Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)
Safe lagen wichtige Dokumente, ohne die der Firma ein Milliardenverlust drohte. Ich bin selbst hingefahren. Der Safe war ordnungsgemäß geschlossen. Ich habe lange gebraucht, dem Junior beizubringen, daß niemand vor Ablauf der dreitägigen Sperrfrist den Safe öffnen kann, nicht einmal mit Gewalt, denn er ist natürlich mit einer Selbstvernichtungsanlage für den Fall unsachgemäßen Öffnens ausgestattet; aber Dayton hat mir wohl doch nicht geglaubt. Er hat den Raum versiegelt und die Bewachung der Tür durch Beamte der Dayton-Polizei angeordnet, weil er für zwei Tage verreisen mußte.«
Armstrong hüstelte verlegen. »Ich glaube, er mißtraut seiner Stiefmutter. Sie ist zwanzig Jahre jünger als er. Und sehr schön.« Armstrong blickte einen Augenblick geistesabwesend, seine Lippen zuckten. »Sie können sich vorstellen, was Abraham Dayton mir vorhin erzählt hat, nachdem er den Safe geöffnet und ausgeräumt vorgefunden hatte.«
Armstrong wischte sich mit einem spitzenbesetzten Tüchlein Schweiß von der Nasenwurzel.
»Der einzige jedoch, der im Arbeitszimmer war, und der einzige auch, der den Safe überhaupt öffnen konnte, war der Tote. Nicht auszudenken, wenn dieses Mysterium unaufgeklärt bliebe. LIFELONG wäre ruiniert! Und was ist noch sicher in dieser Welt, wenn nicht eine Identicat-Sicherung?«
»Das ist nur zu wahr«, sagte Timothy. »Ich bin auch Kunde der LIFELONG, Mister Armstrong.«
2.
Was Timothy von Armstrong nicht erfahren hatte, berichtete ihm wenige Minuten später Sniders, der Chef der Dayton-Polizei.
Sniders rief an, um Timothy für den Fall zu gewinnen. »Sie müssen mir helfen, Tiny«, sagte er. »Und schnell. Hier spielen alle verrückt. Daisy Dayton beschuldigt mich, ich hätte meine Aufsichtspflicht verletzt, oder, noch schlimmer, ich selbst hätte den Safe für ihren Stiefsohn geknackt. Sie droht, sie würde mich für den Schaden haftbar machen, und das kann sie nach meinem Vertrag. Abraham Dayton wiederum beschuldigt mich, ich hätte mit seiner Stiefmutter gemeinsame Sache gemacht, während er außer Haus war. Im Vertrauen, Tiny, ich würde ganz gerne diese oder jene Sache gemeinsam mit ihr machen, aber sie kann mich nicht leiden.«
»Ich kann Ihnen nicht helfen«, piepste Timothy. »Nicht nur, weil ich sterbenskrank bin und überhaupt nicht arbeiten darf, ich habe schon einen Klienten.«
»Lassen Sie ihn sausen, Tiny. Es gibt keinen Fall, der interessanter und wichtiger sein könnte als dieser.«
»Vielleicht. Aber mein Klient hat mir einen Platz auf der Kundenliste von CHALLENGERS versprochen, wenn Sie wissen, was das bedeutet.«
»O ja«, sagte Sniders, »ich koche hin und wieder selbst. Aber hören Sie zu, Tiny. Mein Bruder ist im Vorstand der ’WILDCAT Illinois and Missouri Game‹. Ich verspreche Ihnen bevorzugte Lieferung, wenn Sie sich dieses Falls annehmen. Oder machen Sie sich nichts aus Wild?«
»Doch, doch«, antwortete Timothy. »Sie stürzen mich da in einen tiefen Konflikt.«
Die WILDCAT verfügte über die größten Wildfarmen der Staaten und züchtete nicht nur Hirsche, Rehe, Elche und Wildschweine, sondern auch Wildenten, Schnepfen, Fasanen und Tauben. Und Bären! WILDCAT-Grizzlyspeck und Bärentatzen waren berühmt.
»Hören Sie«, sagte Timothy nach langem Überlegen. »Ihnen ist es sicher egal, ob Sie mein Klient sind oder ein anderer, Hauptsache, ich löse den Fall, oder? Ich mache Ihnen ein Angebot, Sniders. Sie brauchen keinen Cent zu zahlen, lediglich eine Erfolgsprämie, den Platz auf der WILDCAT-Liste.«
»Einverstanden. Wer ist denn Ihr Klient? Daisy Dayton?«
»Nein, Armstrong. Er zittert um die Zukunft der LIFELONG.«
»Zu Recht, Tiny, zu Recht. Wenn sich das herumspricht, sind Identicat-Sicherungen keinen Pfifferling mehr wert.«
»Erzählen Sie, was ist geschehen?«
»Wenn ich das wüßte! Tatsache ist, daß niemand den Raum betreten haben kann. Auf die Wachen an der Tür kann ich mich verlassen, außerdem waren die Siegel unverletzt und –«, Sniders grinste breit, »meine privaten Siegel auch; ich hatte das gute alte Hausmittel angewandt, ein paar Haare. Niemand konnte in den Raum. Abel Dayton der Erste hat seinerzeit das Arbeitszimmer wie einen Banktresor anlegen lassen, sogar kernwaffensicher. Zuerst wurde dieser Raum gebaut und dann das Cottage drum herum, es gibt also keine Fenster, Lüftung nur durch millimeterbreite Schlitze, keinen anderen Zugang als die Tür und den Fahrstuhl. –«
»Was für einen Fahrstuhl?«
»Der
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