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Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Titel: Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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den Schweiß vom Gesicht. »Ein Mann allein kann doch kein Kind kriegen!«
    »Dann ist auch eine Frau auf der Insel. Eine weiße Frau.« Pourie drosselte den Motor. »Ich denke, Bäcker ist allein angeschwemmt worden?«
    »Ja! Pourie, fragen Sie nicht weiter!« Hellersen drückte das Gesicht an die Glaskanzel. »Jedes Wort ist jetzt zuviel. Wir sind im Begriff, ein Wunder zu erleben …«
    Ganz sanft ausgleitend, setzte Pourie auf das Meer auf. Die Maschine glitt zum Ufer. Der Junge tanzte vor Freude durch den Sand und winkte mit beiden Ärmchen.
    Oben im Wald hatte Bäcker Anne an sich gedrückt. Er streichelte ihr zuckendes Gesicht und war dabei selbst dem Weinen nahe.
    »Unser Sohn –«, sagte er heiser. »Er bringt uns wieder zu den Menschen zurück. Als er geboren war, habe ich ihn dem Meer entgegengehalten und geschrien: ›Er wird dich besiegen!‹ – Anne, er hat es getan.«
    Die Schwimmer des Flugzeugs knirschten im Ufersand.
    Zuerst sprang Hellersen auf die Schwimmer, watete dann durch das seichte Uferwasser und hörte, wie hinter ihm Buddke mit der Kamera unentwegt klickte. Der kleine Junge stand ohne Scheu bis zu den Knien im Meer und bestaunte den großen, blitzenden Riesenvogel, dessen Propeller sich noch langsam drehten. Er lachte Hellersen an und streckte ihm seine rechte Hand entgegen.
    »Guten Tag«, sagte er. Dann zeigte er auf das Flugzeug. »Ist das ein schönes Ding …«
    Hellersen wunderte sich gar nicht, hier auf einer unbekannten Insel, auf einem Sandkorn im Meer, in deutscher Sprache begrüßt zu werden. Er gab dem Kleinen die Hand, drehte sich um und ließ sich so von Buddke, der vor Erregung schnaufte, fotografieren.
    »Wie heißt du denn?« fragte Hellersen.
    »Paul.«
    »Ein sehr schöner Name. Und wo ist dein Papi?«
    »Oben im Wald. Wir haben da ein großes Haus. Kommst du mit?«
    »Oh, ein Haus habt ihr? Das muß ich mir ansehen. Natürlich komme ich mit.« Er drehte sich um und winkte Buddke. »Komm schon! Nachher geht es dir so wie in Japan. Wo's interessant wurde, war der Film zu Ende. Mach schon!«
    Buddke watete durch das Wasser, fotografierte den Strand, die alte halbverfallene Hütte an der Böschung, die aufgespannte Gummiinsel und immer wieder dieses fröhliche Kindergesicht: die weißblonden, struppigen Haare und die Nase voller lustiger Sommersprossen. Große braune runde Augen betrachteten neugierig die fremden Männer, aber bei aller Heiterkeit blieben sie kritisch. Annes Augen …
    »Da rauf!« sagte er und zeigte auf einen Weg, den Bäcker in fünf Jahren durch den Hang geschlagen hatte. »Papi wird sich freuen …«
    Hellersen faßte den Jungen an der Hand und starrte hinauf in den Wald. Dort bewegte sich nichts. Das machte ihn nachdenklich, und er drehte sich zu Buddke um.
    »Ich habe ein merkwürdiges Gefühl, Fred«, sagte er und legte den Arm um den Jungen. »Vielleicht will man hier gar nicht mehr gerettet werden.«
    Schon seit Wochen hatte er sich die Worte überlegt, mit denen er Werner Bäcker begrüßen würde, wenn er ihn gefunden hatte. Es sollten Worte sein, die irgendwie geschichtlich klangen. Es gab da so Ausdrücke wie »Heureka!« oder »Und sie bewegt sich doch!« und »Hier stehe ich und kann nicht anders!« Hellersen wollte sagen: Hier kommt das Leben zurück! Aber nun kam alles ganz anders.
    Hinter einem dicken Baum trat ein breitschultriger, struppiger, wie ein Urmensch wirkender Mann hervor. Ihm folgte eine zarte Frau, die in einen Mantel knielanger, seidiger Haare eingehüllt war. Ein Bild, das Hellersen die Sprache verschlug. Der Mann trug über seinen Augen einen Vorhang aus durchsichtigem Stoff. Die breite Brust und die muskelbepackten Arme waren nackt.
    Buddke sagte leise: »Himmel noch mal, das glaubt uns keiner. Die halten später selbst die Fotos für retuschiert.« Und er knipste wie verrückt.
    Bäcker hob die rechte Hand mit der Signalpistole. Sie war völlig unbrauchbar, verrostet und nicht geladen, aber wer wußte das von diesen Fremden? Er zielte auf Hellersens Kopf und rief scharf:
    »Halt! Bleiben Sie, wo Sie sind!«
    »Ich begrüße Sie, Werner Bäcker!« sagte Hellersen. Er kannte seine eigene Stimme nicht wieder. Sie war wie verrostet. Er ließ den Jungen los, der mit seinen stämmigen Beinchen den Weg hinauflief und rief: »Papi, Papi, sie sprechen wie wir. Darf ich das Flugzeug ansehen?«
    »Woher kennen Sie mich?« fragte Bäcker hart. »Gehen Sie keinen Schritt weiter! Sie befinden sich auf einer autonomen Insel. Ich kann

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