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Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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Irgendwann würde Devlin sich melden. Er mußte erreichen, daß Devlin Auskünfte bei seinen Klienten einholte, dann würden die sich schnell einschalten und ihn herausholen. Nicht aus Sympathie, aber weil sie befürchten mußten, daß die NSA alles von ihm erfahren könnte, und welcher Big-Boß wollte schon, daß die NSA Einblick in seine Intimsphäre oder seine Geschäfte bekäme! Ob Puissant auch verhaftet worden war? Sicher würde der schnell freigelassen werden. Wenn er sich nicht halsstarrig gab und verschwieg, daß er der Leibkoch von Henry Six war. Die NSA würde es auch ohne Puissants Mithilfe herausbekommen. Und Puissant ausliefern! – Timothy fluchte still vor sich hin, zuerst, weil Puissant für ihn verloren, dann, weil er so verrückt gewesen war, sich überhaupt auf die Suche nach ihm zu begeben, das »Nebraska« zu verlassen und sich unter die Massen zu mischen. Als bestünde nicht ständig und überall, wo mehr als ein halbes Dutzend Menschen zusammenkamen, Gefahr, daß sich eine spontane Unmutskundgebung entwickelte! Welch ein Wahnsinn, einem privaten Gelüst zuliebe seine ganze Existenz aufs Spiel zu setzen. Hätte er nur auf den Großen Bruder gehört! – Wenn er sich nicht meldete, würde der Große Bruder bestimmt versuchen, von Napoleon zu erfahren, wo Timothy abgeblieben war. Aber bestimmt waren die Peilsender bereits ausgefallen, als die Polizei die Demonstration auflöste. Timothy stellte fest, daß er keine Ahnung hatte, ob die Polizeiwaffen die Sender blockiert haben konnten. Dann könnte Napoleon nur sagen, daß er in den Funny Hills verlorengegangen war. Sicher wußte der Große Bruder längst von der Demonstration und konnte vermuten, daß Timothy bei der NSA einsaß, aber wie sollte er ihm hier helfen? Und Hopkins? Würde Hopkins den Mut aufbringen, sich bei der NSA für ihn zu verwenden? Und Smiley? Würde der sich aus Angst totstellen, oder würde er versuchen, Hilfe zu organisieren? Wenn aber Smiley auch verhaftet war?
    Müdigkeit überfiel ihn. Er versuchte dagegen anzukämpfen, vergeblich.
    6.
    Als Timothy zu sich kam, saß Devlin vor ihm am Schreibtisch. Wahrscheinlich saß er irgendwo weit entfernt, aber das Video war so eingestellt, daß Devlins Zimmer wie die Fortsetzung von Timothys Zelle wirkte, deren übrige Wände zur Zeit wohltuend lindgrün gefärbt waren.
    »Guten Morgen, Mister Truckle!« Devlin lächelte freundlich. Timothy richtete sich auf und deutete eine Verbeugung an.
    »Sie haben jetzt zwanzig Minuten Zeit, Mister Truckle, sich etwas frisch zu machen und zu frühstücken, dann sehen wir uns wieder. Brauchen Sie Medikamente, nein? Dann guten Appetit.« Devlin zeigte auf die Wand hinter Timothy, die jetzt nach oben glitt und eine zweigeteilte Kammer freigab; in der linken Hälfte befanden sich Dusche und Kübel, in der rechten Tisch und Stuhl. Auf dem Tisch stand eine Kaffeekanne, daneben eine Schüssel Lurexbrei mit Cornflakes und einer Scheibe Brot. »Kann ich meine Kleider bekommen?«
    »Das ist nicht üblich«, antwortete Devlin und schaltete sich aus.
    Timothy probierte den Kaffee; er hatte zwar nur ein Simulat erwartet, aber dieses Gebräu hier schmeckte geradezu widerlich. Timothy duschte ausgiebig, dann setzte er sich an den Tisch und zwang sich den Brei und fast die ganze Stulle hinein. Wer weiß, wann er wieder zu essen bekommen würde. Dann war Devlin wieder da.
    »Sie dürfen den Stuhl mitbringen«, erklärte er, »aber nicht schieben, tragen.«
    Timothy hatte Mühe, das schwere Ding hinüberzuschleppen. Hinter ihm schloß sich die Wand.
    »Legen Sie die Hände flach auf die Lehnen!« kommandierte Devlin. »Anlehnen und nicht bewegen! Nehmen Sie an, Sie säßen bei einem Arzt im Diagnosestuhl. In gewisser Hinsicht stimmt das ja auch; ein Confessor hat sehr viel von einem Arzt. Haben Sie nachgedacht?«
    Timothy gab sich keine Mühe, sein Lächeln zu unterdrücken.
    »Sie haben es also durchschaut. Nun ja, ein Mann Ihrer Intelligenz. – Also noch einmal«, er beugte sich vor, »mein Name ist Frank A. Devlin.«
    »Tatsächlich?«
    »Wir heißen hier alle Devlin. Es gibt keinen treffenderen Namen, finden Sie nicht auch?«
    »Das kann ich noch nicht beurteilen.«
    »Von jetzt an, das verspreche ich Ihnen, werden Sie ganz individuell behandelt. Suum cuique, wenn Ihnen das etwas sagt.«
    »Jedem das Seine«, antwortete Timothy. »Ein alter Spruch. War es nicht die Inquisition, die ihn einführte?«
    »Sie irren, er ist viel älter.« Devlin stützte die

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