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Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Titel: Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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damals nur die Sonne, das Meer und den Wind angeheult hätten?«
    Am nächsten Morgen, in aller Frühe, verließ Bäcker mit seiner Jacht den Privathafen von Vaitahu. Paul war nicht zum Abschied erschienen … aber er hockte hinter einem Kistenstapel am Kai und starrte dem Schiff nach, bis es in den Wellen gegen den hellen Horizont verschwand. Er wollte nicht weinen, aber weil es in seiner Brust so brannte, hieb er gegen die dicken Holzkisten und zertrümmerte mit jedem Faustschlag ein Brett.
    Es war eine Kraft in ihm, von der keiner etwas ahnte, am allerwenigsten er selbst.
    Zum Frühstück wartete Dubonnet auf Bäcker und Anne.
    »Sie sind weg«, sagte Paul, der vom Hafen zurückkam.
    »So ein Narr!« Dubonnet sprang auf. »Paul, ich setze mir zum Ziel, aus Ihnen einen vernünftigeren Menschen zu machen. Warum haben Sie Ihren Vater nicht zurückgehalten?«
    »Sie kennen meinen Vater doch, Monsieur. Wer kann den zurückhalten?«
    »Ihre Mutter!«
    Ungewollt hatte Dubonnet Paul auf den empfindsamsten Nerv getroffen. Paul drehte sich wortlos um und rannte weg.
    »Alles Verrückte!« knurrte Dubonnet kopfschüttelnd.
    Nach drei Tagen ruhiger Fahrt erreichten Bäcker und Anne Viktoria-Eiland.
    Schon von weitem sahen sie es: Über der Insel schwebte eine breite Rauchwolke.
    Anne schien sie zuerst bemerkt zu haben … sie deckte den Tisch unter dem Sonnensegel und nahm alle Kraft zusammen, um ruhig zu sagen: »Werner, laß uns erst essen, bevor wir die letzten Meilen fahren …«
    Bäcker blieb in seinem Ruderhaus. Er starrte auf die Rauchfahne und ließ die Maschine auf ›volle Kraft‹ laufen. Als Anne neben ihm erschien und die Arme um seinen Nacken schlang, küßte er sie auf die schönen, großen Augen und sagte: »Es hat keinen Zweck, mich abzulenken, Anne. Ich habe es längst gesehen. Unser Paradies brennt …«
    Mit der Flut überwanden sie eine Stunde später die Korallenbänke und legten in der Lagune an. Dann standen sie stumm an der Reling und sahen hinüber zu ihrer Insel.
    Der Landesteg war niedergerissen, der Wasserturm lag umgestürzt und zerhackt im Sand, das Haus war niedergebrannt, der Strand war übersät mit den abgeschlachteten Ziegen und Schweinen, Hühnern und Gänsen. Die Gemüsegärten waren verwüstet, sogar die Treppe in der Böschung war herausgerissen. Und über allem lag der Brandgeruch, und der Rauch quoll noch aus den Ruinen des Hauses.
    »Laß uns zurück zu Paul«, sagte Anne leise, als Bäcker sich nach der ersten Erstarrung wieder rührte. »Werner, gib es auf …«
    Bäcker schwieg. Er kletterte von Bord, watete durch das seichte Lagunenwasser und hörte hinter sich Anne durch das Meer planschen. Mit starrem Gesicht ging er an den vielen Tierkadavern vorbei zum Hang, kletterte über die Trümmer der Treppe hinauf und sah erst hier das ganze Ausmaß der Zerstörung.
    Was er in zwanzig Jahren geschaffen hatte, war vernichtet. Zwanzig Jahre waren ausgewischt. Viktoria-Eiland war wieder die trostloseste Insel der Welt, so, wie sie es immer gewesen war, bevor drei Menschen sie eroberten. Aber sie ließ sich nicht erobern, sie schlug zurück, diese verdammte Insel, und sie hatte jetzt gesiegt.
    Bäcker drehte sich um. Anne stand dicht hinter ihm, ein Gewehr in der Hand. Beim Waten durch das Meer hatte sie es hoch über ihren Kopf gehalten.
    Von dem schönen Haus standen nur noch die Grundmauern. Die Trümmer rauchten noch, der Wind entfachte immer wieder die Glut. An die rußgeschwärzte Hauswand aber hatte man drei Puppen genagelt. Puppen aus Bast und Palmstroh, kunstvoll gefertigt, lebensgroß, mit Köpfen und Gliedern. Drei Puppen nebeneinander mit weißgestrichenen Gesichtern.
    »Werner …«, sagte Anne leise.
    Bäcker nickte. »Sie opfern uns ihren Göttern«, sagte er heiser.
    Er trat zu den Puppen, riß sie von der Wand und warf sie über die Schultern. »Hol ein Beil, Anne«, sagte er dann.
    »Mein Gott, Werner, was willst du tun?« schrie Anne auf.
    »Ich will ihnen zeigen, daß ich ihre Götter nicht fürchte … und sie auch nicht! Hol ein Beil, bitte …«
    Anne rannte zurück zum Schiff. Als sie wiederkam, hatte sie nicht eine, sondern zwei langstielige Äxte über der Schulter, und sie trug in der linken Hand noch immer das Gewehr. Aber sie fand Bäcker nicht mehr an den Ruinen seines Hauses.
    Sie ahnte, wo er war, lief weiter bis zu der Holzpalisade um den Begräbnisplatz und sah, daß auch diese brannte. Bäcker war durch eine schon niedergebrochene Stelle über die

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