Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn
Papuas kommt. Sie wissen genau, daß die neue Generation der Medizinmänner keine Ruhe geben wird. Sie verlassen sich nicht wie ihre Väter auf die Rache der Götter – sie übernehmen die Vergeltung in eigener Regie. Bäcker, was Sie hier tun, ist potentieller Selbstmord.«
»Das lassen Sie meine Sorge sein!« Bäcker ging neben Brissier den Strand hinauf. Vom Hügel, vor dem neu gedeckten und wiederhergerichteten Haus winkte ihnen Anne zu. Wie immer, wenn sie arbeitete, trug sie nur ein Hüfttuch aus gestreiftem Stoff. Der Oberkörper war nackt, wie ein Schleier lag ihr langes schwarzes Haar über den Brüsten. Brissier blieb stehen. Vor weiblicher Schönheit verbeugt sich jeder Franzose.
»So eine Frau wollen Sie opfern, Sie Narr?« sagte er leise. »Erzählen Sie mir nicht wieder, daß Sie jetzt zwanzig Jahre hier leben. Die Zeiten haben sich geändert. Im ganzen Archipel herrscht Krisenstimmung. Es gibt Geheimbünde und Selbständigkeitsbestrebungen, Sabotage wechselt sich ab mit Ritualmorden. Noch nie war die Südsee so unruhig wie jetzt. Ein zweiter Flugzeugträger ist nach Papeete unterwegs, um unsere Garnison zu verstärken … So sieht die Wahrheit aus, Bäcker! Ihr Paradies ist ein Pulverfaß geworden, und wir wollen nicht, daß ausgerechnet Sie der Funke sind, der es zur Explosion bringt.«
»Wie wollen Sie mich zwingen, Viktoria-Eiland zu verlassen?« Bäcker lachte siegessicher. »Mit Kanonen? Capitaine, das ist doch lächerlich, nicht wahr?«
»Ich habe den Befehl, Sie zu verhaften.«
»Ein rein rhetorischer Befehl. Wie wollen Sie ihn ausführen?«
»Mit Waffengewalt.«
»Brissier, lassen Sie uns über diesen Witz gemeinsam lachen.«
Sie waren am Haus angekommen. Anne hatte Kognak und kalten Braten auf dem neuen Tisch der Terrasse bereitgestellt und begrüßte Brissier unbefangen und freundschaftlich. Brissier küßte ihr die Hand und bemühte sich, ihre nackten schönen Brüste als einen Teil ihrer Kleidung anzusehen.
»Du solltest den Kognak vergiften und das Fleisch mit Dornen spicken«, sagte Bäcker gemütlich und setzte sich. »Brissier ist gekommen, um uns mit Waffengewalt von der Insel wegzuholen.«
»Da haben Sie sich eine Menge vorgenommen.« Anne lächelte Brissier bezaubernd an. »Greifen Sie zu, Capitaine. Wenn Sie Ihren Auftrag ausführen wollen, werden Sie eine Stärkung doppelt nötig haben.«
»Anne, spielen Sie nicht die Heldin.« Brissier setzte sich, trank seinen Kognak und kaute dann an einem Stück Fleisch, als sei es ein Lederlappen. »Reden Sie diesem Wahnsinnigen zu! Sie können es, Sie allein. Außerdem wollen Sie doch Ihren Sohn wiedersehen.«
»Das war unfair, Brissier«, sagte Bäcker hart. »Noch eine solche Bemerkung, und ich treibe Sie zu Ihrem dämlichen Flugboot zurück.«
»Es ist zum Kotzen!« Brissier sprang auf. Er hielt plötzlich eine Pistole in der Hand, und Bäcker brauchte nicht zu raten, ob sie durchgeladen und schußbereit war. Er saß steif am Tisch, und Anne lehnte ebenso starr an der Hauswand. »Im Namen meiner Regierung verhafte ich Sie, Werner Bäcker, und Sie, Anne Bäcker. Ich habe den Auftrag, Sie nach Papeete zu bringen. Leisten Sie bitte keinen Widerstand – ich müßte sonst von der Waffe Gebrauch machen.«
»Dann schießen Sie doch, Brissier! Bitte, zielen Sie genau.« Bäcker zeigte auf Anne und dann auf sich. »Wen wollen Sie zuerst umbringen? Ladys first? Aber bedenken Sie, Capitaine, bevor Sie abdrücken: Sie haben nur einen Schuß! Zum zweiten kommen Sie nicht mehr. Treffen Sie Anne, bin ich über Ihnen, und dann rettet Sie kein Gott mehr. Treffen Sie mich, werden Sie erleben, wie sich Anne in ein Raubtier verwandelt. Ein Sekundenerlebnis – länger überleben Sie es nicht. Und falls Sie sich entschließen sollten, zu Ihrem Flugboot zurückzukehren, um Ihre drei Soldaten an Land zu holen, empfange ich Sie mit meinem Maschinengewehr. Dann wird genau das geschehen, was man durch unseren Abtransport verhindern will: Es wird Tote geben!« Bäcker lehnte sich zurück. »Nun schießen Sie mal schön, Brissier …«
»Aufstehen!« sagte Brissier kalt. Er winkte mit dem Lauf seiner Pistole.
»Nein!« antwortete Bäcker fast lustig. »Was nun?«
»Bäcker, Sie Narr! Ich habe die Mittel, Sie und Anne zu zwingen …«
»Wenden Sie sie an.«
»Ich brauche Sie und Anne nur verwunden, verteidigungsunfähig machen. Bäcker, ich bitte Sie, kommen Sie mit mir. Ich bin Ihr Freund, das wissen Sie genau, aber ich habe auch einen klaren
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