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Wer sich nicht fügen will

Wer sich nicht fügen will

Titel: Wer sich nicht fügen will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Letholainen
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als Einziger.
    Der Mann, der nun auftrat, war um die vierzig, mittelgroß und elegant gekleidet. Die schwarzen Haare und der schwarze Schnurrbart bildeten einen so scharfen Kontrast zu seinem blassen Gesicht, dass ich annahm, sie seien gefärbt.
    »Mauri Hytönen aus Vesanto, Sie haben den Mut gehabt, sich auf der Internetseite unserer Show darüber zu äußern, weshalb Sie käuflichen Sex in Anspruch nehmen. Und nun erzählen Sie es bitte noch einmal hier in der Sendung.«
    Hytönen strich seine Krawatte glatt. »Ich war zweimal verheiratet, aber eine feste Beziehung ist nicht das Richtige für mich. Ich will nach meinen eigenen Vorstellungen leben. Man findet selten Frauen, die wirklich bereit sind, Sex zu haben, ohne gleich eine feste Bindung zu verlangen. Mit Professionellen sind die Spielregeln eindeutig, und man bekommt für sein Geld genau das, was man will.« Er bemühte sich, korrektes Hochfinnisch zu sprechen, doch sein Savoer Dialekt klang immer wieder durch.
    »Wie suchen Sie sich die Frauen aus?«
    »Ich habe einige feste Mädchen, die ich regelmäßig besuche, zum Teil hier in der Hauptstadtregion, zum Teil in Tallinn. Ich zahle gern für gute Qualität, und ich bevorzuge Frauen, die weder Junkies sind noch unter der Fuchtel eines Zuhälters stehen. Es ist absurd, dass Bordelle nicht legalisiert werden. Das wäre wesentlich sicherer, sowohl für die Mädchen als auch für uns Freier, da bräuchte man keine Angst vor krummen Sachen zu haben. Das Ganze ist doch ein ehrlicher Handel.«
    »Keineswegs, solange es illegal ist«, ergriff Lasse Nordström das Wort.
    »Sind zwischenmenschliche Beziehungen nicht immer ein Tauschhandel, im Guten wie im Schlechten?«, warf Anna-Maija Mustajoki ein, doch Länsimies übertönte sie: »In Frauenzeitschriften werden die Männer aufgefordert, die Wohnung zu putzen, denn schwups, dann hätten ihre Frauen am Abend auch Lust. Ein Handel ist das, sonst nichts! So oder so muss jeder Mann für seinen Sex bezahlen.«
    »Was soll das heißen, der Mann muss immer bezahlen!«, rief Terhi Pihlaja. »Als wäre Sex etwas, das nur die Männer wollen, während Frauen von Natur aus kein Verlangen danach haben, sondern nur dem Mann zu Gefallen sind. Damit füttert man nur die Vorstellung, dass eine Frau, die Spaß am Sex hat, irgendwie anrüchig ist.« Anna-Maija Mustajoki nickte so heftig, dass ihre großen Brüste wippten und ihr eine Haarsträhne ins Gesicht fiel. Länsimies hob die Hand, um die Diskussion zu stoppen, dann machte er eine Kunstpause.
    »Wir haben bereits einige Aspekte kennen gelernt, doch noch fehlt uns die Perspektive der Professionellen. Darf ich …« Der Redestrom versiegte, Länsimies starrte vor sich hin. Offenbar erhielt er über den Kopfhörer eine Regieanweisung. »Einen kleinen Augenblick noch, gleich stelle ich Ihnen eine Person vor, die …«
    Die Frau, die plötzlich ins Studio gerannt kam, war völlig außer sich. Sie schien etwas zu rufen, ich glaubte das Wort »tot« von ihren Lippen zu lesen.
    Lasse Nordström sprang auf.
    »Was sagen Sie?« Er fasste die Frau an der Schulter. Sie zitterte am ganzen Leib. »Wer ist tot?«
    »Lulu? Lulu Nightingale?«, rief Ilari Länsimies dazwischen. Auch er lief zu der Frau im eleganten Kostüm, ich sah, wie sie nickte und dann schluchzend zu sprechen begann. Erst jetzt schien Länsimies zu begreifen, dass er immer noch auf Sendung war.
    »Kameras aus!«, brüllte er. Zuerst verschwand der Ton, eine Weile sah man noch wild gestikulierende Gestalten, dann erschien das Testbild. Ich war hellwach. Das Studio der Firma Westman Productions, die die Talkshow produzierte, befand sich in Tontunmäki, das zu Espoo gehörte. Wenn sich dort ein Todesfall ereignet hatte, war mein Dezernat zuständig. Venjamin schlug beleidigt die Krallen in mein Knie, als ich aufsprang. Ich setzte ihn auf den Fußboden. Puupponen hatte Bereitschaftsdienst. Ich wollte schon seine Nummer wählen, ließ es jedoch bleiben. Wozu die Aufregung – womöglich war bloß jemand überraschend krank geworden.
    Iida und Antti waren mit dem Lesen fertig. Ich passte auf, dass Iida sich ordentlich die Zähne putzte, brachte sie ins Bett und gab ihr einen Gutenachtkuss. Kaum hatte ich die Tür hinter mir zugezogen, als das Handy klingelte. Auf dem Display stand »Puupponen«.
    »Hallo, ich bin auf dem Weg zum Fernsehstudio in Tontunmäki. Da ist was Verrücktes passiert, ein seltsamer Todesfall. Ein Talkshow-Gast kam nicht vor die Kameras. Er wurde tot in der

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