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Wer sich nicht wehrt...

Wer sich nicht wehrt...

Titel: Wer sich nicht wehrt... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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allen Größen, und in der neuen Ausgabe des Telefonbuches lasen die Otternbrucher erstaunt: Tierhandlung Willi Wulpert.
    Die Verwunderung legte sich schnell. Die Wulperts zeigten allen ihre neue Anlage, führten die Dorfbewohner herum, man betrachtete die Tiere in den Ställen – es waren damals vierzehn Hunde, neun Katzen, zweihundertzehn Kaninchen, zwei kleine Ponys und ein Fohlen – und jeder fragte sich hinterher: Ist das ein Geschäft? Wie können die davon leben? Geben zig Morgen bestes Ackerland weg, um Viecher zu kaufen und wieder zu verkaufen, das ist doch eine Rechnung, die nie aufgeht.
    Aber dann verstummte das Gerede. Die Tierhandlung Willi Wulpert war ein Betrieb wie jeder andere, und es mußte doch ein gutes Geschäft sein. Sohn Josef Wulpert, ein gelernter Elektriker, kaufte sich eine Rakete von Motorrad, eine 750er aus Japan, und Willi Wulpert kam eines Tages mit einem Mercedes nach Hause. Mutter Emmi Wulpert fuhr nach Hannover, wenn sie ein neues Kleid brauchte, trug eine modische Frisur, färbte sich die Haare blond und sah zehn Jahre jünger aus. Als dann auch noch ein kleiner Lastwagen angeschafft wurde und kurz darauf ein VW-Bus, galt Wulpert als ein gemachter Mann. Aus einem Bauern war ein Unternehmer geworden. Nun gut, er handelte mit Tieren … andere handeln mit Zuckerrüben, Holzzäunen, Käse oder Anstreicherbedarf. Warum sollen Tiere keine Ware sein, wenn man mit ihnen Geld machen kann?
    Willi Wulpert, seit neununddreißig Jahren im Streit mit seiner Beinprothese liegend, tappte gerade aus Halle I auf den Hof, als Sohn Josef mit dem weißen VW-Bus durch das hohe Tor fuhr. Der Wagen trug keine Aufschrift, ein völlig neutrales Fahrzeug wie Tausende andere Kleinlieferwagen.
    Wulpert war mieser Laune. Zwei Affen – Primaten, sagten die Wissenschaftler –, die er in Frankreich von einem Tierimporteur gekauft hatte, waren plötzlich an Tuberkulose gestorben, drei Hunde waren verendet, einer Katze fielen die Haare aus – irgendein verdammter Virus mußte in die Ställe eingeschleppt worden sein.
    »Wie war's, Josef?« rief Wulpert seinem Sohn zu. »Was bringst du mit?«
    »Ein beschissener Tag, Vater. Vier Hunde und acht Katzen. Und alles kleine Hunde.«
    »Verflucht noch mal, ich brauche große Hunde! Zwanzig Stück. Das sind vierzehntausend Mark! Im Hartwig-Labor warten sie darauf. Die stehen mitten in einer Versuchsserie. Ich blamier' mich, wenn ich nicht liefern kann.«
    »Ich kann auch keine großen Hunde auf die Straße zaubern! Was ist mit der Lieferung aus der Schweiz?«
    »Nicht vor einer Woche!« Wulpert humpelte zum Lieferwagen, kletterte ächzend auf den Fahrersitz und blickte durch eine Scheibe ins Innere. »Du lieber Himmel, da haste aber was eingesammelt! Die können wir höchstens für die Insulinpumpenversuche bei Professor Jenssen loswerden.«
    Er kletterte wieder auf den Boden und zog den mit Daunen gefütterten Anorak enger um seinen Körper. Josef fuhr den Wagen an eine Art Rampe, von der ein vergitterter Laufgang ins Innere des Stalles führte. Dann öffnete er die Tür, und die Hunde und Katzen flüchteten in Panik durch den Laufgang in einen größeren Käfig. Dort wurden sie mit Schlägen voneinander getrennt und durch einen Zwischenschieber isoliert. Links die Hunde, rechts die Katzen. Einige der Katzen bluteten aus tiefen Bißwunden. Eng zusammengedrückt, in den Augen jammervolle Angst, hockten sie in einer Ecke ihrer Ställe und beobachteten die Menschen.
    Auf einer Rollkarre fuhr Josef einige kleinere Gitterkäfige heran. Willi Wulpert schob die Unterlippe vor. Vier Hunde, davon zwei Weibchen … unbrauchbar. Die Experimentalforscher arbeiteten überwiegend mit männlichen Tieren, nur auf besondere Bestellung hin lieferte Wulpert auch kräftige Weibchen. Für diesen Fall hatte er, am Ende der Halle I, ständig zwanzig Hündinnen auf Lager, mager, mit stumpfen traurigen Augen, eingepfercht in dreckige enge Käfige. Für Wulpert unnötige, unrentable Fresser, die er nur hielt wegen des Kundendienstes.
    Wulpert zeigte auf die beiden Hündinnen, die gerade in die Drahtkäfige getrieben wurden, verängstigt, geduckt, am ganzen Körper zitternd. »Sofort in die Glocke mit denen!«
    Dann betrachtete er den dritten Hund, eine geradezu unmögliche Promenadenmischung mit schwarz-weiß-rotem Fell. Er ließ sich auch durch Stockstöße und Schläge nicht bewegen, aus dem Käfig herauszukommen. Auf der anderen Seite des trennenden Drahtgitters schmiegte sich eine rot-weiß

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