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Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Titel: Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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das Seebeben überlebt haben, das ist ein großes Wunder! Amtlich sind Sie tot.«
    »Mutter ist umgekommen.« Paul blickte zu Boden. »Ich hatte sie zum Schutz gegen die Flutwelle an die größte und stärkste Palme gebunden. Der Baum wurde mit den Wurzeln herausgerissen und ins Meer geschleudert.«
    »Mein Gott!« Brissiers Stimme wurde rostig. »Wer stirbt schon gerne unter Palmen … Wie schrecklich ist die Wahrheit geworden.« Er lehnte sich zurück, schwieg eine Weile, und beide dachten an Anne. Dann sagte Brissier:
    »Paul, ich bin wirklich privat hier. Allein. Ein Routineflug galt als Vorwand. Ich fühle mich ein wenig wie ein Onkel Ihnen gegenüber. Ich kannte Sie als kleinen Jungen, ich habe Ihnen Ihren ersten Speer mit Stahlspitze gebracht. Ihre erste Holzeisenbahn bekamen Sie von mir. Eine Kindereisenbahn auf einer Toteninsel …«
    »Ich weiß, Capitaine.« Paul Bäcker öffnete die Teebüchse. Er wußte, daß Brissier lieber Tee trank. »Aber – um ehrlich zu sein – ich begreife Ihre Gedankengänge noch immer nicht. Warum sind Sie hier? Privat meinetwegen?«
    »Ich wollte Gewißheit haben, Paul. Die ganze Südsee ist in heller Aufregung. Von Insel zu Insel ist die Nachricht geflogen, und natürlich auch bis Papeete. Dort hat man es abgetan als einen neuen Blödsinn der Medizinmänner. Nur ich wurde hellhörig. Da taucht eine neue Insel auf … das stimmt, wir haben sie ja genau untersucht. Dann machen sie die Eingeborenen zu ihrer Toteninsel, weil die alte vernichtet wurde, eine Rache der Götter. Sollen sie, dachten wir. Tote richten keinen Schaden an, und besiedelt wird das neue Sandkorn ja doch nie. Aber dann geschehen plötzlich ganz erstaunliche Dinge. Ein Mädchen soll geopfert werden und verschwindet. Ein Riesengötze wird plötzlich von einer unstillbaren Wanderlust gepackt und marschiert über das Meer nach Viktoria-Eiland. Und mit ihm alle Toten, die zu seinen Füßen lagen. Ich bin kein Papua, Paul. Ich dachte mir: Da muß etwas im Busch sein. Wenn der alte Bäcker noch lebte, dann wäre das die Lösung aller Rätsel. Aber nach dieser Sintflut lebt keiner mehr. Oder doch? Sollte der Sohn, dieser so verflucht ähnliche Ableger Werner Bäckers, Taifun und Beben überstanden haben? Nur ein Bäcker ist fähig, in der Südsee noch Wunder zu vollbringen. Ich fliege also los, und was finde ich, friedlich Arm in Arm schlafend? Paul Bäcker und das hübsche Götteropfer.« Brissier lachte laut und schlug sich auf die Schenkel. »Es konnte gar nicht anders sein. Das alles hatte für mich eine zu deutliche Handschrift. Paul, Junge … soll das alles noch einmal von neuem beginnen?«
    »Ja«, sagte Paul. »Aber ich habe die bessere Ausgangsposition. Ich bin nicht verletzt, wie es mein Vater war. Und ich habe eine Insel, die mir keiner streitig macht.«
    »Nachdem Sie die Götter evakuiert haben. Paul, wissen Sie eigentlich, daß Ihre so schnell aufgetauchte Insel ebenso schnell wieder versinken kann? Das ist ein Phänomen der Südsee, aber es ist nun einmal so. Die Geologen warten förmlich darauf, daß diese Insel hier wieder verschwindet. Wie haben Sie sie eigentlich getauft?«
    »Anne-Eiland!«
    »Dachte ich mir. Wie konnte ich so dämlich fragen?« Brissier nahm den Tee, den Rainu ihm kniend reichte. »Vor allem deshalb bin ich gekommen, Paul, um Sie zu warnen: Sie leben auf einer verteufelt unsicheren Insel. Auf einem Pulverfaß! Das nächste Frösteln der Erde, und die Insel ist weg. Das überleben Sie bestimmt nicht! Paul, Sie haben sich auf einem Vulkan angesiedelt: Unter Ihnen ist der verfluchteste Boden, den es auf dieser Erde gibt. Das können Sie den Geologen glauben.«
    Rainu gab Paul ebenfalls eine Tasse Tee.
    »Wir bleiben«, sagte sie plötzlich mit klarer, entschlossener Stimme. »Wir bleiben!«
    »Als ob ich Anne höre!« rief Brissier und setzte seine Tasse ab. »Die Bäckers sind das Verrückteste, was man sich denken kann: Der Vater setzt sich auf einer Toteninsel fest und zeugt einen Sohn, und der Sohn bohrt sich in eine vulkanische Insel ein und …«
    »… und wird vielleicht auch einen Sohn bekommen …«, sagte Rainu. »Das Leben ist so schön …«
    Sie lächelte, und vor diesem Lächeln hätte selbst Gott die Hände gefaltet.

XVI
    Brissier blieb bis nach dem Mittagessen auf Anne-Eiland. Von der Höhe der Insel, geschützt durch die eigenartig geformten vulkanischen Felsen, die der Meeresboden freigegeben hatte, beobachteten sie, wie drei Katamarane drüben auf der alten

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