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Wer sich nicht fügen will

Wer sich nicht fügen will

Titel: Wer sich nicht fügen will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Letholainen
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gesprochen, oder von einem, wie heißt das gleich … von einem Möchtegernpräsidenten«, übersetzte Johanna Klimkin.
    »Erinnerst du dich an den Namen von diesem Möchtegern?«, mischte sich Ursula ein.
    »Nein … Irgendein Mann. Lulu hat von einem Mann gesprochen. Irgendwie glaube ich, es war der Mann, der im Fernsehen die Fragen gestellt hat, in der Sendung, in der Lulu sein sollte, aber ich habe wirklich nicht alles verstanden. Nachdem die Sendung so seltsam aufhörte, habe ich nicht gewagt, Lulu anzurufen, und später habe ich dann begriffen, dass sie tot ist … Ich … hatte nur noch Angst.«
    »Warum hast du nicht bei deinem Freund angerufen, bei Arto?«
    »Ich wollte nicht, dass er mich so sieht … Und ich hatte Zeit zum Nachdenken. Die Männer versprechen das Blaue vom Himmel, wenn sie eine Frau wollen. Hinterher gilt alles nicht mehr. Arto hat behauptet, außer seiner Frau wäre ich die Erste, mit der er zusammen war, und ich Dummkopf habe ihm geglaubt, weil ich ihm glauben wollte. Ich habe mir eingebildet, ich wäre mehr für ihn als nur eine Hure. Immerhin hat er mir den Ring gegeben.« Sie hob den Finger hoch, an dem die Granatsteine funkelten, der einzige Farbfleck an der blassen jungen Frau.
    Oksana berichtete weiter, sie habe sich nur bei Dunkelheit auf den Abort getraut und die Stiefel von Lulus Vater angezogen, um nicht ihre eigenen Fußabdrücke im Schnee zu hinterlassen. Zum Schluss hatte sie sich bereits damit abgefunden, nicht mehr lebend aus der Sommerhütte der Mäkinens herauszukommen.
    »Das war mein Gefängnis«, sagte sie.
    Ich ließ Oksana frei sprechen, denn es schien ihr gut zu tun, dass Johanna Klimkin sie verstand. Allerdings lief uns die Zeit davon, und so schnitt Ursula rasch ein anderes Thema an:
    »Ich habe am vorigen Samstag im Mikado nach dir gesucht. Danach haben mich zwei Männer verfolgt, der eine groß und kahlköpfig, mit dichten schwarzen Augenbrauen und einer Zahnlücke, der andere ebenfalls groß und rothaarig, mit einer großen, mindestens einmal gebrochenen Nase. Der eine trug einen Mantel mit Pelzkragen. Die beiden haben mich zusammengeschlagen, außerdem haben sie ein Mädchen verprügelt, das am Bahnhof auf den Strich ging.«
    Oksana machte große Augen, als Johanna dolmetschte.
    »Der Glatzkopf mit dem Pelzkragen heißt Urmanov, den Namen des anderen kenne ich nicht, aber ich weiß, dass er zur selben Bande gehört. Urmanov ist ein schlechter Mensch. Vor ihm habe ich am meisten Angst, wenn er mich hier findet … Einmal hat er …« Sie zog den Kragen des Nachthemds herunter und zeigte uns die Narbe von einem Messerstich. »Normalerweise hinterlassen sie keine Spuren, sonst gefallen wir den Freiern nicht. Mich will jetzt sowieso keiner mehr, kein anständiger Mann …« Sie weinte. Uns blieben nur noch ein paar Minuten. Ich trat an Oksanas Bett und nahm ihre Hand in meine. Ich sagte, ihre Erinnerungen seien sehr wichtig und wir würden sie später möglicherweise als Zeugin vor Gericht brauchen.
    »Lulu hatte also keine Angst wegen der Fernsehsendung?«, fragte ich dann, obwohl die Krankenschwester schon an der Tür stand.
    »Nein. Sie hat sich darauf gefreut«, antwortete Oksana und sprach so schnell weiter, dass Johanna kaum nachkam. »Ein Foto, sie hatte ein Foto, auf dem sie nicht sein wollte. Deshalb war sie wütend auf den Mann.«
    Bingo, dachte ich. Allmählich hatte ich genug Belastungsmaterial gegen Länsimies zusammen, um ihn verhaften und zur Vernehmung aufs Präsidium holen zu lassen.
    »Dein Arto ist Arto Saarnio«, sagte ich zum Schluss, und Johanna Klimkin schnappte hörbar nach Luft. »Ein großer Boss. Er hat sich selbst bei der Polizei gemeldet und uns gesagt, wer du bist. Seine Frau ist gestorben. Darf ich ihm sagen, dass du hier in der Klinik bist?«
    Oksana brach in Tränen aus, und ich verstand auch ohne Übersetzung, dass sie sich Saarnio in ihrem zerschundenen Zustand nicht zeigen wollte. Doch dann begriff sie, was ich über seine Frau gesagt hatte, und in ihren Augen flackerte ein kleines Flämmchen auf.
    »Sag es ihm ruhig. Vielleicht braucht der arme Arto Trost.«
    »Danke, Oksana. Wir sehen uns wieder.« Ursula und ich gaben Oksana die Hand und bedankten uns bei der Dolmetscherin, die nun die gefährlichen Informationen über Mischin und Urmanov mit uns teilte. Aber Johanna Klimkin kannte die Risiken ihres Berufs.
    Wir sprachen kein Wort. Erst als wir im Wagen saßen, sagte Ursula:
    »Offensichtlich ist Länsimies also der Täter.

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