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Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Titel: Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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tief auf. Sein Herz schlug heftig vor Spannung. Auch Buddke schnaufte plötzlich durch die Nase. »Hier! Wo kann hier jemand leben? Auf so einem kahlen Krümel?«
    »Denken Sie an Ihren Chefredakteur, Monsieur.« Pourie startete. Er flog so niedrig, wie es gerade möglich war. Fast schleiften die Schwimmer über die Wellen. »Es ist nichts unmöglich. Langsam glaube ich das auch.«
    In der Ferne tauchte eine Insel auf. Flach, sich kaum aus dem Meer erhebend, gewölbt wie der Panzer einer Schildkröte.
    Viktoria-Eiland.
    Aber das wußten sie nicht.

II
    Fünf Jahre können kurz oder lang sein, je nachdem, was man aus ihnen macht.
    Für Werner Bäcker waren sie nicht lang – er sah das Wachsen seines Sohnes, er lehrte ihn das Gehen, er spielte mit ihm im Sand, baute Burgen, brachte Paul das Schwimmen bei, schenkte ihm zu seinen Geburtstagen einen Karren aus Palmenholz, die erste Angel, die ersten Pfeile und einen Bogen, den ersten kleinen Bambusspeer.
    Er baute ein neues, größeres Haus oben im Wald, denn jetzt hatte er ja Zeit. Die Uhr bestand für ihn nur aus Tag und Nacht, er zählte die Jahre an Pauls Geburtstagen. Das genügte. Wozu wissen, wie spät es ist, welcher Tag ist? Die Zeit spielte keine Rolle mehr. Hier waren ein Mann und eine Frau und ein Kind. Sie liebten sich, und sie lebten … mehr brauchten sie nicht, und mehr wollten sie nicht.
    Anne war nach Pauls Geburt noch schöner geworden. Reifer und etwas voller, mit stärkeren Brüsten, runderen Hüften, aber das rührend Mädchenhafte legte sie nie ab. Ihr Haar reichte ihr jetzt fast bis zu den Kniekehlen, es sah aus wie ein herrlicher, weicher, seidiger, glänzender Mantel. An winddurchzogenen Sonnentagen ging sie meistens nackt herum, nur umweht von diesem Haarmantel. – Dann saß Bäcker wie ergriffen neben seinem Sohn, drückte ihn an sich und sagte mit bebender Stimme: »Haben wir nicht eine wunderschöne Frau, mein Sohn? Ein Märchen ist sie. Weißt du, was ein Märchen ist?«
    Und er erzählte Paul das selbsterfundene Märchen von der Elfe, die aus einem tobenden Meer an Land kam und einen Menschen liebte.
    Jeden Monat einmal verkrochen sie sich im Wald und deckten das Feuer so weit ab, daß kein Rauch zu sehen war … Dann zog nämlich die Linienmaschine über die Insel hinweg. Sie starrten aus ihrem Versteck dem Flugzeug nach und waren froh, wenn es vom Blau des Himmels wieder aufgesaugt wurde. Fünf Jahre ließ sich Paul das gefallen, dann fragte er plötzlich:
    »Warum verstecken wir uns, Papi?«
    »Wer da oben fliegt, will uns von unserer Insel wegholen.«
    »Aber das Flugzeug sieht so schön aus, Papi.«
    »Wir werden uns einmal genau darüber unterhalten«, sagte Bäcker zu seinem Sohn. »Man kann vieles darüber sagen.«
    An einem Morgen, anscheinend mitten im Monat, denn die Linienmaschine war erst vor zwölf Tagen über die Insel weggezogen, tauchte ein anderes Flugzeug auf. Es kam aus einer anderen Richtung, von Osten, und streifte so niedrig über das Meer, daß man die roten Schwimmer und gelben Tragflächen in der Sonne glänzen sah, als seien sie aus Gold.
    Anne hatte keine Zeit mehr, das Feuer zu löschen … Eine dünne, aber deutliche Rauchsäule stand über den Palmen. Paul spielte am Strand mit einer Schildkröte, und Bäcker stand hinter dem Haus und baute für seinen Sohn eine Rutschbahn aus Palmenbrettern. Er warf sofort das Handwerkszeug hin, aber es war schon zu spät, Paul vom Ufer wegzuholen.
    »Komm her!« brüllte Bäcker. Er stand hinter einem Baum und winkte mit beiden Armen. »Paul! Komm her! Schnell … schnell …«
    Aber der Junge blieb am Meer stehen, mit großen weiten Augen, bestaunte das auf ihn zufliegende Ding mit den goldenen Flügeln und begann zu winken.
    »Das ist doch nicht möglich!« sagte Hellersen und zeigte auf die näher kommende Insel. »Sehen Sie das auch, Pourie? Ein Kind! Ein Kind allein am Strand. Auf einem Ihrer Krümel! Das gibt's doch gar nicht!«
    Hinter ihm klickte bereits Buddkes Kamera. Mit dem Teleobjektiv holte er das Kind so nahe heran, als stände es vor ihm.
    »Ein weißes Kind!« sagte er fassungslos und knipste, knipste. »Leute, ein weißes Kind! Ich hab's dick im Sucher. Jetzt winkt es!«
    »Und über den Palmen steht Rauch!« rief Pourie. »Wie alt ist das Kind, Monsieur?«
    »Höchstens sechs Jahre«, stammelte Buddke. Das Kind war im Sucher jetzt so nah, daß er mit dem Teleobjektiv Porträtaufnahmen machen konnte.
    »Das ist doch unmöglich.« Hellersen wischte sich

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