Wer sich nicht wehrt...
Erbsensuppe gekocht. Es duftete herrlich.
»Es ist schon toll«, sagte Tenndorf und legte die Arme um Mike und Wiga. »Plötzlich hat man, ist man eine Familie. Aus der Küche zieht ein köstlicher Duft, Mutti steht am Herd …«
»Und der Rest der Familie sitzt faul herum, anstatt den Tisch zu decken!« rief Carola aus der Küche. »Da ist schon etwas, was man ändern muß …«
Sie hatten gerade das Mittagessen beendet, als es schellte. Tenndorf schnellte vom Stuhl empor und warf seine Serviette auf den Tisch.
»Das ist er!« Er blickte hinüber zu Bravo, der still war, aber voll angespannter Wachsamkeit. »Bravo, jetzt geht's los! Zeig, wie gut du erzogen bist. Mach uns keinen Strich durch das Spielchen.«
An der Tür stand ein jüngerer Mann, der höflich eine fellgefütterte Kappe abnahm, als Tenndorf öffnete.
»Bin ich hier richtig?« fragte er. »Sie haben einen Hund zu verkaufen?«
»Genau richtig. Bitte, kommen Sie herein.« Tenndorf führte ihn ins Wohnzimmer, wo Bravo regungslos vor dem Sessel lag. Nur seine braunen Augen musterten den Fremden äußerst kritisch.
Der junge Mann blickte auf den Hund und nickte. »Ist er das? Ein Prachtexemplar, wirklich. Wie heißt er denn?«
»Bravo …«
»Der richtige Name für ihn. Könnte gar nicht besser heißen. Bei dem kann man wirklich nur Bravo sagen.« Er griff in seine Manteltasche. »Ich habe die Fünfhundert in bar bei mir.«
»Das ist gut.« Tenndorf wußte im Augenblick nicht, wie er reagieren sollte. Die Stimme am Telefon war anders als die Stimme des jungen Mannes. Sie hatte einen mürrischen Klang gehabt … das hier war eine jugendlich-forsche Stimme. »Mit Ihnen habe ich aber gestern abend nicht telefoniert …«
»Nein, das war mein Vater.«
»Ach so …«
Tenndorf warf einen Blick zur Küchentür. Carola und die beiden Kinder hatten sich abgesetzt, als der Hundekäufer das Haus betreten hatte. Jetzt stand Mike in einem Spalt der Tür und winkte heftig.
Tenndorf spürte, wie sein Herz plötzlich zu hämmern begann. »Einen Augenblick –«, sagte er, indem er sich zur Ruhe zwang, »ich will noch das Halsband und die Leine holen …«
In der Küche schloß er sofort die Tür hinter sich. Wiga und Mike sprangen vor Aufregung von einem Bein aufs andere.
»Das ist er!« rief Mike erregt. Seine Backen glühten. »Das ist der Mann, der den weißen Kastenwagen gefahren hat!«
»Und der hat auch die Hunde und Katzen ausgeladen!« rief Wiga.
»Ganz sicher? Ist das der Mann von dem Bauernhof in Otternbruch?«
»Ja!«
»Mein Gott, haben wir ein Glück.« Er sah Carola an. »Wulpert junior! Und mit dem Boß, dem hinkenden Wulpert, habe ich gestern telefoniert!«
»Damit ist doch alles klar, Horst.« Carola pustete eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht. »Auf diese Art besorgen sie sich große Hunde für die Labors. Was willst du nun tun? Die Kripo anrufen? Du kannst doch jetzt nicht mehr Bravo …«
»Draußen wartet Lutz in seinem Wagen. Wir müssen das Spiel zu Ende spielen, Carola. Denk daran, was die Polizei sagt: Kinderaussagen wiegen nicht viel. Aber wenn wir jetzt nachweisen, daß Wulpert unter anderen auch mit diesem Trick Tiere aufkauft, haben wir einen großen Schritt zu seiner Entlarvung getan. Bravo wird jetzt verkauft, und dann haben wir die Beweise. Lutz wird aus dem Wagen fotografieren, in Otternbruch wartet Fabricius mit der Telekamera auf Bravo, Laurenz Kabelmann wird ihn betreuen – es kann überhaupt nichts passieren. Aber die Schlinge ist zugezogen. Nur Ruhe, Liebling, nur Ruhe …«
Er ging zurück ins Wohnzimmer und sah, wie Josef Wulpert vor Bravo kniete. Der Hund spielte mit … er war fabelhaft. Er knurrte nicht, er blickte Wulpert nur nachdenklich an.
»Ich sehe, Sie verstehen sich auf Anhieb mit ihm. Das ist fabelhaft, so muß es sein. Mir blutet das Herz, ihn wegzugeben. Aber das Haus ist zu klein für einen Jagdhund. Fünfhundert Mark. Einverstanden.«
Josef Wulpert griff in die Tasche, holte die Scheine hervor und drückte sie Tenndorf in die Hand. Das war gleichzeitig der bäuerliche Handschlag: Das Geschäft war abgeschlossen. Unwiderruflich.
Die Falle war zugeschnappt.
An diesem Mittag wurde Prof. Sänfter nach der Visite von seinem Labor angerufen. Der Laborleiter teilte mit, daß für die neue Experimentierreihe alles vorbereitet sei. Dr. Barthke hatte zwei Tiere schon narkotisiert und wartete auf seinen Chef.
»Ich komme gleich«, sagte Sänfter. »Noch zehn Minuten.«
»Soll Dr. Barthke schon
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