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Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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Schloß und setzte zur Landung an. Direkt vor dem Haus war ein Stück Rasen frei gelassen, das groß genug dafür sein mußte. Timothy dachte, jeden Moment müsse ein Butler in historischem Kostüm vor das Portal treten, doch kein Mensch ließ sich blicken. Das Gelände lag wie ausgestorben, nur aus einem der Schornsteine stieg ein schmaler Rauchfaden. Der Helicopter beschleunigte noch einmal und flog geradenwegs auf das oberste Stockwerk zu. Timothy klammerte sich unwillkürlich an seinen Sitz, da merkte er, wie Patton ihn belustigt von der Seite ansah, und er entspannte sich wieder. Der sollte ihn nicht ängstlich sehen. Die Wand schob sich samt Fenstern und Stuckverzierung zur Seite, verschwand hinter den mächtigen Mauern des Eckturms und gab den Einflug in einen großen Hangar frei, in dem noch ein Helicopter und zwei Turbos standen. Auch hier ließ sich kein Mensch blicken.
    Ein Automat rollte auf den Helicopter zu, streckte vier Krakenarme aus und öffnete die Luken am Bug.
    Original schottisch, dachte Timothy und mußte lachen. Der Roboter war bestimmt das Modernste, was das 21. Jahrhundert zu bieten hatte. Er hätte sich gerne ein wenig umgesehen, aber Patton führte ihn sofort zum Lift, und der war auch nicht aus dem vergangenen Jahrhundert. Ein Spiegel nahm die Rückseite ein, so daß man auf den ersten Blick sehen konnte, ob sich in den toten Winkeln jemand verbarg. Also hatte Brooker selbst hier Angst, dachte Timothy belustigt.
    Der Raum, in den Patton ihn führte, eine Riesenhalle, war wieder ganz im schottischen Stil eingerichtet, sogar echtes Holzfeuer brannte im Kamin. Timothy ließ sich in einen der Sessel fallen und studierte die Einrichtung, aber er hatte noch nicht einmal die Wand abgesehen, als Brooker erschien. Er kam mit weit geöffneten Armen auf Timothy zu, als wolle er ihn umarmen. Timothy drückte sich fest in seinen Sessel und streckte ihm nur die Hand entgegen.
    »Ich freue mich, daß Sie gekommen sind, Mister Truckle«, sagte Brooker. Timothy machte ein Gesicht, als wäre es sein tägliches Frühstück, von einem der mächtigsten Leute der Staaten empfangen zu werden. Hinter Brooker hatte ein Diener den Raum betreten, und der trug tatsächlich eine altertümliche Uniform, sie war genau auf Brookers Jagdkostüm abgestimmt. Timothy tippte auf frühes 18. Jahrhundert. Brooker korrigierte ihn.
    »Zweite Hälfte«, sagte er. »Eigentlich gehören ja noch meine Greyhounds dazu, aber ich habe sie lieber draußen gelassen. Ich weiß, daß Sie Hunde nicht lieben. Dafür dürfte der Whisky Ihren Geschmack treffen.«
    Der Diener fuhr einen Wagen heran, und Timothy mußte zugeben, daß er noch nie eine vollkommenere Auswahl erlesener Whiskys gesehen hatte.
    »Sie haben sicher nichts dagegen, wenn wir uns selbst bedienen«, meinte Brooker. »Ich möchte mit Ihnen unter vier Augen sprechen.«
    Timothy kicherte. »Vier Augen ist gut. Fernsehaugen zählen für Sie nicht?« Er winkte mit dem Kopf zur Wand, wo gut ein Dutzend Mikrofone und Kameras hinter den alten Waffen, Wappenschildern und Geweihen versteckt sein konnten.
    Brooker lachte. »Wenn ich sage vier Augen, dann meine ich das auch. Hier bestimme ich. Da hat nicht einmal die Regierung zuzuhören.«
    Timothy nickte. Natürlich. Und wenn sich trotzdem jemand erdreistete, würde Brooker ihn kurzerhand ablösen lassen. Vielleicht hatten die Bigbosse sogar ein Abkommen, ihre Privatsitze gegenseitig zu respektieren. Timothy wählte lange, bis er sich für einen dreißig Jahre alten »Black & White« entschied.
    »Ich habe ein Problem, Mister Truckle«, sagte Brooker.
    »Und einen vorzüglichen Whisky. Hier möchte ich mal Urlaub machen«, sagte Timothy versonnen. »Ein bequemer Sessel draußen auf dem Rasen, dieses reizende Gefährt an meiner Seite, über mir das Rauschen alter Bäume; schade, daß wir keinen blauen Himmel mehr haben, man könnte sich wie auf einem Gemälde von Turner fühlen. Haben Sie auch zuweilen Sehnsucht nach der alten Zeit?«
    Brooker prostete ihm zu. »Den Urlaub können Sie haben. Und den blauen Himmel dazu. Airlamcol.« Und da er sah, daß Timothy nichts mit dem Wort anfangen konnte, erklärte er es. »Eine neue Erfindung, die es gestattet, die Grenzschicht zwischen Klimasphäre und der öffentlichen Luft einzufärben. Vom strahlendsten Sonnenblau bis zum feinsten Herbstregengrau.«
    »Und regnen lassen können Sie es unter Ihrem künstlichen Himmel auch, sooft Sie wollen?«
    Brooker schüttelte den Kopf. »Nein, regnen

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