sie an Übelkeit? Musste sie sich übergeben? Ich frage dich nicht, um es hinterher Mrs Parry zu erzählen. Ich frage, weil ich wissen will, was mit Madeleine Hexham passiert ist. Und dazu muss ich als Erstes herausfinden, unter welchen Umständen sie das Haus verlassen hat.«
    »Manchmal …«, murmelte Bessie so leise, dass ich es fast überhört hätte.
    »Ihr war manchmal übel?«
    »Ja, Miss. Ich hab ihr geholfen, es aufzuwischen. Ich hab’s

Weitere Kostenlose Bücher