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Wer sich nicht wehrt...

Wer sich nicht wehrt...

Titel: Wer sich nicht wehrt... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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anfangen?«
    »Nein. Ich möchte von Beginn an dabei sein.«
    Sänfter wusch sich die Hände, zog einen anderen Kittel an und nahm ein paar Notizen vom Schreibtisch. Er sah etwas bleich und übernächtigt aus. Die Unterhaltung mit Abbels und Oberstaatsanwalt Dallmanns hatte noch lange gedauert, man hatte einiges getrunken, und dann war Regina Sänfter trotz der Beruhigungsinjektion aufgewacht und hatte sich wiederum so erregt, daß sie einen Herzanfall bekam. Erst gegen Morgen war Sänfter ins Bett gekommen, für genau drei Stunden Schlaf.
    Nachdem er noch eine Tasse starken Kaffee getrunken hatte, fuhr er mit dem Lift hinunter in den Keller und betrat den Forschungs- und Versuchsteil der Klinik. Sein ureigenstes Privatreich.
    Dr. Barthke, in Gummischürze und mit Kopf- und Mundschutz, stand wartend an dem Marmortisch, auf dem die beiden narkotisierten Tiere lagen. Sie waren, wie bei einer Operation am Menschen, abgedeckt. Nur die Operationsfelder und die Köpfe lagen offen. Der Laborleiter kam mit Kopfhaube und Mundschutz, um sie Prof. Sänfter anzulegen.
    »Zwei Prachtexemplare, Herr Professor«, sagte Dr. Barthke etwas dumpf durch den Mundschutz. »Kräftig.«
    »Sehr gut.«
    Sänfters Hände glitten in die aufgehaltenen Gummihandschuhe. Dann trat er an den Marmortisch heran und beugte sich über die Tiere.
    In diesem Augenblick war es, als durchzucke ihn ein heftiger elektrischer Schlag. Entsetzt sahen Dr. Barthke und der Laborleiter, wie Sänfter sich an der Tischkante festklammerte und zu schwanken begann. Dann riß er Haube und Mundschutz von sich, warf sie weg und holte tief und keuchend Atem. Es klang wie ein unterdrückter Aufschrei.
    Vor ihm lag, vorbereitet zur Versuchsoperation, Arras, sein gestohlener Schäferhund.

10
    Einen kurzen Augenblick herrschte lähmende Stille in dem gekachelten Versuchs-OP. Nur das leise Rauschen der Klimaanlage war zu hören. Als Dr. Barthke dann ein Instrument aus der Hand auf den Fliesenboden fiel, schraken alle zusammen, als hätte ein Blitz eingeschlagen. Die Erstarrung löste sich.
    »Wo kommt der Hund her?« fragte Prof. Sänfter gepreßt. Dann holte er tief Luft und brüllte mit sich überschlagender Stimme: »Wo kommt der Hund her?!!!«
    Er riß die Abdecktücher weg, löste die Bein- und Armschnallen und drehte Arras in eine normale Seitenlage. Mit einem Ruck entfernte er den Maulspreizer zwischen den Zähnen. Dr. Barthke warf einen Blick hinüber zu dem sprachlosen Laborleiter. Er war auch für die Beschaffung der Versuchstiere verantwortlich und verstand nun nicht das Aufbrüllen von Prof. Sänfter.
    »Woher, zum Teufel?« schrie Sänfter. »Wer hat die Hunde gekauft?!«
    »Ich, Herr Professor.« Anton Hellbrecht, der Laborleiter, trat an den OP-Tisch heran. Er war sich keiner Schuld bewußt. Er wunderte sich nur über Prof. Sänfter, der sich plötzlich darum kümmerte, woher man die Versuchstiere bezog.
    »Sie, Hellbrecht?« Sänfter zeigte auf den großen Schäferhund. »Woher?«
    »Von einem Händler. Wie alle Versuchstiere.«
    »Von welchem Händler?«
    »Wir haben verschiedene Lieferanten.«
    »Lieferanten!« Sänfter holte wieder tief Luft. »Der Name!« brüllte er.
    »Ich stelle Ihnen gleich eine Liste zusammen, Herr Professor«, sagte Hellbrecht verwirrt.
    »Ich will keine Liste, ich will den Namen, den Namen von dem, der diesen Hund hier gebracht hat.«
    »Da muß ich in den Lieferbescheinigungen erst einmal nachsehen, Herr Professor. Bei mir wird nichts angeliefert ohne Lieferschein.«
    »Reden Sie nicht über diese Tiere, als wenn es Kohlköpfe wären!« schrie Sänfter. »Lieferanten! Lieferschein!«
    »Ist mit dem Hund etwas nicht in Ordnung, Herr Professor?« wagte jetzt Dr. Barthke zu fragen. Auch er, der mit Sänfter nun über zwei Jahre an Tierversuchen arbeitete, verstand seinen Chef nicht. So ein Theater um einen Hund, so plötzlich, so unmotiviert … du meine Güte, wie viele Hunderte von Hunden hatte man schon auf dem OP-Tisch gehabt, und nie hatte Sänfter auch nur einen Ton über sie verloren.
    »Nicht in Ordnung, Barthke?« Sänfter starrte seinen Assistenten aus wutgeröteten Augen an. »Wie oft waren Sie schon bei mir zu Hause?!«
    »Das kann ich nicht zählen, Herr Professor.«
    »Aha! Und wer kam Ihnen jedesmal entgegen in der Diele, zuerst sehr kritisch, später Sie wie einen Freund begrüßend?«
    »Ihr Schäferhund, Herr Professor. Arras …«
    Mit zitterndem Finger zeigte Sänfter auf den Hund. »Und wer liegt da auf dem Tisch?«

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