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Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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Kuchenbacken.«
    »Wobei?«
    Timothy überhörte die Frage. »Jemand hatte mir erzählt, daß die UNIVERSAL Taucher ausgebildet hatte. Ja, Taucher! Obwohl es doch so gut wie keinen öffentlichen Zugang zu Wasser mehr gibt; in Chicago und Umgebung schon gar nicht. Außerdem – erinnern Sie sich? –, bei dem toten Carruthers fand die Polizei eine zertretene Tube mit Talkum. Napoleon hat herausbekommen, daß man Talkum früher als Gleitmittel beim Anlegen von Kleidung aus Gummi oder Plast benutzte. Natürlich dachte ich zuerst an Gummihandschuhe und Operation und legte es ad acta. Doch welcher Chirurg benutzt heute noch Gummihandschuhe? Aber Taucher brauchen Talkum, um ihre Anzüge anzuziehen. Jetzt mußte ich nur noch die einzelnen Fakten in den richtigen Zusammenhang bringen.«
    Timothy nahm einen großen Schluck. Paddington trank ihm zu.
    »Carruthers stiehlt einen Unterschenkel, Carruthers wird ermordet. Man findet bei Carruthers Talkum. Taucher brauchen Talkum. Die UNIVERSAL hat Taucher ausgebildet. Die UNIVERSAL hat auch einen OP-Saal für Transplantationen. Ramirez war in Chicago. Und er ist gestern wiedergekommen. Was ich suchen mußte, war also eine Stelle, die etwas mit Tauchern zu tun haben und an der ein Mann sein Bein verlieren konnte.«
    Timothy trank sein Glas aus und goß nach.
    »Die meisten Wasserzugänge in Chicago sind so abgesichert, daß ein Mensch sie unmöglich passieren kann. Was blieb, waren ein paar Dutzend Zugänge aus Betrieben und Instituten, die radioaktiven und sonstwie giftigen Müll direkt in Unterwasserfrachter schicken. Nur in einem einzigen von ihnen waren die Sicherheitseinrichtungen derart, daß ein Mann, der sie passieren wollte, nur ein Bein riskieren mußte, und selbst das hätten wir fast nicht gefunden.«
    Timothy stand auf und lief durch den Raum, während er weitersprach. »Wenn die Sache nicht so verrückt angefangen hätte, wäre ich wahrscheinlich nie auf die Lösung gekommen, doch in diesem Fall schien das Absurde geradezu normal zu sein.« Er blieb vor Paddington stehen. »Es ist das Kernforschungsinstitut des MONOLINE-Konzerns. Der Schacht, durch den sie dort den zu Packs gepreßten Müll in die Unterwasserfrachter schicken, ist groß genug, daß ein Zweimetermann ihn bequem passieren kann. Doch alles, was durch den Schacht wandert, muß durch ein Bündel verschiedenartiger Strahlen, die auch die stabilsten Moleküle knacken. Deshalb hatte ich das Institut zuerst aussortiert. Aber die Strahlenkanone ist teuer. Also hat man Biosensoren davorgeschaltet und mit einem Ultraschallwerfer gekoppelt, sicher nicht nur, um den Schacht vor Eindringlingen zu schützen, sondern auch, damit nicht Ratten oder Schlammbarsche die teure Strahlenfalle auslösen.«
    »Also eine doppelte Todesfalle«, sagte Paddington.
    »Ja. Aber die beiden Fallen sind miteinander gekoppelt. Wenn die Biosensoren ansprechen und den Ultraschallstoß auslösen, wird die Strahlenkanone für ein paar Sekunden blockiert, damit beispielsweise eine Ratte nicht noch die Kanone auslöst, bevor sie krepiert. Wenn nun aber jemand, so haben Napoleon und ich ausgerechnet, einen schallsicheren Skaphander trägt und nur, sagen wir, einen Fuß hinhält? Dann wird nur der zerschallt, und er kann die blockierte Strahlenkanone ungehindert passieren.«
    »Warum sollte er dann nicht einfach eine Ratte oder einen Fisch vor sich her treiben?«
    »Ja, warum? An diesem Punkt war ich nahe daran, zu verzweifeln. Aber dann stellte Napoleon eine Frage: Vielleicht will man nicht hinein-, sondern herausdringen?«
    Timothy setzte sich wieder. Er blinzelte Paddington vergnügt zu. »Das war es! Ich habe mich sofort erkundigt. Die Strahlenkanone ist tatsächlich von beiden Seiten mit Biosensoren gekoppelt. Und nun bekam die so absurd erscheinende Angelegenheit Hand und Fuß, denn das MONOLINE-Institut ist so abgesichert, daß niemand etwas Lebendes hineinschmuggeln kann. Die Mitarbeiter müssen sogar nackt durch eine Schleuse. Also mußte Mister X selbst ’ran. Wahrscheinlich ist es nicht allzu schwer, durch ein IMAGO vorzutäuschen, daß er nach Hause gegangen sei. Er läßt sich also einschließen, kann in Ruhe stehlen, steigt dann in einen Container oder was weiß ich und läßt sich in den Schacht sinken.
    An den Biosensoren steckt er den Fuß heraus, löst den Ultraschall aus und blockiert so die Strahlenfalle. Inzwischen haben die Taucher den Unterwasserfrachter beiseite geräumt und nehmen Mister X in Empfang. Er wird in die

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