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Wer sich nicht wehrt...

Wer sich nicht wehrt...

Titel: Wer sich nicht wehrt... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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vierteilen lassen. Wer bei Sänfter arbeitete, war ein glücklicher, auserwählter Mensch.
    Es dauerte nur fünf Minuten, bis Sänfter seinen Ermüdungsanfall überwunden hatte. Augen schließen, durchatmen, alle Muskeln entspannen, für fünf Minuten nichts sein … das genügte. Es war eine Reaktivierung, die ihn selbst immer wieder verblüffte. Er fühlte sich wieder so frisch, daß er sich ärgern konnte über den Lärm in seinem Haus und die Zeit, die Regina geradezu verschwendete an Menschen, die sich drängten, in den Gesellschaftsberichten der Illustrierten und Zeitungen zu erscheinen.
    Sänfter erhob sich, ging hinüber zu einem der Bücherregale, klappte eine kleine Hausbar auf, entnahm ihr eine lange, dünne Zigarre, ein Glas und eine Flasche Kognak und kehrte zu seinem Ledersofa zurück. Doch auf dem Weg dorthin blieb er plötzlich stehen, stellte Glas und Flasche ab und griff zum Telefon. In einem Adressenbuch suchte er die Telefonnummer und wählte dann.
    »Hier Sänfter«, sagte er, als sich der Teilnehmer meldete. »Entschuldigen Sie, wenn ich zu einer so unorthodoxen Zeit anrufe. Aber tagsüber komme ich nicht dazu. Erinnern Sie sich noch an mich?«
    »Aber Herr Professor, wie könnte ich Sie vergessen?« Tenndorf, der im Fernsehen gerade einen Krimi ansah, stellte per Fernbedienung den Apparat aus. »Ihr Haus war die erste – wie soll ich es sagen – die erste Prunkvilla, die ich bauen durfte. Mein Vorzeige-Haus. Der Grundriß hängt noch immer in meinem Atelier.«
    »Um so einfacher ist es, mit Ihnen alles durchzusprechen.« Sänfter lachte kurz. »Ich trage seit Wochen, eigentlich schon ein Jahr lang, den Gedanken mit mir herum, eine Schwimmhalle anzubauen. Was kostet so eine Halle?«
    »Es kommt darauf an, ob es eine Fertigschwimmhalle sein soll oder eine konventionell gebaute Halle. Ob ein Zweckbau oder ein repräsentatives Gebäude. Es sind da keine Grenzen gesetzt.«
    »Ich will schwimmen. Weiter nichts.«
    »Aber in welcher Umgebung? Sportlich? Oder königlich, wie ein römischer Herrscher?«
    »Wenn Sie meine Frau fragen würden, bekämen Sie sicherlich die Antwort: Bauen Sie uns eine Halle, die in der Südsee stehen könnte. Ringsum weißer Korallensand, Palmen und Frangipanibüsche, dazu ein kleiner Wasserfall …«
    »Alles möglich, Herr Professor.« Nun lachte auch Tenndorf. »Es ergibt sich kaum etwas Verblüffenderes, als wenn ein Architekt sich austoben darf. Wie hoch ist das Preislimit?«
    »Ich habe keine Ahnung, was so etwas kostet. Machen Sie mal einen Vorplan … normal, nicht verrückt! Wie geht es Ihnen persönlich?«
    »Miserabel.«
    »Krank?«
    »Nein – den Bauch voller Wut …«
    »Ja, ja, die Bauherrn. Manche können wie Teufel sein.«
    »Dieses Mal muß ich sie in Schutz nehmen, Herr Professor. Es ist etwas anderes passiert, das ich eine riesengroße Schweinerei nenne. Meiner Tochter und ihrem kleinen Freund sind heute nachmittag in der Großen Heide ihre Lieblinge von einem Tierfänger gestohlen worden. Eine Katze und ein Hund. Wir sind uns völlig klar darüber, was mit ihnen geschehen wird. Sie werden qualvoll in einem Forschungslabor zu Tode gequält werden. Der Bedarf für diese Institute ist wohl kaum noch zu decken. Was dort geschieht, wird vor der Öffentlichkeit ja sorgfältig verborgen. Das Schrecklichste, was ich in letzter Zeit gelesen habe, sind Experimente von Kosmetikfirmen: Sie ziehen Tieren bei lebendigem Leib das Fell ab und erproben auf den Enthäuteten neue Wirkstoffe für die Schönheitspflege …«
    »Das dürfte doch wohl maßlos übertrieben sein, Herr Tenndorf.« Sänfter steckte sich die lange, dünne Zigarre an und blies den Rauch am Telefonhörer vorbei. »Maßlos tendenziös. So etwas gibt es nicht!«
    »Versuche bei der Entwicklung neuer Augentropfen, mit denen die Damen am Abend die Pupillen vergrößern und ihre Augen erotischer erscheinen lassen, haben Tausende von Testhasen blind gemacht …«
    »Blödsinn! Und wenn, dann sind das extreme Auswüchse.« Sänfter setzte sich in seinen Schreibtischsessel. »In der rein medizinischen Forschung …«
    »Ich weiß, was Sie sagen wollen, Herr Professor.« Tenndorfs Stimme blieb ruhig. Die Reaktion Prof. Sänfters verblüffte ihn. »Aber gerade in letzter Zeit werden Stimmen von kompetenten Ärzten laut, die den Nutzen von 95 Prozent aller Tierversuche bestreiten …«
    »Ich halte diese Zahl glatt für gelogen. Sie sind ein Gegner der Tierversuche, Herr Tenndorf?«
    »Ich war es immer schon.

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