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Wer sich nicht wehrt...

Wer sich nicht wehrt...

Titel: Wer sich nicht wehrt... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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der fast menschlich klang.
    Die große Doppeltür stand offen. Carola hörte, daß über einen anderen Gang Tiere herangeschafft wurden. Sie sah sich schnell um, wählte irgendeine Tür und schlüpfte in den Raum. Es war die Abteilung der schon mehrfach ›laborierten‹ Tiere, armer, geschädigter Kreaturen, die Experimente überlebt hatten und nun wieder für neue Versuche hochgepäppelt wurden, Langzeitforschungen über die Wechselwirkung von Medikamenten und die Dauer der Absorption.
    Die Tiere, meistens Hunde, aber auch Katzen, zwei Ziegen und ein Gewimmel von Meerschweinchen, lagen teils apathisch in ihren Käfigen, teils sprangen sie gegen die Gitter, fletschten die Zähne und benahmen sich wie toll, wenn Carola in ihre Nähe kam. Angstreaktionen? Haß auf den Menschen? Oder Wahnsinn, erzeugt durch Medikamente?
    Zögernd, von kalten Schauern geschüttelt, ging Carola von Käfig zu Käfig. Pumpi war nicht hier, und auch Micky nicht. Aber da waren noch viele Türen, die von dem Zentralraum abgingen. Sie betrat wieder den großen Mittelraum und stieß auf die beiden Labordiener oder Tierpfleger. Verblüfft sahen sie Carola an, während der Lastwagenfahrer einen Drahtkorb mit vier dicken Kaninchen wegschleppte. Er schien sich hier gut auszukennen.
    »Was machen Sie denn hier?« fragte einer der Tierpfleger. »Wer hat Sie reingelassen?«
    »Die Tür steht ja weit offen.« Carolas Angst war plötzlich verflogen. Es war wie bei einem Sänger oder Schauspieler: Der erste Schritt hinaus auf die Bühne, in den Scheinwerfer, ist der schwerste. Steht man erst im Licht, ist alles Lampenfieber vorbei, und man spielt seine Rolle.
    »Und was wollen Sie hier?«
    »Ich soll einen Beagle-Hund aussuchen.«
    »Anforderungsschein?« Der Tierpfleger hielt seine Hand hin.
    »Hab' ich nicht.«
    »Das gibt's doch nicht! Wovon kommen Sie denn?«
    »Haus Vier …«
    »Ausgerechnet! Die wissen doch, daß kein Tier rauskommt ohne Anforderungsschein und Registrierung. Bei uns herrscht Ordnung. Kommen Sie wieder, junge Frau, wenn Sie den Zettel haben.«
    »Aber …«
    »Nix aber! Wir sind hier doch kein Selbstbedienungsladen!« Die Pfleger ließen Carola einfach stehen und eilten den Gang hinunter, um den neuen Transport auszuladen. Der Fahrer des Lastwagens kam grinsend aus dem Raum für Kaninchen und andere Nagetiere zurück.
    »Die machen sich für jede weiße Maus in die Hosen!« sagte er und tippte sich an die Stirn. »Die würden selbst Buch über die Flöhe führen, wenn sie welche hätten.«
    Carola antwortete nicht, verließ die Versuchstier-Ställe und bog in den Gang Nummer 6 ein … Farbe Orange. Nach einigen neutralen Türen kam sie an einigen breiteren Türen vorbei, an denen ein Schild ›EINTRITT VERBOTEN‹ oder ›ACHTUNG! SEPTISCH‹ hing. Sie war noch nie in einem Krankenhaus gewesen, aber im Fernsehen hatte sie so etwas oft gesehen. Genauso hatten die Türen zu den Operationsräumen ausgesehen.
    Carola blieb stehen, überlegte und raffte allen Mut zusammen. Dann ging sie den Flur zurück, öffnete eine der breiten Türen und trat ein.
    Mag sein, daß die Mittagszeit für diese Abteilung noch nicht beendet war oder daß die Mitarbeiter in mehreren Räumen gleichzeitig arbeiteten … der gekachelte, nach Desinfektion riechende Raum war leer. Die Lampen brannten, auch die breiten Scheinwerfer über drei Spezialtischen. Dort lagen, abgedeckt wie bei einer Operation an Menschen, drei Tierkörper. Große Hunde, wie Carola an der Abdeckung sah. Die Rasse war nicht zu erkennen. Die Hunde waren narkotisiert, aber sie schienen nicht mehr zu leben. Ihre Bäuche waren aufgeschnitten, wie bei den Menschen chirurgisch versorgt – nur hatte man sie nicht wieder zugenäht. Alles war steril, medizinisch einwandfrei, so wie Prof. Sänfter es geschildert hatte: Bei uns werden die Tiere wie Menschen behandelt … zum Nutzen der Menschen, für ihre Gesundheit.
    Carola blickte noch einmal über die OP-Tische und verließ dann schnell den Raum. An der Tür stieß sie mit einem Mann zusammen, der – wie ein Chirurg – einen grünen Operationskittel und eine grüne Haube trug. Der Mundschutz baumelte unter seinem Kinn.
    »Nanu, wen haben wir denn da?« sagte er jungenhaft fröhlich. »Ein verirrtes Rehchen? Die Behandlung von Bambis findet im Raum III statt. Dort gibt es eine schöne breite Couch, eine kleine Hausbar … es ist mein Zimmer! Gang Rosa – welche Farbe sonst? – Nummer III.«
    »Sie sagten es bereits. Sie sollten im

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