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Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Titel: Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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jetzt, wo er ein Mann ist …«
    »Es ist gut, daß du es selbst sagst, Anne. Er ist ein Mann! Bist du einverstanden, daß er zu Dubonnet kommt?«
    »Ja, Werner.«
    »Er soll mehr lernen als Ziegen melken und Eier sammeln.«
    »Nur deswegen?« fragte sie. Als er sie ansah, las er wieder in ihren großen braunen Augen die Wahrheit, die er nicht aussprechen wollte.
    »Nein«, sagte er gepreßt. »Paul soll aus der Gefahr heraus. Ich will ihn so lange von der Insel weghaben, bis ich mit den Papuas eine Verständigung erreicht habe.«
    »Du hast also Angst, Werner?«
    »Ja.« Bäcker wandte sich ab – bei dem, was er jetzt sagen mußte, konnte er Anne nicht ansehen. »Und du bleibst mit Paul bei Dubonnet.«
    »Nein!« sagte sie laut.
    »Doch! Ich bringe unsere Insel allein in Ordnung.«
    »Ich lasse dich nicht allein … und wenn du mich irgendwo festbindest oder bei Dubonnet einsperrst … einmal muß man mich herauslassen, und dann werde ich mit dem ersten Boot zurückkommen. Ich habe Übung darin, das weißt du!«
    Er dachte an jene furchtbare Bootsfahrt vor dreizehn Jahren, bei der Shirley wahnsinnig über Bord gesprungen war, und hob resignierend die Schultern.
    »Wir fahren morgen nach Tahuata, mit Paul.«
    »Es ist gut«, sagte Anne. »Ich werde mit dem Packen beginnen.« Sie hielt Bäcker fest, als er sich ab wandte.
    »Noch eins –«
    »Ja, Anne?«
    »Ich liebe dich …«
    »Das weiß ich, Anne.« Er schluckte; ein dicker Kloß saß ihm im Hals. »Ich liebe dich auch. Eine solche Liebe gibt es nur einmal …«
    Er ahnte, wo er seinen Sohn finden würde, und hatte bewußt diesen Teil der Insel ausgespart, um den anderen kein unnötiges Schauspiel zu bieten. Jetzt war Bäcker allein, stand an der Palisadenwand, die den Begräbnisplatz mit dem riesigen hölzernen Götzen abgrenzte, und stieß die kleine Tür auf, die er in den Zaun geschnitten hatte. Der süßliche Verwesungsgeruch war schwer und eklig, klebte bei jedem Atemzug an den Schleimhäuten und reizte zu Übelkeit.
    Paul schien dies nichts auszumachen – er saß neben dem grellbunt bemalten Götzen auf einem Stein, lehnte sich gegen den Bauch des Totems und aß gerade eine Kokosnuß. Als er das Geräusch der aufschwingenden Tür hörte und seinen Vater kommen sah, sprang er auf, bückte sich und griff nach zwei weißen, gebleichten Totenschädeln. Jetzt erst sah Bäcker, daß Paul einen Berg von Köpfen und dicken Knochen um sich gestapelt hatte und zwischen ihnen stand wie inmitten von Kanonenkugeln.
    »Laß den Blödsinn, mein Junge!« sagte Bäcker laut.
    Paul antwortete mit einem Wurf. Ein Totenschädel flog haarscharf an Bäckers Kopf vorbei. Dumpf klatschte er gegen die Palisaden und zersplitterte dort in kleine Teile. Eine unheimliche Kraft lag in diesem Wurf … hätte Paul getroffen, wäre Bäcker zu Boden gegangen.
    »Bleib stehen, Vater«, sagte Paul, heiser vor Erregung. »Bitte, bleib stehen! Ich will nicht meinen Vater angreifen.«
    Bäcker ging weiter. Er sah seinen Sohn starr an. Wirf, dachte er. Schlag deinen Vater nieder. Knüpple ihn mit Totenschädeln und Schenkelknochen zusammen. Du kennst deinen Vater nicht, mein Junge, – er ist nicht aufzuhalten. Wirf …
    Der zweite Schädel kam geflogen. Rechts vorbei, an der Wand zerberstend.
    »Bleib stehen!« brüllte Paul verzweifelt. »Vater! Laß uns miteinander reden!«
    »Das will ich ja.«
    »Ich gehe nicht von der Insel fort, Vater!«
    »Dann mußt du allein hierbleiben. Mutter geht auch.«
    »Das ist nicht wahr.«
    »Frage sie. Wir fahren morgen früh. Um fünf Uhr, vor Sonnenaufgang.«
    Er band seine Armbanduhr ab und warf sie Paul vor die Füße. Sie fiel zwischen den Schädelberg und verschwand.
    »Um fünf, mein Junge.«
    Er drehte sich um und ging zurück zur Palisade. Er blickte nicht zurück, aber er hörte, wie Paul über seinen Knochenwall sprang und ihm nachrannte. An der Tür hatte er seinen Vater eingeholt.
    »Wohin?« fragte er.
    »Zu Dubonnet. Nach Tahuata. Dubonnet hat dort bei Vaitahu eine Pflanzung. Ein Riesengeschäft.«
    »Und Mutter fährt mit?«
    »Ja.«
    »Und sie bleibt dort?«
    »Ja.« Es war gut, daß Bäcker seinem Sohn den Rücken zukehrte. Anne hatte immer behauptet, er könne nicht lügen.
    »Und du, Vater?«
    »Ich kehre auf die Insel zurück.«
    »Das ist doch Irrsinn!«
    »Auf einmal? Ich denke, du willst nie weg von hier?«
    »Nicht allein, Vater!«
    »Aber mit Mutter?«
    Paul zögerte, aber dann sagte er ganz leise: »Ja –«
    Er liebt seine

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