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Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Titel: Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ihm dabei über die Wangen. »Ein Junge, Anne. Ein Junge …«
    »Er wird so groß und stark werden wie du …«
    »Ich bin nicht groß und stark. Ich bin ein elender Zwerg.«
    »Du bist der größte, schönste, einmaligste Mann der Welt …«
    Er kniete vor ihr, wartete auf die Nachgeburt, reinigte und wusch Anne, küßte sie und hielt ihre Hand, bis sie eingeschlafen war.
    Dann deckte er sie zu, wickelte seinen Sohn in das letzte warme Tuch, trug ihn vor die Hütte und hob ihn der Sonne, dem Wind und dem Meer entgegen.
    »Das ist er!« schrie er. »Seht ihn euch an! Ich habe vor euch kapituliert – aber er wird euch einmal besiegen!«
    Und das Meer donnerte, der Wind rauschte und die Sonne glühte.
    Es war ein Festtag.

DRITTER TEIL

I
    1971.
    Seit sechs Wochen folgten Fritz Hellersen und der Fotograf Alfred Buddke, die Reporter des ›Globus‹, den Spuren des im Pazifik verschollenen deutschen Architekten Werner Bäcker, dessen Flaschenpost in Norderney angeschwemmt worden war.
    Sie hatten sein Leben aufgerollt bis zu jenem Tag, als der mörderische Sturm die weiße Jacht in die Tiefe des brüllenden Meeres drückte. Es war die Spur eines fleißigen, erfolgreichen Mannes, einer schönen blonden Frau und dreier vom prallen Leben umarmten Kinder. Ein Weg, eigentlich alltäglich, undramatisch, bis plötzlich das Schicksal zuschlug und alles auslöschte.
    Hellersen und Buddke hatten mit der Genauigkeit, die man von einem Journalisten erwartet – oder erwarten sollte – Meter um Meter dieses Weges nachvollzogen.
    Sie waren in Auckland gewesen, hatten mit Bäckers Baufirma gesprochen, mit seinen Nachbarn, seinen Bekannten, seinen Freunden. Sie hatten von den gar nicht pressefeindlichen Behörden jede Unterstützung erhalten, was Hellersen zu einem Telegramm an seinen Chefredakteur anregte:
    »Schlage vor, im Austausch deutsche Beamte hierherzuschicken, damit sie lernen, wie man Journalisten behandelt.«
    Der Chefredakteur des ›Globus‹ fand dieses Telegramm so gut, daß er es auf der ersten Seite abdruckte. Es brachte ihm genau 3.271 Leserbriefe erboster deutscher Beamter ein. Als er auch diese Zahl veröffentlichte, erhoben sich wieder laute Stimmen, daß die deutsche Presse demokratisch kontrolliert werden müsse.
    Von Auckland waren Hellersen und Buddke nach Tahiti weitergeflogen. In Papeete hatte die Hafenbehörde stundenlang alte Anlegebücher gewälzt, bis sie die Eintragung fand: »Viktoria: Privatjacht. Eigner: Werner Bäcker. Staatsangehörigkeit: deutsch. Läuft unter neuseeländischer Zulassung.« Darunter Ankunftstag und Ablegetag.
    Hier endete die Spur von Werner Bäcker. Ein Beamter erinnerte sich, daß die Jacht zu den Tuamotus wollte und dann weiter zu den Marquesas. Eine telefonische Rückfrage in Hiva Oa ergab, daß die ›Viktoria‹ nie dort angekommen war.
    »Was ich gesagt habe«, stellte Hellersen fest. »Die Angaben in der Flaschenpost waren ziemlich genau. Die Insel, auf der Bäcker angeschwemmt worden sein muß, kann nur dort irgendwo im Pazifik liegen. Junge, putz die Linsen deiner Kameras, wir klappern jetzt jedes Atoll ab, bis unserem Verleger das Geld ausgeht!« Er stieß Buddke in die Seite, griff zum Telefon und ließ sich mit dem Gouverneur von Tahiti verbinden.
    Das für deutsche Begriffe unvorstellbare Wunder geschah: Der Gouverneur hatte zwischen seinen Terminen Zeit für zwei Journalisten.
    Es gibt tatsächlich Behörden, die unbürokratisch arbeiten … die Leute auf Tahiti, in Papeete, gehören dazu. Innerhalb von zwei Tagen wurde Hellersen und Buddke ein kleines Wasserflugzeug zur Verfügung gestellt, mit einem Piloten der Seepolizei, den nicht einmal der ›Globus‹ in Hamburg, sondern das französische Kolonialministerium bezahlte. Der Pilot, er hieß Marcel Pourie, sprach recht gut deutsch. Er war als Achtzehnjähriger 1940 in der Bretagne in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten, arbeitete dann in Deutz in einem Maschinenwerk und konnte sogar ›Isch möch zo Foß nach Kölle jonn‹ singen.
    »Wenn das keinen Erfolg verspricht«, sagte Hellersen zufrieden, »werde ich Gastarbeiter auf Sizilien.«
    Sie flogen zunächst nach Hiva Oa und ernannten den kleinen Flugplatz von Atuana zur ›Basisstation‹. Von hier aus war es am günstigsten, den Pazifik systematisch bis zu den Tuamotu-Inseln abzusuchen, Planquadrat um Planquadrat. Auch eine fabelhaft genaue Karte hatte ihnen der Gouverneur von Tahiti überlassen. Eine Militärkarte, gezeichnet nach Luftaufnahmen und

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