Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)
sei bei mir passiert?«
»Ja, natürlich.«
Selbrik lehnte sich zurück und kreuzte die Arme über der Brust. »So was Komisches wie Sie, Mister Truckle, ist mir schon lange nicht mehr begegnet. Wie sollte Stahlheimer in diesem Zustand allein von hier fortgekommen sein?«
Timothy legte die Hände auf die Knie und ließ die Beine baumeln. »Das ist die entscheidende Frage. Und die Lösung. Das war ein geradezu genialer Einfall von Ihnen.«
»Sie wollten sicher sagen, von Ihnen, Mister Truckle.«
»Das auch. Ja, ich bin sehr zufrieden mit mir.« Timothy lächelte versonnen. »Dieser Gangster behauptet doch tatsächlich, Stahlheimer hätte an der Haltestelle mit jemandem gesprochen. Er habe den anderen nicht sehen können, weil er sich nicht so nahe herantraute, aber gehört – gehört will er es haben. Stahlheimer wiederum sagt, er habe niemanden getroffen. Er sei die ganze Zeit allein geblieben.«
Selbrik grinste. »Ja, wem wollen Sie nun glauben, dem Gangster oder dem Geistesgestörten?«
»Ich habe Stahlheimer daraufhin gefragt, ob er mit jemandem gesprochen habe, und er sagte ja. Mit wem wohl?«
»Vielleicht mit mir?«
»Genau. Und ich weiß auch wie. Stahlheimer hat auf dem ganzen Weg gesprochen. Das hat diesen Gangster auf die Idee gebracht, Johnny könne ein Spitzel sein, der sich über ein Sprechfunkgerät mit anderen Polizisten unterhielt.«
Timothy griff in die Tasche und holte einen »Ohrwurm« heraus. Selbrik streckte die Hand aus.
»Nehmen Sie es ruhig, es ist nur ein Duplikat. Das Beweisstück liegt im Museum.«
»Im Museum?«
»Ja, im ’Texas‹. Colonel Hanks, der Chef der dortigen Safemen, hat sich ein kleines Museum zu seinem Ruhm eingerichtet. Und zu Ihrem Pech.«
»Was soll dieser Unsinn?«
»Ich finde, das ergibt durchaus einen Sinn. Sie haben – warum und wie, lassen wir vorerst außer acht – Stahlheimer um den Verstand gebracht. Sie müssen ihn loswerden, aber Sie können ihn nicht einfach hier verschwinden lassen. Da haben Sie eine geradezu teuflische Idee. Sie wissen ja, in welchem Zustand Stahlheimer sich befindet, daß er aufs Wort gehorcht. Also setzen Sie ihm den ’Ohrwurm‹ ein und schicken ihn los. Es ist bekannt, daß er oft spazierengeht. Daß es diesmal schon Nacht ist, wird man als Spleen eines alten Mannes auslegen. Sie haben eine Erklärung, warum Sie ihn nicht daran hindern, Ihr angeblicher ’Hollylove-Rausch‹. Unterwegs wollen Sie ihn ferngesteuert verunglücken lassen. Was Sie aber nicht wissen: Er ist nachtblind. Er kann Ihnen nicht ausreichend Informationen geben. Er stolpert, stößt gegen eine Wand. Sie bekommen Angst, daß man ihn zu nahe an Ihrem Haus findet und die Spur doch noch zu Ihnen führt. Sie beschließen, ihn die ausgeleuchtete Straße entlang zu schicken, dirigieren ihn zur Haltestelle und dann nach Hause. Bei Ihnen, so beruhigen Sie sich, ist er gesund fortgegangen, dafür haben Sie einen Zeugen. Was immer ihm zugestoßen ist, man wird annehmen, es sei unterwegs geschehen. So gewinnen Sie Zeit. Sie brauchen nicht zu befürchten, daß er unterwegs redet; er spricht ja nur, wenn man ihn fragt. Und wer kümmert sich schon um einen alten Mann? Am ’Texas‹ lassen Sie ihn aussteigen. Haben Sie es eigentlich ständig wiederholt, oder hat ein Kommando genügt?«
Timothy sah Selbrik in die Augen, aber der verzog keine Miene.
»Nun gut. Sie dirigieren ihn in einen leeren Fahrstuhl. Wenn der Lift sich öffnet, so befehlen Sie ihm, soll er den ’Ohrwurm‹ herausnehmen, wegwerfen und sich in den nächsten Sessel setzen. Stahlheimer führt alles gehorsam aus. Und wenn Colonel Hanks nicht seinen Tick mit dem Museum hätte, wäre das kleine, billige Ding im Müll gelandet. Nun aber liegt es wohlbehütet im ’Texas‹. Mit Ihren und Stahlheimers Fingerabdrücken. Pech, Mister Selbrik!«
Selbriks Lächeln wirkte recht gequält. »Warum erzählen Sie das eigentlich mir? Warum gehen Sie nicht zur Polizei, wenn Sie sich Ihrer Sache so sicher sind?«
»Ich habe nicht die Absicht, zur Polizei zu gehen. Ich dachte an das Video. Das ist doch eine Bombenstory: ’Wissenschaftler macht Kollegen zum Roboter – Der Mann, der nachts spazierenging – Doktor Selbrik, Genie oder Wahnsinn?‹ und so weiter. Stahlheimer ist populär, Tausende sind nach seiner Methode operiert worden. Man könnte eine Konferenz abhalten, auf der Stahlheimer vorgeführt wird. Oh, Mister Selbrik, mir wird noch allerhand einfallen, das verspreche ich Ihnen. Es sei denn –«
»Es
Weitere Kostenlose Bücher