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Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Titel: Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Mutter, dachte Bäcker. Ich habe es geahnt. Aber ist das nicht natürlich? Für ihn verkörpert Anne alle Frauen dieser Welt. Man sollte ihn für diese Liebe umarmen – wer kann sie besser nachempfinden als ich?
    »Überleg es dir«, sagte Bäcker und zwang sich, eine gleichgültige Stimme zu haben. »Sei ein Mann, Paul … und kein Kind, das mit Knochen um sich wirft …«
    Er verließ den Totenplatz und atmete hinter der Holzwand tief auf. Morgen um fünf wird er unten an der Jacht stehen, dachte er. Es wird seine erste, große selbständige Entscheidung sein … und bereits dabei wird er schon betrogen werden.
    Er hoffte in diesem Augenblick auf Anne und darauf, daß sie mit ihrem Sohn klüger reden könne als er, und ging zurück zu seinem Haus.
    Am nächsten Morgen um fünf stand Paul tatsächlich unten in der Lagune und wartete. Anne wollte zu ihm hinlaufen, aber Bäcker hielt sie am Arm fest.
    »Vergiß nicht, was wir besprochen haben«, sagte er. »Er und wir müssen über diesen Berg hinweg …«
    »Alles in Ordnung!« schrie Paul vom Strand und winkte mit beiden Armen. »Das Schiff ist seeklar, ich habe in der Nacht die Motoren durchgesehen. Eine Benzinleitung war undicht …«
    Anne hakte sich bei Bäcker unter. Ihr Haar wehte im Morgenwind. Bäcker schielte zur Seite und sagte sich zum tausendsten Male, daß er nie Schöneres gesehen habe.
    »Haben wir nicht einen herrlichen Sohn?« fragte sie glücklich.
    »Er ist dein Ebenbild«, sagte Bäcker. »Ich muß Gott jeden Tag danken …«
    Eine halbe Stunde später waren sie außerhalb der Korallenbänke und blickten zurück auf die zwischen Himmel und Meer untergehende Insel.
    Zwanzig Jahre Leben – blieben sie für immer zurück?

IV
    Jean-Luc Dubonnet, klein, dick, von südfranzösischer, überschwenglicher Freundlichkeit, begrüßte Bäcker, Anne und den finster dreinblickenden Paul auf der Reede seines eigenen Hafens von Vaitahu. Er demonstrierte ihnen sogleich seinen Reichtum: Als Bäckers Motorjacht einlief, ließ er zehn Böllerschüsse los und empfing seine Gäste wie ein kleiner König.
    Genauso war auch sein Lebensstil. Sein Haus – ein weißer Palast im Kolonialstil – von einem Park umgeben, mit Springbrunnen verziert und gekrönt von einem Swimming-pool mit Wasserspielen, war eines der schönsten Häuser, die Bäcker je gesehen hatte. Als Architekt konnte er sich dieses Urteil erlauben. Was Dubonnet verdiente, schien auch der größte Luxus nicht aufzufressen.
    »Das ist also unser neuer Mitarbeiter«, sagte Dubonnet und gab Paul die Hand. »Mein junger Freund, Sie werden bei mir lernen, was Ihnen Ihr Vater bestimmt nicht beigebracht hat: wie man Geld verdient.« Er lachte meckernd, klopfte Bäcker auf die Schulter, küßte Anne zum drittenmal die Hand und winkte dann den in respektvoller Entfernung wartenden Boys, mit dem Servieren der eisgekühlten Getränke zu beginnen.
    »Ihr Vater ist mittlerweile in der ganzen Südsee bekannt«, sagte Dubonnet nach einem kräftigen Schluck Sekt mit Orangensaft. »Der moderne Robinson, eine Art Panoptikums-Attraktion – wohlgemerkt, nicht im abwertenden Sinn –, sondern als das lebende Rätsel, wie ein intelligenter Mensch es jetzt schon zwanzig Jahre auf einer Insel aushält, wo selbst die Korallen vor Einsamkeit weinen.«
    »Das ist kein Rätsel, Jean-Luc«, antwortete Bäcker. »Ich habe Anne.«
    »Anne gehört in einen Palast wie diesen hier.«
    »Ich fühle mich wohl.« Anne lächelte. Sie schielte zu Paul hinüber.
    Ihr Sohn saß mit verschlossenem Gesicht unter dem Sonnenschirm, beobachtete die dienernden Boys, musterte Dubonnet wie eine seiner Inselziegen und sagte plötzlich, als einer der Boys ihm ein neues Glas mit einer tiefen Verbeugung reichte: »Hast du Schmerzen im Kreuz?«
    Dubonnet starrte ihn verblüfft an. Paul hatte in dem hiesigen Eingeborenendialekt gesprochen. Der Boy riß die runden schwarzen Augen auf und entfernte sich schnell.
    »Warum soll er Rückenschmerzen haben?« fragte Dubonnet zurück.
    »Weil er so krumm geht.«
    »Aber der geht doch aufrecht wie ein Pfahl.«
    »Jetzt. Als er mir das Glas brachte, knickte er ein.«
    Dubonnet wandte sich seitwärts zu Bäcker. In seinen fröhlichen Augen lag plötzlich ein Schimmer Sorge.
    »Werner«, sagte er, »Ihr Junge ist ein Mordskerl. Er gefällt mir vom ersten Augenblick an. Aber irgendwie scheinen Sie ihn an den Realitäten vorbeierzogen zu haben.«
    »Er liest politische Bücher, Jean-Luc.«
    »Bei mir wird er Eingangs-

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