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Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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Intelligenz zu bescheinigen, Mister Devlin. Wäre ich so hirnverbrannt und ließe mich bei einer von mir angezettelten Demonstration erwischen?«
    »Vielleicht haben Sie sich zu sehr auf Ihre Intelligenz verlassen? Gerade die Übergescheiten machen die dümmsten Fehler. Also?«
    Timothy zuckte mit den Schultern.
    »Nun gut. Beginnen wir also mit dem Vorzeigen der Instrumente. Jedem das Seine – das heißt, den persönlichen Punkt zu treffen. Wo liegt er bei Ihnen? Wir sind mit allem versehen, um Sie gesprächig zu machen. Eine mittelalterliche Folterkammer? Bitte schön!« Er zeigte in den Raum.
    Auf der Videowand zu Timothys Linken erschien eine Folterkammer, in der offenbar nichts fehlte, was das Mittelalter an Scheußlichkeiten erfunden hatte, von der Streckbank über Daumenschrauben und spanische Jungfrau bis zur neunschwänzigen Katze und Brenneisen. Die beiden Folterknechte schienen schon zu überlegen, wie sie vorgehen wollten. Timothy machte sich keine Illusionen, daß sie es nicht wirklich tun würden; die beiden sahen aus wie Sadisten, die diesen Job zu ihrer persönlichen Befriedigung ausübten.
    »Oder möchten Sie es lieber mit dem zwanzigsten Jahrhundert versuchen?« Devlin zählte leidenschaftslos, aber mit sehr präzisen Beschreibungen auf, was er da anzubieten hatte: auch hier Schmerzen aller Art, Hunger und Durst, dazu Stromstöße, Luftverdünnung bis zum Ersticken, langsames Erfrieren oder Rösten...
    »Unsere Vorfahren waren recht erfinderisch«, schloß Devlin, »aber wir stehen ihnen nicht nach. Ich weiß nicht, ob Sie die Möglichkeiten unseres Jahrhunderts voll zu würdigen wissen, die Schall- und Ultraschallpeitschen, Lichtbeile – Sie waren doch mit Stahlheimer befreundet, nicht wahr? Er hat uns sehr geholfen.«
    »Johnny?« fragte Timothy entsetzt.
    »Ohne es zu wissen. Es war nicht nur Gefälligkeit seiner Vorgesetzten, daß sie ihm vor der Pensionierung erlaubten, die Schmerzzentren im Gehirn zu lokalisieren. So leicht, wie man sie ausschalten kann, kann man sie auch einschalten. Dank Stahlheimer kann ich Ihnen Schmerzen zufügen, wo und wie stark ich will, ohne Sie auch nur anzufassen. Und wenn ich Ihnen die Augen schließe, können Sie nicht einmal feststellen, ob ich Ihnen gerade einen Finger abgehackt oder Sie entmannt habe oder ob ich nur das Gefühl davon in Ihrem Gehirn auslöste. Glauben Sie mir, die Ungewißheit erhöht die Qual beträchtlich. Ich kann Ihnen auch Sonden ins Gehirn pflanzen und Sie laufenlassen und über Funk Schmerzschocks auslösen, wann und wo immer ich will, bis Sie freiwillig zurückkommen und mich anflehen, Ihr Geständnis zu hören.«
    Devlin betrachtete irgend etwas auf seinem Tisch. »Oder wie wäre es, wenn wir gar nicht Sie foltern, sondern wenn wir Sie miterleben lassen, daß ein anderer Ihretwegen leiden muß? Oder an jeder Wand ein anderer. Wir würden Sie natürlich fesseln, damit Sie sich nicht die Ohren zuhalten oder die Nase. Haben Sie mal den Gestank von brennendem Fleisch gerochen? Wir würden natürlich auch den Lidnerv blockieren, damit Sie die Augen nicht schließen können. Sagen Sie nicht, Sie hätten niemanden, an dessen Schicksal Ihnen liegt. Es gibt psychische Bindungen. Können Sie es zum Beispiel ertragen, wenn wir an Ihrer Stelle ein, sagen wir, achtjähriges Mädchen mit blonden Zöpfen und Sommersprossen foltern, das Sie anfleht, ihrem Leiden endlich ein Ende zu machen?«
    Timothy hatte die Zähne zusammengebissen und die Lippen zu einer Grimasse des Lächelns verzerrt, an der er mit aller Macht festhielt.
    »Oder haben Sie Angst, wahnsinnig zu werden? Auch das können wir steuern. Wir können Sie gerade so viel verrückt machen, daß Sie sich dessen immer bewußt sind. Es gibt phantastische Drogen, Mister Truckle. Kennen Sie die Wirkung von Katatonika? Die Muskeln gehorchen dem Gehirn nicht mehr; man kann auch die Nerven umpolen: Sie wollen den Finger krümmen, aber Ihr Bein schnellt hoch, nicht regelmäßig, versteht sich, völlig chaotisch. Was schätzen Sie, wie lange Sie brauchen, um darüber verrückt zu werden? Oder die Chronoleptika – Sie entstellen den Zeitsinn, Wörter wie vor und nach verlieren fortan den Sinn für Sie. Ebenso Ursache und Wirkung. Was bliebe da von dem berühmten Detektiv?«
    Devlin studierte wieder die Tischplatte. Als er aufblickte und sah, wie Timothy ihn beobachtete, lächelte er.
    »Ich habe hier die Aufzeichnung der Erregungszustände während unseres kleinen Einführungskurses. Der

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