Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)
keine wild gewordenen Strahlen, es sei denn, sie wären vom Himmel gefallen. Was nun, Tiny?«
»Wenn ich das nur wüßte! Ich würde meine Seele dem Teufel verpfänden, um Johnny zu helfen; aber leider gibt es in unserem aufgeklärten Zeitalter keine Teufel und keine Seelen mehr.«
6.
»Können Sie sofort in die dreizehnte Staatsklinik kommen?« fragte Lexington, er schien völlig durcheinander zu sein. »Ich will mit der ganzen Sache nichts mehr zu tun haben. Habe ich ja auch nicht. Und es dürfte tatsächlich ein Fall für Sie sein, Mister Truckle. Sieht so aus, als habe jemand versucht, Stahlheimer umzubringen.«
Timothy mußte einige Geduld aufbieten, bis er von Lexington erfahren hatte, was in der Klinik geschehen war. Maggy Stahlheimer hatte ihren Mann zur wöchentlichen Leberspülung gebracht. Sie war nur für ein paar Minuten aus dem Zimmer gegangen. Als sie zurückkam, sah sie, wie sich das Gesicht ihres Mannes blau verfärbte. Wenige Minuten später, und es wäre zu spät gewesen. Jemand hatte die Anschlüsse des Geräts miteinander vertauscht.
»Ich habe schon die Polizei verständigt«, schloß Lexington. »Ein Inspektor Hopkins ist bereits unterwegs.«
»Ein Wunder von einem Polizisten«, erwiderte Timothy, »gründlich und unbestechlich. Was ist mit Stahlheimer, darf er nach Hause, oder muß er in der Klinik bleiben?«
»In ein, zwei Stunden ist er bestimmt transportfähig, aber glauben Sie, er wäre zu Hause sicherer aufgehoben?«
»Wie in Abrahams Schoß. Ich fahre sofort ins ’Texas‹ und spreche mit Colonel Hanks. Und dann mit Johnny.«
Es wurde ein seltsames Gespräch. Seltsam und anstrengend.
Timothy verbrauchte eine halbe Flasche Bourbon, um den Anblick des Häufchens Elend in dem Krankensessel zu ertragen und sich trotzdem konzentrieren zu können.
»Ist jemand ins Zimmer gekommen, Johnny?«
»Es ist jemand ins Zimmer gekommen.«
»Hattest du die Augen offen?«
»Ich hatte die Augen nicht offen.«
»Hast du Schritte gehört?«
»Ich habe Schritte gehört.«
»Die Schritte der Krankenschwester?«
»Ja, die Schritte der Krankenschwester.«
»Auch noch andere Schritte?«
»Auch andere Schritte.«
»Männerschritte?«
»Ja, Männerschritte.«
»Weißt du, wer der Mann war?«
»Ich weiß nicht, wer der Mann war.«
Nach einer halben Stunde gab Timothy es auf, ging ins Zimmer nebenan, legte sich hin und starrte stumm an die Decke. Dann befragte er Stahlheimer noch einmal nach dem Unfalltag.
»Du warst im Konzert, Johnny?«
»Ich war im Konzert.«
»Danach bist du zu Selbrik gegangen?«
»Danach bin ich zu Selbrik gegangen.«
»Hat er dich eingeladen, oder war das deine Idee?«
Keine Antwort.
»Du darfst ihm nur einpolige Fragen stellen«, sagte Maggy. »John, hatte Selbrik dich eingeladen?«
»Selbrik hatte mich eingeladen.«
»Habt ihr über seine Arbeit gesprochen?«
»Wir haben über seine Arbeit gesprochen.«
»Und über deine auch?«
»Über meine auch.«
»Über die Anästhesie?«
»Nein, nicht über Anästhesie.«
Als Timothy das Gespräch abbrach, war er auch nicht schlauer als zuvor.
»Wir wissen nicht, was wir fragen müssen«, stöhnte er, als er sich verabschiedete, »und wenn wir nicht die richtigen Fragen stellen, kann Johnny uns nicht sagen, was wir wissen müssen. Trotzdem bin ich zuversichtlich. Jetzt kann ich es dir ja gestehen, Maggy: Ich hatte nicht mehr geglaubt, daß ich ihm helfen könnte, nun aber sieht die Sache anders aus. Derjenige, der heute versucht hat, ihn umzubringen, ist auch an seinem Zustand schuld. Und ich werde ihn finden, das verspreche ich dir!«
Timothy Truckle kam schon am nächsten Tag wieder ins »Texas«
»Wir haben einen Augenzeugen aufgetrieben, Maggy, jemand, der Johnny in jener Nacht gesehen hat.«
»Wer?« fragte Maggy Stahlheimer aufgeregt.
»Ich habe versprochen, es nicht zu verraten. Ein Gangster. Er hat Johnny kurz hinter Selbriks Viertel entdeckt und ihn bis zur Haltestelle des Aerobus verfolgt. Doch er hat sich nicht getraut, ihn um sein Geld zu erleichtern, obwohl die Gegend menschenleer war. Er fürchtete, Johnny könne ein Polizeispitzel sein, ein Lockvogel, und als Johnny an der Haltestelle mit jemandem gesprochen hat –«
»Mit wem?« unterbrach sie ihn. »Weißt du das auch schon?«
»Deshalb bin ich gekommen. Unser Mann hat nicht hingesehen, aber er hat Johnny sprechen hören. Fragen wir ihn selbst, mit wem.«
Das Ergebnis war äußerst verwirrend.
»Hast du jemand an der Haltestelle
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