Wer sich nicht wehrt...
hineinbringen zu können –, blieb Carola stehen, atmete tief, schluckte das gallige Gefühl von Angst hinunter und stieg dann die Treppe hinab zu den Räumen mit den Versuchstieren.
Sie hoffte jedenfalls, daß es der richtige Weg war.
5
Gerade von der Biosaturn zurückgekehrt, erhielt Tenndorf drei Anrufe.
Der erste kam aus dem Präsidium. Kommissar Abbels begrüßte Tenndorf mit einem Knurren, als dieser sich meldete. Schon daran war zu hören, daß er, milde ausgedrückt, unwirsch war.
»Ihre Anzeige in den Zeitungen, Herr Tenndorf …«, setzte er an.
Tenndorf unterbrach ihn sofort. »Gut, was? Das haut rein …«
»Ein Druck auf die Tränendrüsen, als wären Sie Serienschreiber beim Fernsehen. Was soll das?«
»Genau das, was Sie gerade sagten: Die Leute sollen aufgewühlt werden.«
»Wissen Sie, wie viele Anrufe wir heute schon hatten? Das Telefon ist dauernd blockiert.«
»Hervorragend, wenn die Menschen so reagieren!«
»Ich habe ab Mittag einfach nicht mehr durchstellen lassen. Ihre Annonce, die ja mehr ein Aufruf ist, stellt die Polizei als hoffnungslose Bettnässer hin …«
»Das habe ich nicht geschrieben, Herr Kommissar.«
»Aber jeder, der lesen kann, liest das heraus!« Abbels schnaufte auf. »Wir sind leider nicht in der Lage wie Sie, erklärende Anzeigen zu veröffentlichen. Für eine amtliche Stellungnahme ist der Fall zu geringfügig …«
»Ich weiß, ein Tier ist eine Sache …«
»Nun reiten Sie doch nicht immer auf diesem juristischen Begriff herum. Natürlich ist ein Tier keine Sache, es ist ein Lebewesen mit allen Gefühlen … ich habe ja selbst einen preisgekrönten Hund!« Abbels schnaufte wieder. Wenn er sich erregte, ähnelte sein Luftholen dem Geräusch eines Blasebalges. »Nun sagen Sie mal ehrlich: Was kann die Polizei tun, wenn ein Hund oder eine Katze geklaut werden? Entweder brechen die aus und kommen zurück, oder sie bleiben verschwunden. Das ganz große Glück ist, jemand erkennt sie irgendwo wieder. Aber wer hat schon das Glück? Die Polizei ist da völlig aus dem Spiel. Wie und wo soll man suchen?«
»Es gibt doch Tierhändler.«
»Natürlich. Die werden auch überprüft. Und alle Tiere, die sie verkaufen, haben Papiere: Zuchtstätte, Vorbesitzer, Impfpaß, bei zugelaufenen und abgegebenen Tieren tieramtsärztliches Zeugnis. Da geht es korrekt zu.«
»Und wie ist es bei den sogenannten Nebengeschäften?«
»Nachweisen, Herr Tenndorf, nachweisen! Sie wissen: Wo kein Kläger …«
»Ich bin Kläger!«
»Und wo ist der Beklagte? Na? Da liegt doch der Hund begraben …«
»Im wahrsten Sinne des Wortes!«
»Wenn Sie einen Verdacht haben – wir sind sofort zur Stelle. Aber bitte, bringen Sie uns einen handfesten Verdacht!«
»Die pharmazeutische Fabrik Biosaturn arbeitet mit Versuchstieren …«
»Wissen wir. Tiere aus Versuchstieranstalten oder von lizenzierten Händlern. Wer hier im Umkreis mit Tieren arbeitet, ist uns bekannt. Und es gibt auch Tierhändler, die ihre Kunden bis nach Bayern, Berlin oder Köln beliefern. Auch im Falle einer kriminellen Handlung verwischen sich da alle Spuren, weil über diese Geschäfte keine Papiere geführt werden.« Abbels schnaufte noch einmal. »Ihr tränenlockender Aufruf weckt nur Emotionen, aber er wird keinerlei Nutzen haben.«
»Abwarten, Herr Kommissar. Vielleicht hat doch jemand einen weißen Lieferwagen gesehen und kann sich erinnern. Irgendwo muß dieser Wagen ja stationiert sein, und es gibt in Deutschland keine völlige Einsamkeit mehr. Nachbarn sind überall. Darauf hoffe ich noch.«
»Dann viel Glück.« Abbels räusperte sich. »Ich wollte Ihnen mit meinem Anruf nur sagen, daß Sie jemandem in den Hintern treten, der nichts dafür kann: der Polizei.«
Kurz darauf rief Prof. Sänfter an. Noch bevor er mehr als seinen Namen sagen konnte, wollte Tenndorf ihm den Wind aus den Segeln nehmen. »Ich weiß, womit Sie anfangen wollen, Herr Professor: Meine Anzeige befeuchtet Hunderte von Taschentüchern … Das sollte sie auch!« Tenndorf lachte kurz und bitter auf. »Die erste Beschwerde war eben schon da: von der Kriminalpolizei.«
»Die sieht die Dinge naturgemäß anders.«
»Wie sehen Sie die Dinge denn, Herr Professor?«
»Wie Sie.«
»Das müssen Sie mir bitte erklären …«
»Sie haben völlig recht damit, die Öffentlichkeit zu mobilisieren. Eine kleine Katze und ein struppiger Hund werden gestohlen, um sie – vielleicht! – zu Versuchszwecken zu verkaufen. Das ist eine riesengroße Sauerei!
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