Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses
annehmen, dass er sie gleich am ersten Tag gefangen nahm, als Slater sie zur St. Luke’s Kirche gefahren hat.«
»Er hatte wahrscheinlich zuerst einen anderen Plan«, schlug ich vor. »Aber der ging nicht auf.« Ich zermarterte mir das Gehirn auf der Suche nach einer anderen Erklärung und erkannte ein wenig verspätet, dass ich auf meiner Unterlippe kaute, wie ich es als Kind getan hatte, wenn ich über etwas rätselte. »Vielleicht hat er sie zuerst irgendwo anders festgehalten«, überlegte ich laut, »und sie erst später nach Agar Town gebracht.«
Ross murmelte etwas, das ich nicht verstand. Laut sagte er: »Nun, ich weiß, was ich als Nächstes zu tun habe, aber Sie müssen wieder zurück zu dem Haus am Dorset Square. Ich werde eine Transportmöglichkeit für Sie und Bessie arrangieren.«
»Ich bin sicher, Mr Slater wird uns fahren«, sagte ich und stand auf.
Ross kam um seinen Schreibtisch herum und stellte sich vor mich. »Ich bin Ihnen äußerst dankbar, Miss Martin«, sagte er. »Und ich mache mir große Sorgen um Sie.«
Er sah tatsächlich besorgt aus. Seine Stirn unter dem wirren Schopf schwarzer Haare war in Falten gelegt. Die unordentlichen Haare erinnerten mich an den Knaben von damals bei der Grube. Vielleicht hatte er sich gar nicht so sehr verändert, wie ich zuerst geglaubt hatte.
»Machen Sie sich wegen mir keine Gedanken«, sagte ich leise. »Sie haben genügend andere Dinge, um die Sie sich kümmern müssen.«
»Und ich möchte unter keinen Umständen, dass Sie zu einem dieser Dinge werden!«, lautete seine unerwartete Erwiderung. »Verstehen Sie mich nicht falsch, Miss Martin. Ja, ich mache mir Gedanken um Ihr Wohlergehen, schon allein um Ihretwillen. Aber ich mache mir auch als Polizeibeamter Gedanken. Sie müssen sehr vorsichtig sein. Wir haben es hier mit einem Mann zu tun, der bereits einmal gemordet hat. Er denkt jetzt wahrscheinlich, dass er einen Schritt auf einem Weg gemacht hat, von dem es kein Zurück mehr gibt. Er wird erneut töten, sollte er es als notwendig erachten. Lassen Sie niemanden sehen, wie sehr Sie sich für diese Geschichte interessieren. Es wäre nicht klug.«
Unerwartet lächelte er. »Dr. Martin hat sich sehr um mich gekümmert«, sagte er. »Sollte ich mich da nicht genauso sehr um seine Tochter kümmern?«
Ich öffnete meinen Mund, schluckte und murmelte etwas vor mich hin, ich weiß nicht mehr was; dann zog ich mich verwirrt aus seinem Büro zurück. Seine Warnung war fest in mein Gehirn gebrannt.
KAPITEL ZWÖLF
Wir kamen erst am späten Vormittag zurück zum Dorset Square, obwohl Wally Slater uns so schnell dorthin fuhr, dass der Growler von einer Seite zur anderen schaukelte und ich mehr als nur ein wenig Angst hatte. Bessie hingegen genoss die Fahrt sichtlich.
Ich schickte sie sogleich nach unten in das Souterrain und ging nach drinnen, wo ich mich bei Simms entschuldigte.
»Mylady sitzt bereits beim Mittagessen«, informierte mich der Butler. »Gehen Sie direkt zu ihr hinein, oder soll ich ihr Bescheid sagen, dass Sie zurückgekehrt sind und später kommen?«
»Ich gehe besser gleich hinein«, erwiderte ich. »Falls ich nicht zu zerzaust aussehe.«
Simms musterte mich aufmerksam von Kopf bis Fuß und stellte fest: »Sie haben einen Fleck am Kinn, Miss Martin. Es sieht aus wie Ruß.«
Meine Wartezeit am Bahnhof hatte offensichtlich ihre Spuren hinterlassen. Ich wünschte, einer meiner Begleiter hätte mich darüber informiert, bevor ich Inspector Ross gegenübergetreten war! Ich spähte in einen Spiegel an der Wand und rieb den Fleck ab. Sodann übergab ich Simms meinen Hut, straffte meinen Rock und ging zum Esszimmer. Als ich die Tür erreicht hatte, rief Simms mir hinterher: »Ein Gentleman ist zu Besuch, Miss Martin. Er isst mit Mylady zu Mittag.«
Ich hatte keine Zeit mehr, mich zu erkundigen, wer es war. Es konnte nicht Tibbett sein, von dem ich wusste, dass er sich anderweitig vergnügte, und es konnte auch nicht Frank sein, der im Foreign Office zu tun hatte oder sich sonst wo in der Stadt herumtrieb. Außerdem hätte Simms mir gesagt, wenn der Mann Mr Carterton gewesen wäre.
Ich öffnete die Tür. Wie es schien, war eine lebhafte Unterhaltung im Gang gewesen, die auf der Stelle verstummte, als die Teilnehmer mein Eintreten bemerkten.
Tante Parry blickte mit gerötetem und erregtem Gesicht zu mir und rief: »Oh, Elizabeth, da bist du ja!«
Ich hätte schwören können, dass sie richtig enttäuscht klang. Hatte ich ein Tête-à-tête
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