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Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Titel: Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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weichen Körpers und empfand zum erstenmal mit aller Macht die Sehnsucht des Mannes nach einer Frau.
    Ich werde mit Vater und Mutter darüber sprechen, dachte er. Und dann hole ich Tara nach Viktoria-Eiland.
    Er war wie besessen von diesem Gedanken, sprach in der Nacht mit Tara, als säße sie vor ihm, und konnte einfach nicht fertig werden mit diesem ersten Erlebnis als Mann. Daß es noch andere Frauen gab, interessierte ihn nicht. Sein erstes Erlebnis hatte sich in ihn eingebrannt, und dieses Mal war nicht mehr zu entfernen. Es war eine Kerbe in seinem Herzen, die nie verheilen würde.
    Nach dreizehn Tagen fuhr das letzte Begleitkanu an seine Seite. Zwei düster blickende, mit Narben übersäte Krieger wiesen ihm schweigend den Weg. Paul ahnte, woher die Narben stammten.
    »Die nächste Insel ist Viktoria-Eiland?« fragte er.
    Die Eingeborenen nickten stumm. Pauls Herz schlug hart gegen die Rippen. Er setzte das Segel in den Wind, stellte sich an den Mast und starrte zum flimmernden Horizont. Wenn die ersten Palmen auftauchen, werde ich schreien, dachte er. Mit beiden Armen werde ich winken, und Vater wird mich durch sein Fernglas erkennen.
    Das Boot flog vor dem Wind her, als berühre es das Wasser nicht. Zwei Haie verfolgten es. Gischt, von den beiden Kielen aufgeschäumt, stäubte über Pauls Körper. Die Sonne brannte, der Wind riß an seinen langen Haaren und zerzauste den Bart, den er sich hatte wachsen lassen. Jetzt sah er fast so aus wie sein Vater vor zwanzig Jahren, ein Mensch, der das Meer erobert und beschlossen hatte, sein eigenes Leben zu führen.
    Wunderbar, von der Sonne in Gold gerahmt, tauchte am Horizont die Insel auf … ein glänzender, gewölbter, bemooster Schildkrötenpanzer. Langsam zeichneten sich die Konturen gegen den Himmel ab … Felsen, Palmen, Sandstrand …
    Ein Paradies stieg aus dem Meer.
    Paul sah sich um. Er war allein. Das Eingeborenenkanu hatte abgedreht und schwamm als dunkler Fleck davon. Er holte das Segel ein und ließ sich treiben. Er kam von der Ostseite zur Insel, man hatte ihn zum Landeplatz der Toten geleitet. Schon von weitem sah er den riesigen Holzgötzen mit den glutrot gemalten Glotzaugen. Ich werde Vater und Mutter überraschen, dachte er. Von dieser Seite können sie mich nicht kommen sehen. Ich werde plötzlich vor ihnen stehen, als wäre ich vom Himmel gefallen.
    Er ließ sich von einer großen Woge an den Strand spülen und jauchzte laut, als sein Boot im Sand liegenblieb und das Meer sich unter ihm zurückzog.
    Zwei Stunden vorher war Capitaine Brissier mit seinem Patrouillenflugboot in der Lagune von Viktoria-Eiland gelandet. Werner Bäcker hatte ihn am Strand erwartet und sofort beide Hände gehoben, als Brissier etwas sagen wollte.
    »Ich heiße Sie als Freund willkommen!« rief Bäcker. »Brissier, sorgen Sie dafür, daß Sie es bleiben. Erwähnen Sie nicht, warum Sie gekommen sind. Es gibt Schwierigkeiten.«
    »Ich habe einen Befehl, Werner.« Brissier hob bedauernd die Schultern. »Als Soldat muß ich ihn ausführen. Sie verstehen das?«
    »Nein. Hier sind Sie auf meiner Insel, hier bin ich souverän. Ihre Befehle gehen mich nichts an.«
    »Das alte Lied, Bäcker. Immer der gleiche Refrain.« Brissier zog ein amtliches Schreiben aus der Tasche und hielt es Bäcker hin. »Diese Insel ist französischer Besitz.«
    »Als das Meer mich hier anspülte, kannte keiner diese Insel. Sie stand auf keiner Karte, hatte keinen Namen, war gar nicht vorhanden. Erst ich habe sie zu einem Teil unserer Erde gemacht.«
    »Sie liegt im französischen Territorium. Wenn Sie weiter nördlich, westlich oder östlich angeschwemmt worden wären, hätten Sie die gleichen Schwierigkeiten mit den Briten, Amerikanern oder Australiern bekommen. Werner«, Brissier winkte mit dem Brief, »machen Sie es mir nicht unnötig schwer. Sie werden doch nicht so verrückt sein, einen Krieg mit Frankreich führen zu wollen.«
    »Doch!« sagte Bäcker laut. Er nahm den Brief, zerriß ihn und warf die Fetzen ins Meer. »Wenn Sie wollen, betrachten Sie das als eine Kriegserklärung, Capitaine!«
    »Was soll man Ihnen darauf antworten?« Brissier watete an Land. »Sie haben den Verstand verloren, Bäcker. Hoffentlich ist Madame klüger als Sie!«
    »Anne legt gerade ein neues Maisfeld an. Sieht das nach Kapitulation aus?«
    Brissier blieb stehen. »Und warum haben Sie Ihren Sohn weggebracht, Werner? Ich will es Ihnen sagen: Sie haben Angst! Er soll überleben, wenn es zu einem neuen Angriff der

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